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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Gartenzimmer des Krankenhauses wird es allerhand Aufruhr geben, wenn man die nackte Leiche, die verschwunden ist, plötzlich so elegant gekleidet und mit Papiergeld in den Taschen wiederfindet.«
    Sie haben das Erdgeschoss erreicht. Nun kommen nur noch die beiden Tiefgaragen.
    Mit dem Ton liebevoller Besorgnis, der so charakteristisch für ihn ist, fragt Typhon: »Nun, haben Sie Angst, mein Lieber?«
    »Ja.«
    Angst, aber da ist kein Entsetzen, das ihn plagt. In diesem Augenblick ist in dem Teil von Dunny, der unsterblich ist, kein Raum dafür.
    Als er einige Minuten zuvor Ethan und den Jungen auf der Steinbank sitzen sah, hat er die Zuneigung zwischen den beiden wahrgenommen und gewusst, dass sie in Zukunft Vater und Sohn sein werden, wenn auch nicht dem Namen nach. In jenem Augenblick hat er ein so heftiges Bedauern verspürt wie nie zuvor. In der Nacht, in der Hannah gestorben ist, hat ihn ein tiefer, schier überwältigender Gram überflutet, nicht nur, weil sie nun endgültig verloren war, sondern auch wegen des Durcheinanders, das er aus seinem Leben gemacht hatte. Dieser Gram hat ihn verändert, aber leider nicht genug, denn er hat nicht mehr entstehen lassen als Bedauern.
    Die Qual, die ihn jetzt auf dem Weg vom Erdgeschoss zur Garage überkommt, ist nicht nur ein stärkeres Bedauern, sondern ein so machtvolles Gefühl der Beschämung, dass er spürt, wie ihn die Schuld, die am Ursprung jeder Scham steht, zerreißt. Ein grässliches Nagen erfüllt ihn. Er zittert, bebt, wird heftig von der ersten echten Einsicht geschüttelt, welch furchtbare Auswirkungen sein fehlgeleitetes Leben auf andere gehabt hat.
    Gesichter steigen in der Erinnerung auf, die Gesichter von Männern, die er gebrochen hat, von Frauen, die er mit unbeschreiblicher Grausamkeit behandelt hat, von Kindern, die auf dem Weg, auf den er sie geführt hat, in ein Leben aus Drogen, Verbrechen und Verderben geraten sind. Obwohl diese Gesichter ihm schmerzhaft vertraut sind, sieht er sie wie zum ersten Mal, weil er in jedem Gesicht nun etwas erkennt, was er vorher nie gesehen hat – ein menschliches Wesen mit Hoffnungen, Träumen und Entwicklungsmöglichkeiten. In seinem Leben sind all diese Personen nur ein Mittel zum Zweck gewesen, ein Mittel, mit dem er seine Wünsche und Begierden erfüllt hat. Sie waren keine Menschen für ihn, sondern nur Objekte der Lust und Werkzeuge, die er benutzt hat.
    Was ihm nach Hannahs Tod als entscheidende Verwandlung seines Innern vorgekommen ist, war in Wirklichkeit eher sentimentales Selbstmitleid. Er hat Gram empfunden, ja, und auch ein gewisses Bedauern, aber die heftige Beschämung, die ihn jetzt erfüllt, hat er ebenso wenig verspürt wie die vernichtende Demut, von der sie begleitet wird.
    »Mein Lieber, ich verstehe, was Sie durchmachen«, sagt Typhon, als sie an der oberen Garage vorbeigleiten. Er meint wohl das Entsetzen, das Dunny seiner Meinung nach verzehrt, aber mit Entsetzen hat dieses Gefühl am wenigsten zu tun.
    Auch Beschämung ist keine ganz passende Bezeichnung, ist es doch eine derart verzehrende Scham, eine so brennende Pein, dass er kein Wort dafür findet. Während diese Gesichter ihn quälen, die Gesichter eines vergeudeten Lebens, bittet Dunny sie um Vergebung, eines nach dem anderen. Das tut er mit einer tiefen Demut, die er ebenfalls noch nie verspürt hat. Er ruft nach ihnen, obwohl er tot ist und keine Buße mehr tun kann, obwohl viele von ihnen vor ihm gestorben sind und nicht mehr hören können, wie verzweifelt er sich wünscht, das Vergangene ungeschehen machen zu können.
    Der Aufzug ist nun auch an der tieferen der beiden Garagen vorbeigefahren, aber immer noch geht es abwärts. Nun sind sie auch nicht mehr im Aufzug der Villa Rospo, sondern nur noch in der Vorstellung eines Aufzugs, und zwar einer recht merkwürdigen. Die Wände sind mit Dreck und Moder überzogen. Die Luft stinkt. Der Boden sieht aus wie gepresste Knochen.
    Dunny bemerkt, dass Typhons Gesicht sich allmählich verändert. Die freundlichen, androgynen Züge und die lustigen Äuglein verwandeln sich in etwas, was diesem Geist eher entspricht als die großväterliche Gestalt, die er bislang angenommen hat. Das alles nimmt Dunny nur aus den Augenwinkeln wahr, weil er es nicht wagt, genau hinzuschauen. Nein, das wagt er nicht.
    Stockwerk um Stockwerk fahren sie hinab, obgleich doch die Zahlen auf der Anzeige über der Tür nur von eins bis fünf gehen.
    »Ich bekomme allmählich einen ziemlichen Appetit«, sagt

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