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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Taylor ein bisschen geholfen.« Ich senkte die Stimme. »Falls er mir verzeiht.«
    »Das wird er sicher. Was Monica angeht, habe ich allerdings so meine Zweifel.«
    »Ja, sie hat einen starken Beschützerinstinkt.«
    »Das wissen wir nur zu gut.« Penelope stützte den leeren Einkaufskorb auf die andere Hüfte. »Wussten Sie, dass Patrick vor einigen Jahren verlobt war?«
    Die unberechtigte Eifersucht traf mich wie aus heiterem Himmel. »Wirklich?«
    »Es ist schlimm geendet. Die junge Frau hatte gleichzeitig noch einen anderen Freund. Monica hat es herausgefunden und musste es ihm sagen.«
    Ich dachte eigentlich, ich hätte den Gipfel des schlechten Gewissens erreicht, doch das war ein Irrtum gewesen. Kein Wunder, dass Monica mich hasste.
    Ich warf einen Blick zum Taxi. Das Fahrgeld war jetzt schon astronomisch hoch, da machte es auch nichts, wenn ich mich noch fünf Minuten mit Penelope unterhielt. »Ich muss Ihnen etwas erzählen. Ich habe auf der Farm ein Denkmal gefunden – ein Kreuz mit einem Namen darauf. Unter dem großen Eukalyptus beim Haus. Darauf steht ›Charlie‹.«
    Sie neigte den Kopf. »Tatsächlich?«
    »Wissen Sie etwas darüber?«
    Sie nickte langsam. »Möglicherweise. Wie Sie wissen, betreibe ich ein bisschen Heimatkunde. Es gab einen Viehtreiber – eigentlich war er sehr viel mehr als das –, der einige Jahre in Bligh gearbeitet hat. Er hieß Charlie Harris. Er war für sein großes Geschick bekannt und hatte immer gut zu tun. 1935 ging er von dort weg, und ich habe mich oft gefragt, was aus ihm geworden ist. Vielleicht hat er danach auf Wildflower Hill gearbeitet.«
    Jetzt wurde ich aufgeregt. »Ja! So muss es gewesen sein. Grandma konnte ihn auf der Farm gebrauchen, das kann ich mir vorstellen. Penelope, ich glaube, sie hat diesen Brief an ihn geschrieben. Sie wissen schon … den erotischen Brief.«
    Doch sie schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, meine Liebe. Immerhin waren das die Dreißigerjahre. Eine Beziehung zwischen den Rassen hätte sicher Unmut erregt.«
    »Zwischen den Rassen?«
    »Charlie Harris war Aborigine.«
    »Oh.«
    »Daher bezweifle ich, dass er ihr Geliebter war.«
    Doch da war das Denkmal vor ihrem Fenster. Ich war mir sicher, dass Penelope Sykes sich irrte.
     
    Es tat überraschend, beinahe erschreckend gut, die Tür von Wildflower Hill zu öffnen und meine Taschen abzustellen. Es roch vertraut nach Seifenpulver, Holz und Vergangenheit. Ich räumte die Lebensmittel in den Kühlschrank und setzte den Wasserkessel auf den Herd. Der Anrufbeantworter blinkte.
    Es war Mum. »Emma, wo um Himmels willen steckst du?«
    Sie klang besorgt. Nein, das war nicht das richtige Wort. Sie klang verängstigt und verletzlich. Mir wurde zunehmend bewusst, wie dumm diese Reise nach London gewesen war, wie viele Menschen ich damit gekränkt hatte. Meine arme Mutter. Ich rief sie sofort an.
    Und dann erzählte ich ihr alles: von Josh, London, der Erkenntnis, dass ich mich verändert hatte. Vor allem aber sagte ich ihr, dass ich sie liebte, denn das hatte ich in meinem Leben bei weitem nicht oft genug gesagt. Ich weinte, was mir peinlich war. Mum aber verhielt sich wunderbar und fand genau die richtigen Worte. Ich wusste nicht, weshalb ich sie so aus meinem Leben verdrängt hatte. Wir telefonierten noch, nachdem der Kessel längst gepfiffen hatte und wieder verstummt war, und schließlich erzählte ich ihr von Grandmas Geheimnissen: den Fotos, dem Pokerspiel, Charlie. Dann fragte ich, was sie davon hielt.
    Sie seufzte. »Ich weiß nicht, Emma, es klingt so gar nicht nach Mum, aber … sie war manchmal ziemlich unberechenbar.«
    »Beispielsweise als sie ihr ganzes Geld wohltätigen Organisationen vermachte?«
    »Genau.«
    »Doch warum sollte sie das alles geheim halten? Das verstehe ich nicht.«
    »Denk mal daran, was du mir gerade erzählt hast. Es war in den Fünfzigerjahren, und sie war mit einem bekannten Politiker verheiratet, hatte zwei kleine Kinder …« Sie verstummte traurig.
    »Es tut mir leid, Mum, eigentlich wollte ich es dir gar nicht erzählen. Ich wollte dich nicht mit Geschichten über heimliche Kinder durcheinanderbringen.«
    »Ich glaube, Beattie hat sich einmal verplappert. Ich habe oft daran gedacht.«
    »Und wie?«
    »Als ich mit dir schwanger wurde und sie nach ihrer ersten Schwangerschaft und Geburt fragte. Ich machte mir wohl Sorgen, suchte ein bisschen Zuspruch. Und sie erzählte mir, sie habe ihr erstes Kind zu Hause entbunden, schnell und natürlich.

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