Der Vierte Tag
irritiert sein, junge Männer, kaum der Pubertät entwachsen. Mit ihren schußbereiten Maschinenpistolen bevölkerten sie das gesamte Terminal, musterten mich mißtrauisch nach der unter meinem Wintermantel versteckten Handgranate oder Boden-Luft-Rakete. Mit den täglich schärferen Tönen aus Washington und dem jüngsten al-Qaida-Drohvideo war die Situation auf dem Flughafen merklich angespannt, die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verstärkt worden.
Während die ersten eiligen Passagiere aus Frankfurt, die Geschäftsleute mit ihren Aktentaschen und dem Parkticket vom Morgen, schon zum Parkdeck eilten, beobachtete ich, wie eine Ebene tiefer das Gepäck über ein Förderband aus dem Bauch der Maschine kam. Koffer natürlich, ein paar Kinderwagen, dazwischen ein Surfbrett und zum Schluß zwei Paar Ski. Dann wurde das Förderband weggeschafft, ein Gabelstapler nahm seinen Platz ein und fuhr die Hebearme auf die Höhe der Gepäckklappe aus. Vorsichtig plazierten die Transportarbeiter den Zinksarg, ebenso vorsichtig ließ ihn der Mann im Gabelstapler hinunter. Jetzt sah ich auch Celines Eltern wieder, stumm standen sie dort unten neben dem großen Flugzeug, etwas hinter ihnen der Mann, der sie eben im Empfangsbereich abgeholt hatte.
Der Gabelstapler setzte behutsam zurück, beschrieb eine kleine Kurve und verschwand mit seiner Last unter dem Terminal. Mit schweren Schritten folgten ihm die beiden so schnell gealterten Leute. Ihre Tochter war heimgekehrt.
Im Flughafen Berlin-Tegel wird die Luftfracht direkt unter dem Passagierterminal abgefertigt. Wahrscheinlich öffnete der Zoll gerade den Sarg, zur Kontrolle, daß keine Drogen oder Giftgasampullen auf diesem Weg nach Deutschland eingeschleust würden. Die Zeiten von Särgen als Transportmittel für derlei Dinge sind zwar lange vorbei, aber vielleicht rechnet unser Zoll mit ein paar Nostalgikern unter Bagdads Drogenbaronen.
Ich ging zu meinem Wagen und ließ Celines Eltern allein mit ihrem Schmerz. Sie hatten deutlich gemacht, daß der Empfang des Sarges ihre Sache war, Dr. Hoffmann dabei unerwünscht. Wahrscheinlich gaben sie mir die Schuld an Celines Ausflug nach Bagdad und an seinem tödlichen Ausgang. Zu Unrecht, die ganze Sache war allein Celines Idee gewesen. Aber das war nun egal.
Ich kannte diese Leute ohnehin kaum. Einmal hatte ich Celine ins elterliche Reihenhaus in Hamburg-Bergedorf begleitet, zu einem Weihnachtsfest, das in einem Riesenkrach zwischen Eltern und Tochter endete.
»Und warum heiratet dich dieser Doktor dann nicht?« war es zu mir nach oben gedrungen, wo ich gerade das Präsent für Celine in ökologisch absolut inakzeptables goldenes Geschenkpapier einwickelte. »Du mußt sehen, daß du endlich mal dein Leben ordnest.«
Das kam von Leuten, deren Lebenshöhepunkt darin bestand, daß Gudrun Ensslin angeblich einmal bei ihnen übernachtet hatte!
»Dieser Doktor heiratet mich genauso wenig, wie ich diesen Doktor heiraten werde!«
Auf Wunsch von Celine packten wir noch vor dem Frühstück unsere Sachen und verschwanden zurück nach Berlin. Nur noch ein weiteres Mal traf ich die beiden, vor zwei Jahren, bei der Beerdigung von Celines Lieblingsonkel Kurt oder Fritz.
Auf dem Parkplatz des Flughafen Tegel spendierte ich dem Automaten die gewünschten drei Euro, winkte der Überwachungskamera freundlich zu und sortierte mich auf die Stadtautobahn. Die Klinik würde mich heute nicht mehr sehen. Ich würde mir zu Hause einen schönen Mozart auflegen, etwas Heiteres. Vielleicht die Violinkonzerte oder Cosi fan tutte. Trauer ist schon traurig genug.
Spiegel Online, 28. Februar
Mißbrauch in Flüchtlingslagern: Ein Stück Seife als Belohnung für Kindersex
Jahrelang sollen Mitglieder von Hilfsorganisationen und Blauhelm-Soldaten in westafrikanischen Flüchtlingslagern Kinder mißbraucht haben. Uno-Generalsekretär Kofi Annan hat eine harte Bestrafung der Schuldigen versprochen, und das Hilfswerk der Vereinten Nationen hat einen Plan erarbeitet, wie die Ausbeutung gestoppt werden kann.
Spiegel Online, 9. Dezember
Deutsches Rotes Kreuz: Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet?
Das DRK soll seit Jahren Überschüsse in Millionenhöhe zweckentfremdet haben. Unter anderem soll das DRK in NRW mit Spendengeldern dubiose Grundstückskäufe getätigt haben. Das hat das ARD-Fernsehmagazin »Kontraste« und der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) recherchiert.
Spiegel Online, 10. Dezember
Deutsches Rotes Kreuz: Spenden, Drinks und Rock'n'roll
Der
Weitere Kostenlose Bücher