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Der Verschollene

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Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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verleugnen? Und wenn er es täte, würde sich nicht Robinson in seiner Dummheit und Verzweiflung statt aller Entschuldigung gerade nur auf Karl berufen? Und mußte dann nicht Karl sofort entlassen werden, da dann das Unerhörte geschehen war, daß ein Liftjunge, der niedrigste und entbehrlichste Angestellte in der ungeheueren Stufenleiter der Dienerschaft dieses Hotels, durch seinen Freund das Hotel hatte beschmutzen und die Gäste erschrecken oder gar vertreiben lassen? Konnte man einen Liftjungen weiter dulden, der solche Freunde hatte, von denen er sich überdies während seiner Dienststunden besuchen ließ? Sah es nicht ganz so aus, als ob ein solcher Liftjunge selbst ein Säufer oder gar etwas Ärgeres sei, denn welche Vermutung war einleuchtender, als daß er seine Freunde aus den Vorräten des Hotels so lange überfütterte, bis sie an einer beliebigen Stelle dieses gleichen peinlich rein gehaltenen Hotels solche Dinge ausführten, wie jetzt Robinson?
    Und warum sollte sich ein solcher Junge auf die Diebstähle von Lebensmitteln beschränken, da doch die Möglichkeiten zu stehlen, bei der bekannten Nachlässigkeit der Gäste, den überall offenstehenden Schränken, den auf den Tischen herumliegenden Kostbarkeiten, den aufgerissenen Kassetten, den gedankenlos hingeworfenen Schlüsseln wirklich unzählige waren?

    Gerade sah Karl in der Ferne Gäste aus einem Kellerlokal heraufsteigen, in dem eben eine Varietevorstellung beendet worden war. Karl stellte sich zu seinem Aufzug und wagte sich gar nicht nach Robinson umzudrehn aus Furcht vor dem, was er zu sehn bekommen könnte. Es beruhigte ihn wenig, daß er keinen Laut, nicht einmal einen Seufzer von dort hörte. Er bediente zwar seine Gäste und fuhr mit ihnen auf und ab, aber seine Zerstreutheit konnte er doch nicht ganz verbergen und bei
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    jeder Abwärtsfahrt war er darauf gefaßt, unten eine peinliche Überraschung vorzufinden.

    Endlich hatte er wieder Zeit nach Robinson zu sehn, der in seinem Winkel ganz klein kauerte und das Gesicht gegen die Knie drückte. Seinen runden harten Hut hatte er weit aus der Stirne geschoben. "Also jetzt gehn Sie schon", sagte Karl leise und bestimmt, "hier ist das Geld. Wenn Sie sich beeilen, kann ich Ihnen noch den kürzesten Weg zeigen. " "Ich werde nicht weggehn können", sagte Robinson und wischte sich mit einem winzigen Taschentuch die Stirn, "ich werde hier sterben. Sie können sich nicht vorstellen, wie schlecht mir ist. Delamarche nimmt mich überall in die feinen Lokale mit, aber ich vertrage dieses zimperliche Zeug nicht, ich sage es Delamarche täglich."
    "Hier können Sie nun einmal nicht bleiben", sagte Karl,
    "bedenken Sie doch wo Sie sind. Wenn man Sie hier findet, werden Sie bestraft und ich verliere meinen Posten. Wollen Sie das?" "Ich kann nicht weggehn", sagte Robinson, "lieber spring ich da hinunter", und er zeigte zwischen den Geländerstangen in den Lichtschacht. "Wenn ich hier so sitze, so kann ich es noch ertragen, aber aufstehn kann ich nicht, ich habe es ja schon versucht wie Sie wegwaren. " "Dann hole ich also einen Wagen, und Sie fahren ins Krankenhaus", sagte Karl und schüttelte ein wenig Robinsons Beine, der jeden Augenblick in völlige Teilnahmslosigkeit zu verfallen drohte. Aber kaum hatte Robinson das Wort Krankenhaus gehört, das ihm schreckliche Vorstellungen zu erwecken schien, als er laut zu weinen anfieng und die Hände um Gnade bittend nach Karl ausstreckte.

    "Still", sagte Karl, schlug ihm mit einem Klaps die Hände nieder, lief zu dem Liftjungen, den er in der Nacht vertreten hatte, bat ihn für ein kleines Weilchen um die gleiche Gefälligkeit, eilte zu Robinson zurück, zog den noch immer Schluchzenden mit aller Kraft in die Höhe und flüsterte ihm zu:
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    "Robinson, wenn Sie wollen, daß ich mich Ihrer annehme, dann strengen Sie sich aber an, jetzt eine ganz kleine Strecke Wegs aufrecht zu gehn. Ich führe Sie nämlich in mein Bett, in dem Sie solange bleiben können, bis Ihnen gut ist. Sie werden staunen, wie bald Sie sich erholen werden. Aber jetzt benehmen Sie sich nur vernünftig, denn auf den Gängen sind überall Leute und auch mein Bett ist in einem allgemeinen Schlafsaal. Wenn man auf Sie auch nur ein wenig aufmerksam wird, kann ich nichts mehr für Sie tun. Und die Augen müssen Sie offenhalten, ich kann Sie da nicht wie einen Totkranken herumführen. " "Ich will ja alles tun was Sie für recht halten", sagte Robinson, "aber Sie allein werden mich nicht

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