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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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dunklen Flur. Es war 'Delamarche, ganz außer Athem, mit erhitzten Wangen, seine Haare klebten ihm rings um den Kopf. Den Schlafrock trug er unter dem Arm und war nur mit Hemd und Unterhose bekleidet. Die Türe, welche nicht das eigentliche Haustor war, sondern nur einen unscheinbaren Nebeneingang bildete, hatte er gleich geschlossen und versperrt. "Einen Augenblick", sagte er dann, lehnte sich mit hochgehaltenem Kopf an die Wand und atmete schwer. Karl lag fast in seinem Arm und drückte halb besinnungslos das
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    Gesicht an seine Brust. "Da laufen die Herren", sagte Delamarche und streckte den Finger aufhorchend gegen die Tür.
    Wirklich liefen jetzt die zwei Polizeileute vorbei, ihr Laufen klang in der leeren Gasse, wie wenn Stahl gegen Stein geschlagen wird. "Du bist aber ordent lich hergenommen", sagte Delamarche zu Karl, der noch immer an seinem Athem würgte und kein Wort herausbringen konnte. Delamarche setzte ihn vorsichtig auf den Boden, kniete neben ihm nieder, strich ihm mehrmals über die Stirn und beobachtete ihn. "Jetzt geht es schon", sagte endlich Karl und stand mühsam auf. "Dann also los", sagte Delamarche, der seinen Schlafrock wieder angezogen hatte und schob Karl, der noch vor Schwäche den Kopf gesenkt hielt, vor sich her. Von Zeit zu Zeit schüttelte er Karl, um ihn frischer zu machen. "Du willst müde sein?" sagte er. "Du konntest doch im Freien laufen wie ein Pferd, ich aber mußte hier durch die verfluchten Gänge und Höfe schleichen.
    Glücklicher Weise bin ich aber auch ein Läufer. " Vor Stolz gab er Karl einen weit ausgeholten Schlag auf den Rücken. "Von Zeit zu Zeit ist ein solches Wettrennen mit der Polizei eine gute Übung. " "Ich war schon müde, wie ich zu laufen anfieng", sagte Karl. "Für schlechtes Laufen gibt es keine Entschuldigung", sagte Delamarche. "Wenn ich nicht wäre, hätten sie Dich schon längst gefaßt." "Ich glaube auch", sagte Karl. "Ich bin Ihnen sehr verpflichtet. " "Kein Zweifel", sagte Delamarche.

    Sie giengen durch einen langen schmalen Flurgang, der mit dunklen glatten Steinen gepflastert war. Hie und da öffnete sich rechts oder links ein Treppenaufgang oder man erhielt einen Durchblick in einen andern größern Flur. Erwachsene waren kaum zu sehn, nur Kinder spielten auf den leeren Treppen. An einem Geländer stand ein kleines Mädchen und weinte, daß ihr vor Tränen das ganze Gesicht glänzte. Kaum hatte sie Delamarche bemerkt als sie mit offenem Mund nach Luft schnappend die Treppe hinauflief und sich erst hoch oben
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    beruhigte, als sie nach häufigem Umdrehn sich überzeugt hatte, daß ihr niemand folge oder folgen wolle. "Die habe ich vor einem Augenblick niedergerannt", sagte Delamarche lachend und drohte ihr mit der Faust, worauf sie schreiend weiter hinauflief.

    Auch die Höfe, durch die sie kamen, waren fast gänzlich verlassen. Nur hie und da schob ein Geschäftsdiener einen zweirädrigen Karren vor sich her, eine Frau füllte an der Pumpe eine Kanne mit Wasser, ein Briefträger durchquerte mit ruhigen Schritten den ganzen Hof, ein alter Mann mit weißem Schnauzbart saß mit übergeschlagenen Beinen vor einer Glastür und rauchte eine Pfeife, vor einem Speditionsgeschäft wurden Kisten abgeladen, die unbeschäftigten Pferde drehten gleichmütig die Köpfe, ein Mann in einem Arbeitsmantel überwachte mit einem Papier in der Hand die ganze Arbeit, in einem Bureau war das Fenster geöffnet und ein Angestellter, der an seinem Schreibpult saß, hatte sich von ihm abgewendet und sah nachdenklich hinaus, wo gerade Karl und Delamarche vorübergiengen.

    "Eine ruhigere Gegend kann man sich gar nicht wünschen", sagte Delamarche. "Am Abend ist paar Stunden lang großer Lärm, aber während des Tages geht es hier musterhaft zu. " Karl nickte, ihm schien die Ruhe zu groß zu sein. "Ich könnte gar nicht anderswo wohnen", sagte Delamarche, "denn Brunelda verträgt absolut keinen Lärm. Kennst Du Brunelda? Nun Du wirst sie ja sehn. Jedenfalls empfehle ich Dir, Dich möglichst still aufzuführen. "

    Als sie zu der Treppe kamen, die zur Wohnung des
    Delamarche führte, war das Automobil bereits weggefahren und der Bursche mit der zerfressenen Nase meldete, ohne über Karls
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    Wiedererscheinen irgendwie zu staunen, er habe Robinson die Treppe hinaufgetragen. Delamarche nickte ihm bloß zu, als sei er sein Diener, der eine selbstverständliche Pflicht erfüllt habe und zog Karl, der ein wenig zögerte und auf die sonnige Straße sah, mit sich

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