Der Wald: Roman
sich seiner Einschätzung nach kein Wohnmobil an ihnen vorbeiquetschen.
»Was sollen wir machen?«, fragte Karen.
»Im schlimmsten Fall können wir immer noch zurücksetzen.«
»Na toll.«
Scott nahm den Fuß vom Gaspedal, als das Wohnmobil mitten auf der Straße auf sie zukam. In einer Reflexbewegung zog er am Lenker, als wollte er die Nase nach oben reißen und über das entgegenkommende Fahrzeug hinwegfliegen. Aber das Auto blieb am Boden. Er trat auf die Bremse und kam langsam zum Stehen.
Das Wohnmobil fuhr dicht an die Felswand und hielt an. Es nahm zwei Drittel der Straße ein. Ein Arm streckte sich aus dem Fahrerfenster und winkte Scott vorwärts.
»Schaffst du das?«, fragte Karen.
»Klar«, sagte er. »Aber zur Sicherheit möchte ich, dass ihr aussteigt.« Er blickte nach hinten. »Alle raus.«
»Ich hab keine Angst«, meinte Benny.
»Keine Diskussion.«
Seufzend öffnete Benny die Tür. Als er, Julie und Karen ausgestiegen waren, löste Scott seinen Sicherheitsgurt. Die drei gingen voraus, und Karen nickte dem Mann am Steuer zu und sprach mit ihm. Hinter dem Wohnmobil blieben sie stehen, um zuzusehen. Karen stellte sich breitbeinig über die Abbruchkante und ließ seinen rechten Vorderreifen nicht aus den Augen. Ihre Lippen waren zu einer Grimasse verzogen. Sie wischte sich die Hände an ihrer kurzen Cordhose ab.
Das muss schlimm für sie sein, dachte Scott, während er sich behutsam näherte. Karen weiß, dass niemand vor einem Unfall gefeit ist. Vor drei Jahren hat sie selber einen Autounfall nur knapp überlebt, und ihr Verlobter ist dabei gestorben.
Während er mit der linken Hand den Türgriff umklammerte, steuerte er neben das Wohnmobil. Er sah, wie die glänzende Lackschicht nur wenige Zentimeter entfernt vorbeiglitt. Wenn sein Wagen kippen sollte, würde er die Tür nicht öffnen können.
Jedenfalls nicht sofort. Er müsste den richtigen Moment abpassen, kurz bevor das Auto über die Kante rutschte.
Er warf Karen einen Blick zu. Sie hatte die Hand vor den Mund geschlagen. Benny wirkte entspannt. Julie hockte mit den Händen auf den Knien am Boden und starrte den Reifen an.
Als Kind war Scott mit seinem Vater zum Eisfischen auf den gefrorenen Saint Laurence River gefahren. Manchmal hatte das Eis unter dem Gewicht des Pick-ups geächzt und gestöhnt. Sie hatten immer die Türen offen gehabt, um notfalls schnell herausspringen zu können. Das tat jeder, der auf den Fluss fuhr. Wenn er kein Idiot war.
Er wünschte, seine Tür wäre jetzt auch offen. Solche kleinen Vorsichtsmaßnahmen konnten einem das Leben retten.
Sein Kühlergrill war nun auf einer Höhe mit dem Heck des Wohnmobils. Er unterdrückte den Drang, Gas zu geben, und fuhr im Schneckentempo weiter, bis er ganz an dem Fahrzeug vorbei war. Dann steuerte er nach links und hielt in der Mitte der Straße.
Benny stieg zuerst ein. »Mensch, Dad, das war echt knapp.«
»Ein Kinderspiel«, sagte Scott und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Oberlippe.
»Hoffentlich passiert so was nicht nochmal«, meinte Julie.
Karen ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und stemmte die Knie gegen das Armaturenbrett. Sie blickte starr geradeaus. Ihre Lippen bildeten eine dünne Linie.
Scott streckte den Arm aus und strich ihr über die Seite des Halses. »Alles klar?«
»Glaub schon«, murmelte sie.
Nach einer weiteren Kehre schlängelte sich die Straße um den Berghang in ein hochgelegenes, bewaldetes Tal. Auf einem verwitterten Schild, das von einem Flecken Sonnenlicht umgeben war, stand: BLACK BUTTE RANGER STATION, 6 MEILEN.
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Der Wald, der sich von beiden Seiten dicht an die Straße gedrückt hatte, öffnete sich. Karen sah vor ihnen unter den Bäumen zwei parkende Autos. Eines davon, ein staubiger Mazda, stand in gewagter Schräglage am Hang und war mit Steinen unter den Hinterrädern gegen das Wegrollen gesichert.
»Ich glaub, wir haben das Rennen gemacht«, sagte Scott.
»Was fahren sie denn für einen Wagen?«, fragte Karen.
»Wahrscheinlich ihren Plymouth-Kombi.«
Bei dem Gedanken daran, wie der breite Kombi versuchte, sich auf dem dünnen Faden der Straße über dem Abhang am Wohnmobil vorbeizuquetschen, zog sich in Karen alles zusammen.
Scott steuerte nach links. Er fuhr langsam weiter, und unter den Reifen knackten herabgefallene Äste und Pinienzapfen. Er parkte mit der Stoßstange dicht an einer Espe und schaltete den Motor aus. »Am besten lassen wir erst mal alles hier und gehen rüber zur
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