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Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Beerdigung fragte er sich, was es mit diesem verschrobenen Typen Gregory wohl auf sich hatte. Er hatte etwas, das einem nicht ganz geheuer war. Er sah so unscheinbar aus – und andererseits war er alles andere als unscheinbar…
    George blickte wieder zu Susan, die sich glücklich ihren Träumen hingab.
    »Du bist eine richtige Abernethie«, sagte er. »Die Einzige in der Familie. Richard fand es bestimmt schade, dass du eine Frau bist. Wenn du ein Mann gewesen wärst, hätte er dir garantiert das Ganze vermacht.«
    »Ja, das glaube ich auch«, antwortete Susan gedehnt. »Weißt du, er konnte Greg nicht leiden…«, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort.
    »Ah ja?« George hob die Augenbrauen. »Sein Fehler.«
    »Ja.«
    »Na ja, aber jetzt läuft doch alles prima – genau nach Plan.«
    Als er das sagte, wurde ihm bewusst, dass diese Bemerkung auf Susan besonders gut zutraf.
    Bei diesem Gedanken wurde ihm etwas unwohl. Er mochte keine Frauen, die kaltblütig waren und tüchtig obendrein.
    »Übrigens, hast du Post von Helen bekommen?«, fragte er, um das Thema zu wechseln. »Wegen Enderby?«
    »Ja, heute morgen. Du auch?«
    »Ja. Was sagst du dazu?«
    »Greg und ich haben uns überlegt, am übernächsten Wochenende hinzufahren, wenn das den anderen auch passt. Helen will ja wohl alle zusammen dahaben.«
    George lachte spöttisch.
    »Sonst könnte sich ja jemand etwas Wertvolleres aussuchen als die anderen.«
    Susan lachte ebenfalls.
    »Ach, ich glaube doch, dass alles genau geschätzt werden wird. Aber die Schätzung wird sicher viel niedriger ausfallen als auf dem freien Markt. Außerdem hätte ich doch ganz gerne ein paar Souvenirs an den Stammvater des Familienvermögens. Und dann wäre es witzig, ein oder zwei groteske Sachen hier hinzustellen. So als richtiger Blickfang! Das ganze Viktorianische kommt jetzt wieder groß in Mode. Im Salon stand doch ein grüner Malachittisch. Um den herum könnte man eine ganze Farbkomposition aufbauen. Und vielleicht eine Vitrine mit ausgestopften Kolibris – oder eine von den Glasglocken mit Wachsblumen. So was kann sich gut machen, nur als Gag.«
    »Ich habe volles Vertrauen in deinen Geschmack.«
    »Du wirst doch auch kommen, oder?«
    »Natürlich – allein schon um zu sehen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.«
    Susan lachte wieder.
    »Wetten, dass es zu einem riesigen Familienkrach kommt?«, sagte sie.
    »Wahrscheinlich wird Rosamund deinen grünen Malachittisch als Bühnenrequisit haben wollen!«
    Jetzt lachte Susan nicht mehr.
    »Hast du Rosamund in letzter Zeit mal gesehen?«, fragte sie stirnrunzelnd.
    »Ich habe die schöne Rosamund nicht mehr gesehen, seit wir alle zusammen dritter Klasse von der Beerdigung zurückgefahren sind.«
    »Ich hab sie ein- oder zweimal gesehen… Sie – sie kam mir ziemlich merkwürdig vor…«
    »Wieso denn? Hat sie versucht, ihren Kopf zu benützen?«
    »Nein. Sie wirkte – na ja, irgendwie verstört.«
    »Verstört, weil sie einen Batzen Geld geerbt hat und jetzt ein schauderhaftes Stück auf die Bühne bringen kann, in dem Michael sich lächerlich macht?«
    »Oh, die Sache läuft schon. Das Stück klingt wirklich schauderhaft – aber es könnte trotzdem ein Erfolg werden. Michael ist sehr gut. Er kommt gut über die Rampe oder wie immer man das sagt. Er ist ganz anders als Rosamund, die ist ja bloß schön und dumm.«
    »Die arme, schöne, dumme Rosamund.«
    »Aber Rosamund ist nicht ganz so dumm, wie man manchmal glaubt. Ab und zu sagt sie schlaue Sachen, von denen man gar nicht gedacht hätte, dass sie ihr überhaupt auffallen würden. Das ist… ziemlich erschreckend.«
    »Wie unsere Tante Cora…«
    »Ja…«
    Ein kurzes Unbehagen beschlich die beiden – heraufbeschworen durch die Erwähnung von Cora Lansquenet.
    »Apropos Cora«, sagte George mit bemühter Gleichgültigkeit. »Was ist eigentlich mit ihrer Hausdame? Ich finde, wir sollten etwas mit ihr machen.«
    »Mit ihr machen? Wie meinst du das?«
    »Na ja, in gewisser Hinsicht ist doch die Familie für sie verantwortlich. Ich meine, Cora war ja unsere Tante – und ich denke mir, dass es für diese Hausdame wohl gar nicht so leicht sein wird, eine neue Stelle zu finden.«
    »Das hast du dir gedacht?«
    »Ja. Die Leute fürchten doch alle um ihre Haut. Ich meine nicht, dass sie glauben, diese Gilchrist würde tatsächlich mit einem Beil über sie herfallen – aber irgendwo im Hinterkopf denken sie bestimmt, dass sie Unglück bringt. Leute sind

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