Der Weg der Helden
eine Gruppe von Soldaten an der Backbordreling saßen und zu den Lichtern hinaufstarrten, die überall auf dem Schiff aufgeflammt waren. Die Männer waren Vagaren, die noch nie eine Schlange unter voller Energie erlebt hatten. Talaban rief Methras zu sich. Der Mann machte eine tiefe Verbeugung. Er war ein großer, schlanker Krieger, mit blondem, schütterem Haar. Trotz der strengen Rassengesetze gab es viele Anzeichen dafür, dass Methras Avatarblut in den Adern hatte. Er war hochintelligent und der beste Vagar-Korporal, den Talaban je kennengelernt hatte. Das alleine hätte zwar Talabans Argwohn nicht geweckt, aber der Mann war außerdem beidhändig, und diese Eigenschaft unterschied die Avatar von allen anderen Rassen. Sämtliche Avatar besaßen diese Eigenschaft und die damit gekoppelte Fähigkeit, gleichzeitig mit beiden Händen an zwei verschiedenen Aufgaben arbeiten zu können. Talaban hatte diese Fertigkeit seines Korporals allerdings niemandem gegenüber erwähnt. Ansonsten hätte er damit möglicherweise die Beamten des Konzils alarmiert und damit das Leben seines Untergebenen in Gefahr gebracht.
» Welch ein wundervoller Anblick, Herr.« Methras deutete auf die Lichter.
» Allerdings, sehr schön«, stimmte Talaban zu. » Hol Äxte und Sägen aus dem Lagerraum und befreie das Schiff von diesen verdammten Masten.«
» Von den Masten befreien, Herr? Mitsamt Segeln und Takelage?«
» Mit allem Drum und Dran.«
» Ja, Herr«, erwiderte Methras mit unüberhörbarer Skepsis.
» Keine Angst.« Talaban lächelte strahlend. » Die Schlange wird ohne sie schneller segeln. Und ich verspreche dir außerdem, dass auf unserer Rückreise niemand mehr wegen des Schaukelns Übelkeit verspüren wird.«
Talaban kehrte in seine Kabine zurück. Mondstein wartete bereits auf ihn. Der Stammesmann saß mit angespanntem Gesicht auf dem Boden und blickte ihm furchtsam entgegen. » Was ist los?«, erkundigte sich Talaban.
» Nichts, nichts los«, erwiderte Mondstein. » Mir ist gut. Bin sehr stark.«
Talaban trat an den Schreibtisch, setzte sich auf seinen Stuhl und bedeutete Mondstein mit einer Geste, aufzustehen und sich auf den Stuhl ihm gegenüber zu setzen. Der Stammesmann gehorchte. » Sprich«, meinte Talaban dann. » Ich sehe dir an, dass du dir wegen irgendetwas Sorgen machst. Ist es der Tod dieses Seemannes?«
» Nein. Dämonenlicht. So hell«, gab Mondstein zu. » Keine Flamme. Wie kleine Sonnen in Glas.« Als die Lichter aufgeflammt waren, hatte Mondstein aufgeschrien– was er niemandem gegenüber zugeben würde. Er hatte auf dem Boden gesessen, war jedoch voller Panik hochgesprungen. Dann war er zur Tür gerannt, hatte sie aufgerissen, war in den Gang dahinter gestürmt und… hatte feststellen müssen, dass die Glaskugeln dort ebenfalls mit Licht gefüllt waren. Sein Herz hatte gehämmert wie eine Kriegstrommel, und er hatte kaum Luft holen können. Dann war ein Seemann durch den Gang gekommen, ganz offenbar unbesorgt wegen des Dämonenlichtes. Er hatte Mondstein angegrinst und war einfach an ihm vorbeigegangen.
Immer noch zitternd war der Anajo in die Kajüte zurückgekehrt. Er hatte sich zusammengerissen, war an eine Kugel herangetreten und hatte sie angestarrt. Das hatte ihm Kopfschmerzen bereitet und ihn eine Weile fast geblendet. Schließlich war er auf den Teppich in der Mitte des Raumes zurückgekehrt, hatte sich mit geschlossenen Augen dort hingehockt und auf Talabans Rückkehr gewartet.
» Es ist nichts Dämonisches daran, mein Freund. Und es ist ganz zutreffend, wenn du sie kleine Sonnen nennst, denn genau das sind sie. Die Macht der Sonne, eingefangen in einem Glas.«
» Wie fangt ihr Sonne?« Mondstein bemühte sich, sein Interesse nicht zu deutlich zu zeigen.
» Alles fängt das Sonnenlicht«, sagte Talaban. » Jedes Lebewesen. Wir alle werden durch die Macht der Sonne geboren, jeder Mann, jede Pflanze. Wir tragen das Sonnenlicht in uns.« Mondstein sah ihn skeptisch an. Talaban stand von seinem Schreibtisch auf, trat an ein Regal auf der anderen Seite des Raumes und nahm ein Glas mit Zucker herunter. Er öffnete den Deckel, streckte die Hand hinein und holte eine Handvoll von den weißen Körnern heraus. Die warf er in den Feuerkorb. Sofort loderten Flammen auf. » Selbst der Zucker enthält Sonnenlicht. Die Kohlen setzen es frei und verwandeln es in Energie. Die Kohlen selbst waren einst Bäume und gleichfalls mit Sonnenlicht erfüllt. Wenn wir sie anzünden, befreien wir es, damit es zu
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