Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
vier Hauptträger des Turmes anbrachte. Am Ende, als Burlesque dann auch noch mehr als vorsichtig die Zünder an den Feuerwerkskörpern befestigt hatte, war Rivets so erschöpft, dass er sich nicht merken konnte, was was war. Er wusste nur, dass die Zünder an den rechten Trägern fünf Sekunden vor denen an den linken Trägern gezündet werden mussten. Schließlich erbot sich Burlesque, die Zündschnüre zum Sprengmeister zu bringen und ihm die Reihenfolge zu erläutern.
Nach getaner Arbeit schien Burlesque ausgesprochen zufrieden mit sich selbst. Er gab Rivets sogar ein Bierchen aus, zur Feier des Tages, obwohl Rivets nicht klar war, was es eigentlich zu feiern gab.
33
Paris
Demi-Monde:
50. Tag im Frühling des Jahres 1005
Im Frühling 1005 waren die Blutreserven im ForthRight so stark dezimiert, dass es einen Moment lang aussah, als würde die Währung zusammenbrechen und die Hyperinflation die Wirtschaft vollständig lahmlegen. Kamerad Kommissar Horatio Bottomley war der Retter in der Not. Mit Hilfe eines großangelegten Schwindels zauberte er die RentenGuinee aus dem Nichts. Diese orientierte sich nicht – wie die Guinee – an Blut, sondern an Hypotheken, die von Ländereien und Besitztümern des Sektors sowie Obligationen auf die Fabriken und Maschinen des ForthRight gestützt wurden. Diese Deckungsart war zwar eine Schimäre, doch sie stabilisierte die Märkte und erlaubte Heydrich, die V-Waffen zu entwickeln, die er für einen Angriff auf Coven benötigte.
John Maynard Keynes: Geschichte der ForthRight-Finanzen, Verlag ForthRight
12.30 Uhr: Büro des Stellvertretenden Führers Beria im Élysée-Palast
Kommissar Peter Havelock – der zuständige Offizier der Checkya für Gegenspionage im Medi und Kommandant der Sicherheitskräfte für die Feierlichkeiten anlässlich des Anschlusses – war froh, dass die Gegenspionage braune Uniformen trug. Nie hatte er den Stellvertretenden Führer so aufgebracht erlebt, und beim Anblick des aufgebrachten Berias machte er sich in die Hose. Der Dreckskerl saß an seinem Schreibtisch und strahlte die Gelassenheit einer tickenden Zeitbombe aus.
»Sind all unsere Truppen in Paris?«, fragte Beria plötzlich.
»Etwa die Hälfte, Kamerad Stellvertretender Führer. Wir hatten Schwierigkeiten, genügend Kohle für die Dampfwagen aufzutreiben, die die Truppen und deren Ausrüstung transportieren sollten. Die Franzmänner haben sie versteckt.«
»Versteckt?«
»Jawohl, zuerst haben sich die Händler geweigert, ForthRight-Guineen anzunehmen, weil unsere Währung zu schnell an Wert verlor. Nachdem in Coven das Kohle-Embargo verhängt worden war, behaupteten sie, dass der Preis, den wir zahlen wollten, nicht dem tatsächlichen Wert eines ›derart knappen‹ Rohstoffs entsprach. Und dann verschwand die Kohle plötzlich vom Markt.«
Beria stieß einen langen, verzweifelten Seufzer aus, während er versuchte, sich vorzustellen, wie Kohle einfach verschwinden konnte. »Haben Sie an diesen Feinden der Revolution ein Exempel statuiert?«
»Jawohl, ich habe hundert von ihnen aufgeknüpft. Nur, wenn ich noch mehr aufknüpfe, wird niemand mehr übrig sein, um die wenige Kohle zu transportieren, die noch da ist.« Havelock wartete, bis Beria diese deprimierende Tatsache des Lebens verdaut hatte. Berias Neigung, jeden aufzuhängen, der die Besatzung boykottierte, war gänzlich außer Kontrolle geraten. Auf den Champs-Élysées baumelten bereits mehr als fünftausend solcher armen Teufel. »Fazit, Kamerad Stellvertretender Führer, die Hälfte unserer Dampfwagen-Regimenter steckt im Hub fest und wartet auf Kohle, die vom ForthRight herangekarrt werden soll.«
Havelock sah, wie Berias lebloser Blick auf den Kalender auf seinem Schreibtisch fiel und er dasselbe tat, was Havelock jeden Morgen machte: die Tage zählen, die noch bis zum TauTag fehlten, dem 60. Tag im Frühling, dem Datum, an dem die nanoBites im Hub ihren Winterschlaf beendeten. Alle Dampfwagenmannschaften, die am TauTag noch im Hub waren, taten gut daran, sich in der Kunst der Levitation zu üben.
Beria nahm sich einen Augenblick Zeit, um sich eine Zigarette anzuzünden, und Havelock staunte nicht schlecht, als er sah, dass seine Hand dabei ein wenig zitterte. Die Dinge mussten wirklich schlecht stehen, wenn der ansonsten so unerschütterliche Beria dermaßen nervös war.
»Meine Frage lautet, ob wir über genug Kohle verfügen werden, um die Dampfwagen am Tag des Anschlusses rollen zu lassen, Kamerad Kommissar.
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