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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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gebieterische Notwendigkeit mußte ihn mit solcher Heimlichkeit an diesen versteckten Ort geführt haben, denn die Notwendigkeit dämpfte seinen Zorn, der unbezähmbar schien. Die Miene spöttischer Unverzagtheit, die bei Pepe offen hervortrat, ließ ihn außerdem das Dringende einer Übereinkunft fühlen, und er zog, die Hand unter dem Mantel, von einem Finger einen kostbaren Ring und reichte ihn dem Soldaten. »Da, nimm, und mach, daß du fortkommst!« sagte er zu ihm.
    Pepe nahm, prüfte ihn und zögerte. »Bah, ich will es wagen und ihn für vierzig Unzen annehmen. Jetzt bin ich taub, stumm und blind.«
    »Ich rechne darauf!« sagte der Unbekannte kalt.
    »Beim Leben meiner Mutter«, antwortete Pepe; »da es sich nicht um Schmuggelei handelt, so will ich Euch gut unterstützen. Denn Ihr seht wohl ein, daß ich in meiner Eigenschaft als Grenzjäger nicht sehen darf, wie man schmuggelt, und selbst schmuggeln – niemals!«
    »Laß es gut sein; du kannst dein furchtsames Gewissen darüber ganz beruhigen«, erwiderte der Unbekannte mit einem bitteren Lächeln. »Bewache dieses Boot bis zu unserer Rückkehr; ich folge meinen Leuten. Nur – was sich auch ereignen möge, was du auch sehen magst, wie lange wir auch fortbleiben mögen – sei, wie du sagst, stumm, taub, blind und geduldig.« Während der Fremde diese Worte sprach, sprang er aus dem Boot ans Ufer und verschwand hinter der Biegung des Hohlwegs. Nachdem er sich nun allein befand, betrachtete Pepe im Mondlicht den Diamanten, der in den Ring eingelassen war, den er dem Unbekannten abgenötigt hatte. Wenn dieser Edelstein nicht falsch ist, dachte er, braucht mich die Regierung niemals zu bezahlen, es liegt mir nichts mehr daran; inzwischen aber will ich von morgen ab anfangen, teufelsmäßig nach meinem Gehaltsrückstand zu schreien. Das wird einen guten Effekt machen.

2 Der Alkalde und sein Schreiber
    Niemand erfuhr, wie lange Pepe in Erwartung der Rückkehr des Fremden auf seinem Posten geblieben war. Jedenfalls, als der Hahnenschrei sich hören ließ und die Morgendämmerung den Horizont zu lichten begann, war die kleine Bucht der Ensenada vollständig vereinsamt.
    Jetzt schien das Leben im Dorf wieder zu erwachen. Undeutliche Schatten zeichneten sich auf den steilen Fußpfaden ab, die zur Mole hinunterführten. Die von den Wellen geschaukelten Schiffe wurden von ihren Seilen losgemacht, und das erste Tageslicht beleuchtete die Abfahrt der Fischer. Kaum waren einige Minuten vergangen, so war die kleine Flotte im Morgennebel verschwunden, und Frauen und Kinder erschienen auf den Türschwellen und verschwanden dann wieder. Das einzige von den armseligen Wohnhäusern des Dorfes, das seine Läden noch nicht dem Licht des Morgens geöffnet hatte, war das des Alkalden von Elanchove, von dem wir schon gesprochen haben.
    Es war heller Tag, als ein junger Mann mit einem abgenutzten, schmutzigen Hut, der an verschiedenen Stellen wie lackiertes Leder glänzte, auf dieses Haus zuschritt. Eine Hose, die so kurz war, daß man sie eine Kniehose hätte nennen können; so eng, daß sie wie ein Regenschirmfutteral aussah; und so abgenutzt, daß sie auch in den Hundstagen nicht zu warm gewesen wäre, schützte seine Beine nur mangelhaft vor der scharfen Kälte eines Novembermorgens.
    Dieser junge Mann klopfte an die Tür des Alkalden. Sein Gesicht war kaum zu sehen; er trug einen jener kleinen Mäntel von langwollenem, grobem Tuch, die man »Esclavina« nennt, und dieser reichte ihm bis an die Augen. Nach der parteiischen Art und Weise, mit der er bei der ungleichen Teilung, zu der ihn die Winzigkeit dieses Mantels nötigte, seine Beine auf Kosten seines Oberkörpers unbedeckt ließ und den höheren Teil seiner Person bedachte, schien er vollständig mit seiner Hose zufrieden zu sein.
    Aber der Schein ist sehr trügerisch. In Wirklichkeit ging der Traum dieses Burschen, dessen falsche Augen, elendes Ansehen und ein gewisser Geruch nach altem Papier den Escribano Sachwalter verrieten, auf den Besitz eines Pantalons, der ganz verschieden war von dem seinigen: nämlich auf eine lange, weite und kernhafte Kleidung. Ein Pantalon, der diese drei Eigenschaften in sich vereinigte, schien ihm gegen die Leiden des Lebens eine undurchdringliche Hülle, gegen das Unglück ein unverletzliches Asyl zu sein. Dieser junge Mensch war die rechte Hand des Alkalden; sein Name war Gregorio Cayatinta.
    Bei dem bescheidenen Schlag mit dem hörnernen Schreibzeug, das er kreuzweise

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