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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Verlegenheit. Langsam strich er, nachdem das Essen be- zahlt worden war, das Geld wieder ein, noch aus seiner Hand nahm Delamarche ein Geldstück, das er für die Kellnerin als Trinkgeld brauchte, die er umarmte und an sich drückte, um ihr dann von der andern Seite her das Geld zu überreichen.
       Karl war ihnen auch dankbar, daß sie auf dem Weiter- marsch über das Geld keine Bemerkungen machten und er dachte sogar eine Zeitlang daran ihnen sein ganzes Vermögen einzugestehn, unterließ das aber doch, da sich keine rechte Gelegenheit fand. Gegen Abend kamen sie in eine mehr ländliche fruchtbare Gegend. Ringsherum sah man ungeteilte Felder die sich in ihrem ersten Grün über sanfe Hügel legten, reiche Landsitze umgrenzten die Straße und stundenlang gieng man zwischen den ver- goldeten Gittern der Gärten, mehrmals kreuzten sie den gleichen langsam fließenden Strom und viele mal hörten sie über sich die Eisenbahnzüge auf den hoch sich schwingenden Viadukten donnern.
       Eben gieng die Sonne an dem geraden Rande ferner Wälder nieder, als sie sich auf einer Anhöhe in mitten einer kleinen Baumgruppe ins Gras hinwarfen, um sich von den Strapazen auszuruhn. Delamarche und Robin- son lagen da und streckten sich nach Kräfen, Karl saß aufrecht und sah auf die paar Meter tiefer führende Stra- ße auf der immer wieder Automobile, wie schon wäh- rend des ganzen Tags, leicht an einander vorübereilten, als würden sie in genauer Anzahl immer wieder von der Ferne abgeschickt und in der gleichen Anzahl in der andern Ferne erwartet. Während des ganzen Tages seit dem frühesten Morgen hatte Karl kein Automobil hal- ten, keinen Passagier aussteigen gesehn.
       Robinson machte den Vorschlag die Nacht hier zu verbringen, da sie alle genug müde wären, da sie dann desto früher ausmarschieren könnten und da sie schließ- lich kaum ein billigeres und besser gelegenes Nachtlager vor Einbruch völliger Dunkelheit finden könnten. Dela- marche war einverstanden und nur Karl glaubte zu der Bemerkung verpflichtet zu sein, daß er genug Geld habe um das Nachtlager für alle auch in einem Hotel zu be- zahlen. Delamarche sagte, sie würden das Geld noch brauchen, er solle es nur gut aufeben. Delamarche ver- barg nicht im geringsten, daß man mit Karls Gelde schon rechnete. Da sein erster Vorschlag angenommen war er- klärte nun Robinson weiter, nun müßten sie aber vor dem Schlafen, um sich für morgen zu kräfigen, etwas Tüchtiges essen und einer solle das Essen für alle aus dem Hotel holen, das in nächster Nähe an der Landstra- ße mit der Aufschrif „Hotel occidental" leuchtete. Als der Jüngste und da sich auch sonst niemand meldete, zögerte Karl nicht sich für diese Besorgung anzubieten und gieng, nachdem er eine Bestellung auf Speck, Brot und Bier erhalten hatte, ins Hotel hinüber.
       Es mußte eine große Stadt in der Nähe sein, denn gleich der erste Saal des Hotels, den Karl betrat, war von einer lauten Menge erfüllt und an dem Buffet das sich an einer Längswand und an den zwei Seitenwänden hinzog, liefen unauförlich viele Kellner mit weißen Schürzen vor der Brust und konnten doch die ungeduldigen Gäste nicht zufriedenstellen, denn immer wieder hörte man an den verschiedensten Stellen Flüche und Fäuste die auf den Tisch schlugen. Karl wurde von niemandem beach- tet; es gab auch im Saale selbst keine Bedienung, die Gäste, die an winzigen, bereits zwischen drei Tischnach- barn verschwindenden Tischen saßen, holten alles, was sie wünschten beim Buffet. Auf allen Tischchen stand eine große Flasche mit Öl, Essig oder dergleichen und alle Speisen, die vom Buffet geholt wurden, wurden vor dem Essen aus dieser Flasche übergössen. Wollte Karl überhaupt erst zum Buffet kommen, wo ja dann wahr- scheinlich, besonders bei seiner großen Bestellung, die Schwierigkeiten erst beginnen würden, mußte er sich zwischen vielen Tischen durchdrängen, was natürlich bei aller Vorsicht nicht ohne grobe Belästigung der Gäste durchzuführen war, die jedoch alles wie gefühllos hin- nahmen, selbst als Karl einmal allerdings gleichfalls von einem Gast gegen ein Tischchen gestoßen worden war, das er fast umgeworfen hätte. Er entschuldigte sich zwar, wurde aber offenbar nicht verstanden, verstand übrigens auch nicht das geringste von dem was man ihm zurief. Beim Buffet fand er mit Mühe ein kleines freies Plätz- chen, auf dem ihm eine lange Weile die Aussicht durch die aufgestützten Elbogen

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