Der Weg des Feuers
Prophet wollte etwas Ordnung in dieses Chaos bringen und eine Art Armee aufstellen, die eine Bedrohung für Sesostris darstellen sollte. Deshalb musste er mehrere Stämme im Namen des
Widerstands gegen die Besatzungsmacht und für die Befreiung Kanaans verbünden, auch wenn dieses Land auf lange Sicht ohne den ständigen Beistand Ägyptens nicht überlebensfähig war.
Eine junge Asiatin betrat das Zelt. Wer hätte beim Anblick dieser unwiderstehlichen dunkelhäutigen Schönheit mit ihren verheißungsvollen Augen Verdacht geschöpft?
Doch der Prophet hatte ihr Blut mit seinem vermischt, sich an ihr vergangen und sie so zur Königin der Nacht gemacht –
einer gefährlichen Waffe, die er im geeigneten Augenblick einzusetzen gedachte.
»Zeig her.«
Gehorsam reichte die hübsche Bina ihrem Herrn eine verschlüsselte Nachricht, die er aufmerksam las.
»Wichtige Nachrichten?«
»Hör endlich auf, Fragen zu stellen, und begnüge dich damit, mir blindlings zu gehorchen!«
Die junge Frau verneigte sich.
»Lass Dreizehn kommen.«
Der Knabe erzählte gerade ausführlich von seinen Heldentaten und erntete damit großen Erfolg. Dem Einzigen, der sie ihm madig machen wollte, einem mürrischen, misstrauischen Bauern, gab er eine sehr überzeugende Antwort, indem er sein Messer in dessen rechten Fuß bohrte. Ohne sich weiter um das Schicksal dieses lächerlichen Kerls zu kümmern, dessen Schmerzgeheul die versammelte Zuhörerschaft zum Lachen brachte, beschäftigte sich Dreizehn mit der Verteilung der Lebensmittelvorräte, die die Karawane mit sich geführt hatte.
Ein Gespräch mit dem Propheten unter vier Augen konnte sein Ansehen nur steigern.
»Irgendwelche Zwischenfälle, Dreizehn?«
»Nein, Herr, nichts dergleichen! Inzwischen zollt man mir Respekt.«
»Dann beten wir jetzt gemeinsam. Wiederhole die Beschwörungsformeln, die den Pharao treffen sollen.«
Der Junge träumte davon, den Tyrannen töten zu dürfen, und betete voller Inbrunst.
Als sie ihre Gebete beendet hatten, funkelten die roten Augen des Propheten, und Dreizehn hing willenlos an seinen Lippen.
»Wenn wir das Ziel erreichen wollen, das Gott uns gesetzt hat, müssen wir den Ungläubigen den Tod bringen. Das werden leider viele nicht verstehen. Du aber wirst dich dieser überaus wichtigen Aufgabe als würdig erweisen. Was ich dir jetzt auftragen werde, wird dir seltsam vorkommen, doch du sollst deinen Auftrag erfüllen, ohne dir Fragen zu stellen. Nur so hast du Erfolg.«
»Darf ich dafür auch mein Schwert gebrauchen, Herr?«
»Das wird sich nicht vermeiden lassen, mein Kind.«
2
Ganz allein lustwandelte der Königliche Sohn Iker durch den üppigen Palastgarten in Memphis. Jeder Außenstehende musste annehmen, dass dieser vornehme junge Mann sich gerade etwas Ruhe vor einem bevorstehenden Empfang gönnte, bei dem ihn alle wegen seiner soeben erfolgten Ernennung beglückwünschen würden und sich seine Gunst sichern wollten. Hatte dieser kleine Schreiber aus der Provinz denn etwa nicht eine glänzende Laufbahn ohne irgendwelche Hürden vor sich?
Mit der Wirklichkeit hatten diese Vorstellungen allerdings reichlich wenig gemein!
Iker setzte sich unter den Granatapfelbaum, den Zeugen seiner Liebeserklärung an Isis, einer Priesterin aus Abydos, in die er seit ihrer ersten Begegnung heftig verliebt war. Sie hatte ihm allerdings kaum Hoffnungen gemacht, als sie sagte:
»Einige meiner Gedanken werden bei Euch bleiben und Euch nicht mehr verlassen.« Freundschaftliche Worte, Ausdruck ihres Wohlwollens vielleicht – weiter nichts. Doch das Bild der schönen jungen Frau, deren unsichtbare Gegenwart ihn schon aus einigen Gefahren gerettet hatte, ließ Iker nicht mehr los. Wie sollte er nur fern von ihr weiterleben?
Dabei wusste er, dass er sie wahrscheinlich nie Wiedersehen würde, denn schon bald musste er mit einem wichtigen Auftrag ins syrische Palästina aufbrechen: Er sollte sich unter falschem Namen bei den Widerstandskämpfern in Kanaan einschleichen und sich als ein Anhänger von ihnen ausgeben, um das Versteck ihres Anführers, Amu, ausfindig zu machen, der auch der Prophet genannt wurde. Diese entscheidenden Hinweise musste er dann irgendwie an die ägyptische Armee und die Sicherheitskräfte weiterleiten, damit diese endlich hart gegen die Aufständischen durchgreifen konnten.
Dieser Prophet schien kein gewöhnlicher Aufrührer zu sein. Er war verantwortlich für eine wahre Verschwörung der Kräfte des Bösen und hatte den Lebensbaum,
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