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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Bullen dort vorn? Er hat gehört, wie der Schnee über ihm knirscht, und hat die Herde gewarnt. Vielleicht hat er schon einmal eine Lawine erlebt, vielleicht ist er nur schlauer als die anderen.«
    Er stand auf. Die beiden Jungen sahen sich überrascht an. Mit einer Geste befahl Schwarzklaue ihnen, sich ebenfalls zu erheben.
    »Macht Lärm, so viel Lärm, wie ihr könnt.«
    Er klatschte in die Hände und begann auf die Herde zuzugehen. Die beiden anderen Jäger folgtem ihm zögernd. Er roch ihre Nervosität, ihre Angst.
    »Sie werden euch nicht angreifen«, sagte er. »Sie sind Gejagte. Solange sie einen Ausweg sehen, werden sie fliehen.«
    Doch sein Blick ließ den großen weißen, zotteligen Bullen nicht los. Er hatte sich umgedreht, als er den Lärm hörte. Seine Ohren waren aufgerichtet, seine beinlangen Hörner streckten sich den Lauten furchtlos entgegen. Sein Schwanz peitschte von einer Seite zur anderen.
    Er zögerte, so als wüsste er nicht, welchen Weg er einschlagen sollte: den Kampf oder die Flucht.
    Die Kühe und Kälber sammelten sich hinter ihm, die anderen Bullen schnauften laut und warfen unsicher die Köpfe hoch. Laut krachend schlugen ihre Hörner gegeneinander.
    Schwarzklaue rief ihnen Beschimpfungen entgegen. Mit beiden Händen warf er Schnee in die Luft, versuchte vor den Tieren zu verbergen, dass es nur drei Jäger waren, die sich ihnen näherten. Die Jungen folgten seinem Beispiel. Der jüngere lachte. Schwarzklaue wies ihn nicht zurecht. Solange er Lärm machte, war es egal, ob er verstand, dass sein Leben vom Instinkt eines Bullen abhing.
    Der große Bulle warf den Kopf in den Nacken und röhrte so laut und tief, dass Schwarzklaue zusammenzuckte. Er greift an , dachte er, und tatsächlich begann der Bulle mit den Vorderhufen zu scharren und Schnee aufzuwerfen.
    Es krachte. Unmittelbar vor der Herde schlug ein Teil des Schneebretts auf. Der große Bulle wich zurück, die anderen nahmen sein Signal auf und stoben auseinander. Chaos brach aus. Der Lärm der Schneebüffel vermischte sich mit dem der Jäger.
    Es krachte erneut, so laut und durchdringend, dass Schwarzklaue das Geräusch wie einen Schlag im Magen spürte.
    Schnee rutschte von den Bergen hinab, das Brett, das sich gebildet hatte, neigte sich nach unten und brach auseinander. Eiskristalle stoben empor wie Funken bei einer Feuersbrunst. Aufgewirbelter Schnee ballte sich zusammen wie Rauch, nur um in einer gewaltigen Explosion auf Schwarzklaue und die Jäger zuzurasen. Die Erde bebte.
    »Zurück!«, schrie Schwarzklaue.
    Er griff nach den Jungen. Den älteren bekam er am Arm zu fassen, seine Finger glitten jedoch an dem Lederkragen des jüngeren ab. Schnee hüllte ihn plötzlich ein, drang in Augen und Mund. Seine Beine wurden ihm unter dem Körper weggerissen. Eis, so scharf wie Messerspitzen, riss seine Haut auf. Er schützte Einohr mit seinem Körper, hoffte, dass der Junge nicht unter ihm erstickte.
    Alles war grau, rauschte, krachte und klirrte. Schnee drückte ihn nieder und schob ihn vor sich her. Schwarzklaue konnte nicht mehr atmen. Er spürte, wie Einohr sich unter ihm wehrte, nach ihm schlug und trat. Trotzdem hielt er ihn fest.
    Ein Huf bohrte sich neben ihm in den Schnee. Hörner schaufelten Eis und Steine beiseite. Schwarzklaue blinzelte in helles Tageslicht – und riss den Kopf zur Seite, als Hufe auf ihn zu schossen, doch sie trafen nur den Schnee. Der Bulle brüllte. Schwarzklaue knurrte. Er roch die saure Angst des Tiers. Sie stachelte ihn an, brachte ihn dazu, sich mit zwei kräftigen Schlägen aus dem Schnee nach oben zu wühlen, den Jungen immer noch im Arm haltend. Er hörte Einohr keuchen und ließ ihn los.
    Der Bulle sank bis zu den Knien im Schnee ein. Mit ungeschickten Sprüngen entfernte er sich, bis er schließlich auf festen Boden stieß und zu laufen begann. Schwarzklaue brüllte vor Wut, als er selbst bis zum Bauch einsank. Die Angst des Bullen und der Geruch seines eigenen Bluts machten ihn beinahe wahnsinnig. Er grub seine Krallen in den Schnee, brüllte und knurrte. Erst die Erschöpfung ließ seinen Verstand zurückkehren. Er ließ die Arme sinken und atmete tief durch.
    »Ich kann Fleckfell nicht finden«, sagte Einohr mit leiser Stimme.
    Schwarzklaue drehte sich zu ihm um. Das Fell des Jungen war voller Schnee, einige Stellen glänzten rötlich. Er zitterte.
    Schwarzklaues Blick glitt an ihm vorbei auf die neu entstandene wilde Landschaft. Die Lawine tobte nicht mehr. Hoch aufgetürmte Schneefelder

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