Der Weg des wahren Mannes
nicht der Endpunkt. Die Nebenwirkungen dieser Tendenz zur sexuellen Gleichheit tragen massiv zu der heutigen Unzufriedenheit in intimen Beziehungen bei. Der Trend zum Fifty-fifty führte zwar zu finanzieller und gesellschaftlicher Gleichheit, gleichzeitig aber auch zu sexueller Neutralität. Die Bankkonten sind gedeckt und die Leidenschaft verpufft. Die Männer sind keine kompletten Machos mehr, doch die Gewalttätigkeit in Film und Fernsehen nimmt täglich zu. Die Frauen haben zwar mehr Kontrolle über ihr finanzielles Schicksal, laufen aber auch aufgrund von Stressbeschwerden zunehmend zu Psychothe-rapeuten und Ärzten. Was ist los?
In meinen Seminaren und Beratungen beklagen sich unabhängige und erfolgreiche Frauen, die heutigen Männer seien zu ›Waschlappen‹ geworden – zu schwach und zu ambivalent, um ihr Vertrauen zu verdienen. Und sensible, zugewandte Männer beklagen sich, die heutigen Frauen seien zu ›Mannsweibern‹ geworden – zu verhärtet und emotional beherrscht, als dass man sich ganz auf sie einlassen könnte. Ist das der höchste menschliche Ausdruck sexueller Weisheit und Entwicklung, oder gibt es noch einen weiteren Schritt? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir das Wesen sexueller Leidenschaft und spiritueller Offenheit verstehen. Sexuelle Anziehungskraft basiert auf der Polarität der Geschlechter, der Kraft der Leidenschaft, die einen Bogen zwischen dem männlichen und dem weiblichen Pol spannt. Alle natürlichen Kräfte strömen zwischen zwei Polen. Der Nord- und Südpol der Erde erzeugen eine magnetische Kraft. Der positive und der negative Pol Ihrer Steckdose oder Autobatterie erzeugen elektrischen Strom. Auf dieselbe Weise erzeugen der maskuline und der feminine Pol zwischen zwei Menschen den Strom der sexuellen Gefühle und Empfindungen. Das ist die sexuelle Polarität. Diese zwischen dem maskulinen und dem femininen Pol strömende Anziehungskraft entspricht der Dynamik, die in modernen Beziehungen so oft verloren geht. Wenn Sie sich nach wahrer Leidenschaft sehnen, müssen Sie ein hinreißender Liebhaber und eine hingerissene Geliebte sein; ansonsten sind da nur zwei Kumpel, die sich entscheiden, ins Bett zu gehen und ihre Geschlechtsteile aneinanderzureihen.
Jeder von uns, ob Mann oder Frau, besitzt innere maskuline und innere feminine Anteile: Männer können Ohrringe tragen, einander zärtlich umarmen und voller Ekstase in den Wäldern tanzen. Frauen können einen Ölwechsel machen, politische und finanzielle Macht aufbauen und sich im Boxring gegenüberstehen. Männer können sich um ihre Kinder kümmern. Frauen können für ihr Land kämpfen. Wir haben das bewiesen. Fast jeder kann in jedem Augenblick die männliche oder die weibliche Energie in sich aktivieren. (Obwohl man auch eine starke Vorliebe für die eine oder die andere hegen kann. Ich komme gleich darauf zurück.)
Man könnte die derzeitigen Fifty-fifty-Beziehungen der zweiten Phase so zusammenfassen: Wenn Männer und Frauen selbst in intimen Momenten an einer politisch korrekten Gleichheit festhalten, geht die sexuelle Anziehungskraft verloren. Ich meine damit nicht nur den Wunsch nach Geschlechtsverkehr, nein, die gesamte Beziehung verliert an Saft und Kraft. Die Liebe kann so stark sein wie zuvor, die Freundschaft kann so stark sein wie zuvor, aber die sexuelle Polarität verblasst – es sei denn, der eine Partner ist in Augenblicken sexueller Nähe bereit, den maskulinen Pol auszuspielen und der andere den femininen. Sie müssen die maskulinen und femininen Unterschiede beleben, wenn Sie auf dem Spielfeld sexueller Leidenschaft am Ball bleiben wollen. Das gilt für homosexuelle ebenso wie für heterosexuelle Beziehungen. Tatsächlich sind sich Schwule und Lesben sehr bewusst, dass die sexuelle Polarität nicht vom Geschlecht abhängt. Aber auch sie brauchen zwei Pole, um das leidenschaftliche Spiel der Sexualität in ihren Beziehungen zu erhalten: männlich und weiblich, oben und unten, Geben und Nehmen – wie immer man diese sich ergänzenden Rollen im sexuellen Spiel nennen will.
Es liegt an Ihnen: Sie können eine langjährige Freundschaft mit einem Menschen haben, der Ihnen gleicht, aber wenn Sie eine starke sexuelle Polarität wünschen, brauchen Sie einen Partner, der maskuliner oder femininer ist als Sie. Es kommt nicht darauf an, ob beide Partner Männer oder Frauen sind. Es macht keinen Unterschied, ob in einer heterosexuellen Beziehung der Mann die feminine Rolle oder die Frau die
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