Der Wolf
erneuten Schlag gegen Karen ansetzte. Brüllend packte der Böse Wolf Karen und schleuderte sie brutal gegen Jordan, so dass die jüngste Rote gegen ein gerahmtes Bild an der Wand schlug, das in Scherben zerbrach.
Der Wolf kämpfte. Er wusste jetzt, dass es eine Keule, ein Messer und eine Schusswaffe gab, die seine Frau im Griff zu haben schien. Das einzige Licht im Raum kam von der Taschenlampe, die nutzlos in eine Ecke gerollt war, so dass es weiterhin ein blindwütiger Kampf war, ein Hauen und Stechen ohne Sinn und Verstand. Es floss Blut, und im Gewirr der Schatten versuchte jeder, den Sieg davonzutragen und zu überleben.
Er wusste immer noch nicht, wer seine Gegner waren. Hätten sie ihm auch nur einen Moment Zeit zum Nachdenken gegeben, hätte er drei Gestalten, ausnahmslos Frauen, erkannt und zwei und zwei zusammengezählt. Doch die Schläge, die auf ihn niederprasselten, die Schmerzen in seinem Unterarm und der Schock des Überfalls mitten im Schlaf trübten ihm den Verstand. Der einzige klare Gedanke, den er fassen konnte, war der an sein Jagdmesser auf dem Schreibtisch unten im Arbeitszimmer – eine Chance, in dem ungleichen Kampf für Ausgleich zu sorgen.
Er stieß Karen zur Seite, so dass sie gegen dieselbe Wand geschleudert wurde, an der Jordan reglos lag. Dann stürzte er auf die beiden Gestalten zu – seine Frau und ein Schatten –, die um die Pistole rangen. Er warf sich auf das Knäuel von Armen, Beinen und Leibern, ohne zu wissen, welcher Körperteil zu wem gehörte, und drosch auf alles ein, was ihm unter die Finger kam.
In dem Wirrwarr hörte der Böse Wolf das deutliche Klappern der Waffe, die auf den Holzboden fiel. Er tastete danach, konnte sie aber nicht finden.
Im nächsten Moment wurde ihm brutal der Kopf zurückgezogen. Er spürte eine Klinge an der Kehle.
Wie aus der Ferne hörte er jemanden sagen: »Wenn du dich rührst, bringe ich dich um.«
Jordan stand mit gegrätschten Beinen über ihm und hielt mit einer Hand seine Stirn, mit der anderen das Messer, wie ein Bauer, der ein Tier fürs Abendessen schlachtete.
Sein erster Impuls war es, nach vorne auszubrechen. Der Druck der Klinge am Hals hielt ihn zurück.
Und dann klingelte das Telefon.
[home]
42
Z uerst wirkte das beharrliche Klingeln des Telefons absolut bizarr, ein Stück Alltäglichkeit in einer aus den Fugen geratenen Welt. Es setzte dem Kampf ein Ende, und wie in einem Kinderspiel erstarrten alle in ihrer Position.
Karen war die Einzige, die sofort begriff, wie brisant dieses Klingeln war. Es musste sich augenblicklich jemand melden. Es kam ihr keinen Moment in den Sinn, selbst abzunehmen.
Hastig hob sie die Taschenlampe in der Ecke, in die sie gerollt war, vom Boden auf und richtete dem Wolf den Strahl in die Augen. »Geh ran!«, brüllte sie. Das war unmöglich – er kniete neben dem Bett und konnte sich, von Jordan und ihrem Messer eingeklemmt, nicht rühren. Das Telefon stand auf einem Nachttisch an der gegenüberliegenden Wand. Mit jedem Klingeln wurde es schriller. Karen schwenkte ihre Lampe zu Mrs. Böser Wolf, die mit Sarah verknäult war. »Dann eben du!«, schrie sie. Sie hob bedrohlich die Keule, als wolle sie der Frau den Schädel einschlagen – was dem Zweck ihrer Drohung, das war ihr bei aller Panik klar, nicht dienlich gewesen wäre. »Das ist die Sicherheitsfirma. Geh an das verdammte Telefon!«
Sarah, die mit einem Schlag die Dringlichkeit begriff, riss Mrs. Böser Wolf hoch und schubste sie angewidert zum Telefon. Die Waffe, die im Kampfgetümmel halb unter einen Haufen Bettzeug gerutscht war, schien auf einmal nicht mehr so wichtig, doch Sarah nahm sie schnell an sich. Auch sie richtete ihre Waffe auf die Frau.
Mrs. Böser Wolf zögerte. Als sie das Messer sah, dessen scharfe Seite sich ihrem Mann in die Kehle drückte, riss sie entsetzt die Augen auf; den Revolverlauf, der auf sie gerichtet war, ignorierte sie. Der Wolf brachte ein angedeutetes Nicken zuwege, sie warf sich übers Bett und griff zum Hörer.
»Hallo?«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»Alpha Alarm Systems. Wir haben hier einen Fernalarm von Ihrem Haus. Sind Sie die Eigentümerin?«
Mrs. Böser Wolf stammelte, als sie gleichzeitig versuchte, Luft zu holen und zu sprechen.
»Ja, ja. Die Alarmanlage, ehm, was …«
»Ihre Alarmanlage zeigt an, dass bei Ihnen gewaltsam eingedrungen wurde.«
Sie hielt das Telefon ans Ohr, richtete den Blick jedoch auf ihren Mann.
»Eingedrungen?«
»Ja, ein
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