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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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den Händen durch seine Haare fahrend sagte er dann: "Es kann noch ein bis zwei Jahre dauern. "

    "Ich wollte auch studieren", sagte Karl, als gebe ihm dieser Umstand ein Anrecht auf ein noch größeres Vertrauen, als es der jetzt verstummende Student ihm gegenüber schon bewiesen hatte.

    "So", sagte der Stud ent und es war nicht ganz klar, ob er in seinem Buche schon wieder las oder nur zerstreut hineinstarrte,
    "seien Sie froh, daß Sie das Studium aufgegeben haben. Ich selbst studiere schon seit Jahren eigentlich nur aus Konsequenz.
    Befriedigung habe ich wenig davon und Zukunftsaussichten noch weniger. Was für Aussichten wollte ich denn haben!
    Amerika ist voll von Schwindeldoktoren. "

    "Ich wollte Ingenieur werden", sagte Karl noch eilig zu dem scheinbar schon gänzlich unaufmerksamen Studenten hinüber.
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    "Und jetzt sollen Sie Diener bei diesen Leuten werden", sagte der Student und sah flüchtig auf, "das schmerzt Sie natürlich. "

    Diese Schlußfolgerung des Studenten war allerdings ein Mißverständnis, aber vielleicht konnte es Karl beim Studenten nutzen. Er fragte deshalb: "Könnte ich nicht vielleicht auch eine Stelle im Warenhaus bekommen? "

    Diese Frage riß den Studenten völlig von seinem Buche los; der Gedanke, daß er Karl bei seiner Postenbewerbung behilflich sein könnte, kam ihm gar nicht. "Versuchen Sie es", sagte er,
    "oder versuchen Sie es lieber nicht. Daß ich meinen Posten bei Montly bekommen habe, ist der bisher größte Erfolg meines Lebens gewesen. Wenn ich zwischen dem Studium und meinem Posten zu wählen hätte, würde ich natürlich den Posten wählen.
    Meine Anstrengung geht nur darauf hin, die Notwendigkeit einer solchen Wahl nicht eintreten zu lassen. "

    "So schwer ist es, dort einen Posten zu bekommen", sagte Karl mehr für sich.

    "Ach was denken Sie denn", sagte der Student, "es ist leichter, hier Bezirksrichter zu werden als Türöffner bei Montly. "

    Karl schwieg. Dieser Student, der doch so viel erfahrener war als er, der den Delamarche aus irgendwelchen Karl noch unbekannten Gründen haßte, der dagegen Karl gewiß nichts Schlechtes wünschte, fand für Karl kein Wort der
    Aufmunterung, den Delamarche zu verlassen. Und dabei kannte er noch gar nicht die Gefahr, die Karl von der Polizei drohte und vor der er nur bei Delamarche halbwegs geschützt war.
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    "Sie haben doch am Abend die Demonstration unten gesehen?
    Nicht wahr? Wenn man die Verhältnisse nicht kennen würde, sollte man doch denken, dieser Kandidat, er heißt Lobter, werde doch irgendwelche Aussichten haben oder er komme doch wenigstens in Betracht, nicht"

    "Ich verstehe von Politik nichts", sagte Karl.

    "Das ist ein Fehler", sagte der Student. "Aber abgesehen davon haben Sie doch Augen und Ohren. Der Mann hat doch zweifellos Freunde und Feinde gehabt, das kann Ihnen doch nicht entgangen sein. Und nun bedenken Sie, der Mann hat meiner Meinung nach nicht die geringsten Aussichten, gewählt zu werden. Ich weiß zufällig alles über ihn, es wohnt da bei uns einer, der ihn kennt. Er ist kein unfähiger Mensch und seinen politischen Ansichten und seiner politischen Vergangenheit nach wäre gerade er der passende Richter für den Bezirk. Aber kein Mensch denkt daran, daß er gewählt werden könnte, er wird so prachtvoll durchfallen, als man durchfallen kann, er wird für die Wahlkampagne seine paar Dollars hinausgeworfen haben, das wird alles sein. "

    Karl und der Student sahen einander ein Weilchen
    schweigend an. Der Student nickte lächelnd und drückte mit einer Hand die müden Augen.

    "Nun, werden Sie noch nicht schlafen gehen?" fragte er dann,
    "ich muß ja auch wieder studieren. Sehen Sie, wieviel ich noch durchzuarbeiten habe. " Und er blätterte ein halbes Buch rasch durch, um Karl einen Begriff von der Arbeit zu geben, die noch auf ihn wartete.
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    "Dann also gute Nacht", sagte Karl und verbeugte sich.

    "Kommen Sie doch einmal zu uns herüber", sagte der Student, der schon wieder an seinem Tisch saß, "natürlich nur wenn Sie Lust haben. Sie werden hier immer große Gesellschaft finden.
    Von neun bis zehn Uhr abends habe ich auch für Sie Zeit. "

    "Sie raten mir also, bei Delamarche zu bleiben?" fragte Karl.

    "Unbedingt", sagte der Student und senkte schon den Kopf zu seinen Büchern. Es schien, als hätte gar nicht er das Wort gesagt; wie von einer Stimme gesprochen, die tiefer war als jene des Studenten, klang es noch in Karls Ohren nach. Langsam ging er zum Vorhang, warf

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