Der weisse Neger Wumbaba
Schulze« begraben. Die kleine W konnte nicht ahnen, was wir Erwachsenen wissen, dass nämlich
»Rentier« ein dem Französischen entlehntes Wort ist und (jedenfalls früher, der Begriff ist ja nicht mehr en vogue ) 20
einen Mann bezeichnet, der nicht von seiner Arbeit, sondern von Kapital- oder Pachtzinsen lebt.
Sie dachte, dort liege wirklich und wahrhaftig ein Rentier begraben, wie es der Nikolaus vor den Schlitten spanne.
Und dann hieß es auch noch Schulze!
Übrigens ist ja nicht nur der Rentier als Begriff kaum noch gebräuchlich, sondern auch das »Fräulein«. In jenen Zeiten aber, als man Verkäuferinnen noch mit »Fräulein«
ansprach, verlebte Herr F. aus Eichstetten seine Kindheit und fragte sich, warum die Mutter die beiden Bedienungen im Schreibwarenladen immer mit »Freun« anredete.
»Schließlich blitzte eines Tages in mir die Erkenntnis auf, dass es sich um eine gebräuchliche Abkürzung für
›Freundin‹ handeln müsse, da die beiden Verkäuferinnen in dem Laden offensichtlich gut miteinander befreundet waren und also jede mit Fug und Recht als die Freundin der anderen angesprochen werden konnte.«
Nun haben wir es bei all diesen Beispielen mit Texten aus der Welt der Erwachsenen zu tun, die Kindern eben mit Fug und Recht rätselhaft sein können. Der Zuschrift von Frau H. aus München aber entnehme ich, dass auch Texte, die explizit für Kinder bestimmt sind, ihnen manchmal vollkommen unverständlich bleiben. Frau H. teilte mit, eine Freundin habe jahrelang beim Titellied der Sesamstraße verstanden:
»Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Verdis Pappkarton.«
Richtig heißt es bekanntlich:
»Wer nicht fragt, bleibt dumm.«
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Die Freundin hat tatsächlich doch irgendwann gefragt.
Und hat die Wahrheit erfahren. Da war sie aber schon erwachsen.
Gerade hatte ich dieses Missverständnis veröffentlicht, da erreichte mich auch schon die Post von Herrn D. aus Hamburg, der schrieb, für ihn habe als Kind die zweite Zeile nicht »Wieso, weshalb, warum?« gelautet, sondern:
»Die Sowes hallt herum!«
Weiter schrieb D.: »Nie verständlich wurde mir allerdings, um wen es sich bei dieser ominösen Person namens Sowes handeln könnte, und erst recht nicht, warum sie denn offenbar so gern herumhallt… Tragischerweise bin ich dann aber auch nie der direkt anschließenden Auffor-derung ›Wer nicht fragt, bleibt dumm‹ nachgegangen (die ich ja, im Gegensatz zur Freundin von Frau H., immer korrekt verstanden hatte). So kam es, dass ich meine gesamte Kindheit über zwar nie an den Weihnachtsmann oder den Klapperstorch, sehr wohl aber an eine herum-hallende Frau Sowes geglaubt habe.«
Der krasseste Fall von Missverständnis des Sesamstra-
ßen-Liedes (das offensichtlich von überhaupt niemandem wirklich richtig verstanden wurde) ereignete sich aber im Leben von Frau E. aus Wuppertal, die immer hörte:
»Bär, bie, bass?
wie suweseit, warum?«
Frau E. schrieb, sie habe natürlich trotzdem mitgesungen,
»im Alter von sechs bis acht scheint die Welt für ein Kind ohnehin so dermaßen rätselhaft zu sein, dass man sich einfach damit zufrieden gibt, es werde wohl Englisch sein.«
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Ungleich dämlicher als die Sesamstraße, doch bei
Kindern nicht unbeliebt ist Benjamin Blümchen, ein kleiner, gutherziger, politisch extrem korrekter Elefant mit Mütze. Im Titellied seiner Sendung heißt es anscheinend so etwa: »…und liegt gerne in der Sonne, um ihn rum, da schwirren Bienchen«, ein Satz, nun ja, der eben so ist wie die ganze Serie, den aber Leserin K. durch Verhören dahingehend verbesserte, dass er bei ihr hieß: »…und im Brumm der schwirren Bienchen«. Das lässt sich schon eher hören.
K. musste 22 Jahre alt werden, um die Wahrheit zu
erfahren. Da saß sie mit Freunden beisammen, und »als wir auf Benjamin Blümchen zu sprechen kamen, habe ich voll Begeisterung vom Titellied mit seinen onomatopoetischen Wortneuschöpfungen ›Brumm‹ und ›schwirren‹ als Adjek-tiv geschwärmt. Als sich mein Irrtum aufklärte, war das natürlich ein ziemlicher Lacher. Es hat sich herausgestellt, dass einige meiner Freunde die Stelle auch nicht richtig verstanden hatten, sich aber darüber nie Gedanken gemacht haben, einer hat beim Titellied sogar immer vorgespult.«
Irgendwie versteht man ihn. Aber er blieb halt sein Leben lang um ein paar schöne Wörter ärmer.
Apropos Wortschöpfungen: Herr B. aus Gröbenzell
schrieb mir einmal, er habe das berühmte Lied Muss i denn, muss i
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