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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Krachen der hölzernen Übungswaffen, die gegen Rüstungen und Schilde hieben. Der Lärm war ohrenbetäubend. Das schlammige, von Pferdemist schmutzige Wasser reichte Sano bis zur Taille, als er im Sattel sitzend kämpfte, während die Tiere seiner Kameraden immer wieder gegen sein eigenes Pferd prallten. Sano dankte den Göttern, dass er stählerne Beinschienen trug. Er hieb mit dem Schwert nach einem Feind und warf ihn aus dem Sattel. Als ein anderer Gegner mit einer Lanze auf ihn losging, schlug Sano sie zur Seite. Der Mann verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Wasser. Beifall brandete auf.
    Die Zuschauer saßen auf einer Tribüne am Ufer des künstlich angelegten Sees oder beobachteten das Gefecht von den überdachten Wehrgängen der Mauern aus, von denen der Übungsplatz umschlossen wurde. Begeistert feuerten sie die Kämpfenden an und genossen den Wettstreit.
    Sano und seine Mitstreiter wussten, dass ein Turnier wie dieses kaum weniger gefährlich war als eine richtige Schlacht. Jedes Mal gab es Verletzte, manchmal sogar Tote. Aber gerade die Todesgefahr machte die Übungsschlachten für die Zuschauer so erregend.
    Bald wimmelte es im See von Soldaten, die aus dem Sattel gestürzt waren. Sie versuchten, sich über Wasser zu halten und nicht von den panischen Pferden getreten oder zwischen den Leibern der Tiere zerquetscht zu werden. Sano, der sich noch immer im Sattel hielt, wurde von einem wuchtigen Schwerthieb an der Schulter getroffen und fluchte in sich hinein. Während er die Hiebe des Angreifers parierte, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er mit dreiundvierzig Jahren vielleicht schon zu alt war für solche Turniere. Aber es war seine Pflicht, daran teilzunehmen, solange er körperlich noch dazu in der Lage war.
    »Halt!«, gellte eine Stimme.
    Augenblicklich endete die Schlacht. Die Soldaten zügelten ihre Pferde und hielten inne, als wären sie zu Stein erstarrt. Sano, der das Schwert mit dem Gegner gekreuzt hatte, blickte ebenso zum Ufer wie die Männer, die wassertretend im See schwammen. Alle waren in der Bewegung erstarrt.
    »Bleibt so!«, rief der Shōgun aus dem Innern eines Pavillons, der auf einer Anhöhe an einem Ende des Sees stand.
    Donner grollte, und aus dem verhangenen grauen Sommerhimmel begann es zu nieseln, doch niemand wagte es, sich zu bewegen.
    Shōgun Tokugawa Tsunayoshi, der Militärdiktator Japans, kniete an einem Tisch, auf dem Schreibzeug bereitlag: Papier, ein Tintenstein, eine Schale voll Wasser sowie Gefäße, in denen verschiedene Tuschepinsel steckten. Der Shōgun trug einen Kittel über seinen silbernen Gewändern, dazu die runde schwarze Kappe, die seinen Rang kennzeichnete. Blinzelnd betrachtete er die regungslos im See verharrenden Soldaten, dann ergriff er einen der Pinsel und fertigte mit raschen, groben Strichen eine Zeichnung an. Als Bewunderer der Künste versuchte der Shōgun sich auf dem Gebiet der Malerei, und Reitersoldaten gehörten zu seinen Lieblingsmotiven. Sano hatte einige Arbeiten des Shōgun gesehen; sie waren gar nicht so schlecht. Auf jeden Fall waren sie besser als seine Regierungsführung.
    »Das genügt!«, rief der Shōgun. »Macht weiter!«
    Sofort nahm die Schlacht ihren Fortgang, wilder und ungezügelter als zuvor. Obwohl Sano die verschiedensten Kampftechniken mit und ohne Waffe beherrschte, legte er es nicht auf Eleganz an; er wollte nur vermeiden, dass er aus Versehen eines lächerlichen Todes starb.
    In Edo, der Hauptstadt des Tokugawa-Regimes, lebten mehr als eine Million Menschen, darunter etwa einhunderttausend Samurai - viel zu viele Krieger, die in Friedenszeiten ohne Beschäftigung waren. Außerdem lag der letzte große Krieg fast ein Jahrhundert zurück, und die letzte nennenswerte Schlacht hatte vor sieben Jahren stattgefunden, als Fürst Matsudaira seinen Rivalen Yanagisawa Yoshiyasu besiegt hatte. Ein Streit zwischen Sano und Matsudaira im Jahr zuvor hatte mit dem Selbstmord des Fürsten geendet, ohne dass es zu einem Krieg gekommen wäre. Deshalb breiteten sich nun unter den kampfeslustigen Samurai Unzufriedenheit und Unruhe aus - und genau deshalb waren Turniere wie dieses so wichtig. Sie beschäftigten die Krieger und verschafften ihnen Gelegenheit, ihre Kampfkünste zu verbessern, die während der langen Zeit des Friedens eingerostet waren. Außerdem konnte sich in den Übungsschlachten ihre aufgestaute Kampfeslust entladen, die andernfalls zu Gewalttätigkeiten gegen die Bevölkerung und zu blutigen Kriegen unter

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