Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
berühmte französische Sänger Maurice Chevalier patriotische Lieder zum Besten geben.«
»Patriotische Lieder?«
»Sie sind auf antirevolutionäre Aussagen gründlich durchforstet und entsprechend zensiert worden, Stellvertretender Führer. Er wird drei Lieder singen, harmlose Schnulzen über die Liebe und junge Frauen, die Monsieur offensichtlich sehr am Herzen liegen. Anschließend folgen zwei Reden. Die erste wird der Große Führer halten, um zu geloben, dass das ForthRight das Medi vor den Feinden des Friedens und der Freiheit schützen und dem Medi helfen wird, das Übel des Nicht-UnFunDaMentalismus zu bekämpfen. Die zweite CitiZen Robespierre …« Havelock zögerte.
»Gibt es ein Problem?«
»CitiZen Robespierre weigert sich, den Rat der Checkya Propagandaabteilung zu beherzigen, was den Inhalt und vor allem die Länge seiner Rede angeht. Scheinbar glaubt er, als Oberster CitiZen habe er die Macht, sich über unseren Rat hinwegsetzen zu können. Als ich ihm eröffnete, er sei nur Titular-CitiZen wurde er pampig.«
»Zum Teufel mit ihm. Irgendwas Anstößiges in seiner Rede?«
»Nicht per se, Stellvertretender Führer, aber sie ist zu schwülstig und sterbenslangweilig. Zudem musste ich ihn drängen, die nuJus härter ranzunehmen.«
»Dann ist nichts dagegen zu sagen. Die Menschen werden sehen, wie inkompetent und aufgeblasen ihr alter Führer im Vergleich mit dem neuen ist. Die Rede des Großen Führers wird als ein Meisterstück an Kürze und Effizienz im Gedächtnis bleiben. So, und was ist nach den Reden geplant?«
»CitiZen Robespierre wird um den Anschluss ans ForthRight bitten, und dann unterzeichnen der Große Führer und er eine entsprechende Erklärung. Danach wird CitiZen Robespierre in einer symbolischen Geste die drei Schlüssel der Stadtstaaten von Paris, Barcelona und Rom übergeben, die Sie, Stellvertretender Führer und Kopf der provisorischen Regierung des Freien UnFunDaMentalistischen Medi, zu Aufbewahrung entgegennehmen. Dann wird der Große Führer verkünden, dass damit das Medi offiziell ein Teil des ForthRight ist. Und noch während seiner Rede wird im Eichelturm, der nun in Reinhard-Heydrich-Turm umbenannt ist, eine pyrotechnische Schau entfacht, wie sie noch niemand in der Demi-Monde erlebt hat. Das Feuerwerk wird im ganzen Quartier Chaud zu sehen sein und als Symbol für die unangreifbare Macht und Stärke des ForthRight dienen.«
»Ist das Feuerwerk sicher?«
»Wir haben den größten Hersteller von Feuerwerken im Medi beauftragt, das Bureau de Feux d’Artifice. Ein durch und durch zuverlässiges Unternehmen. Die Installationen sind abgeschlossen, und der Turm wird rund um die Uhr bewacht.«
»Fabelhaft, Kamerad Kommissar. Wie es scheint, haben Sie Ihrem Organisationstalent wie üblich alle Ehre gemacht. Sie können mit einer entsprechenden Belohnung rechnen, wenn all diese Ereignisse so einwandfrei vonstattengehen, wie Sie es hier geschildert gaben.«
Kommissar Havelock salutierte ungemein erleichtert, machte auf dem Absatz kehrt und verließ Berias Amtszimmer. Er hatte noch eine Menge zu tun, und es gab einiges, was er doppelt und dreifach überprüfen wollte. Belohnt zu werden, wenn alles klappte, war etwas anderes, als belohnt zu werden, wenn etwas schieflief.
12.45: Pons Fabricus
Captain Jeremiah Greene beobachtete, wie die ForthRight-Ingenieure den ersten der mächtigen Krupp-Geschützmörser mit größter Vorsicht über die Pons Fabricus manövrierten. Es war eine heikle Aufgabe, da jeder dieser Mörser über zwanzig Tonnen wog. Sie waren eigens gebaut worden, um Venedig in Schutt und Asche zu legen. Zwar hatte Captain Greene als führender Offizier der Operation die Weitsicht gehabt, den Bauingenieur Kamerad Captain Banks vor der Überquerung zu konsultieren, und der hatte ihm versichert – obendrein schriftlich –, dass die Brücke das Gewicht halten werde, doch stimmte das Knarren und Ächzen Greene nicht gerade zuversichtlich.
Zentimeter um Zentimeter wurde der erste Mörser auf die Brücke geschleppt. Zu dem Gewicht des Mörsers kam noch das der riesigen Dampfraupe, die notwendig war, um das Ding zu ziehen. Während er am Ende der Brücke stand und zusah, wie die Raupe mit dem Anhänger, auf dem der Mörser ruhte, vorrückte, betete er inbrünstiger, als er jemals im Leben gebetet hatte. Er wusste, dass die alternative Route nach Venedig noch heikler war, vor allem, weil sie durch das Hubland führte. Bis zum TauTag blieben noch zehn Tage, trotzdem
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