Der Zauber eines fruehen Morgens
Entscheidung getroffen hatte.
Doch damit war es nicht zu Ende, Belle. Als du mir geschrieben hast, wie schlimm es um ihn stand und dass es mit uns beiden aus war, wünschte ich wirklich, ich hätte ihn dort gelassen. Nicht, weilich dann dich bekommen hätte, sondern weil mir klar war, wie dein Leben in Zukunft aussehen würde. Ich habe so viele Ehefrauen und Mütter gesehen, die ihre verwundeten Männer und Söhne pflegen mussten, die Strapazen und die Armut, und nur zu oft ließen diese Männer ihre Verbitterung an ihnen aus. Hat sich Jimmy auch an dir abreagiert?«
Aus Loyalität zu Jimmy hätte Belle es gern geleugnet, doch ihr war klar, dass Noah es Etienne gegenüber erwähnt haben könnte. »Manchmal. Sagen wir einfach, er war nicht mehr der Mann, den ich geheiratet hatte.«
Beide schwiegen eine Weile.
Etienne brach das Schweigen. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir über uns und unsere Zukunft reden«, meinte er und ließ seine Hand verführerisch über ihr nacktes Bein gleiten.
»Du sagtest ›reden‹. Das ist etwas anderes«, tadelte sie ihn. »Womit willst du hier deinen Lebensunterhalt verdienen? Die Möglichkeiten sind ziemlich begrenzt.«
»Nur für einen Mann ohne Vorstellungskraft«, entgegnete er grinsend. »Ob fischen oder einen Bauernhof führen, ich kann einiges, und ich habe auch ein bisschen Geld. Ich meinte eigentlich, wann wir heiraten und wo wir wohnen sollen. Aber gehen wir doch ins Bett und unterhalten uns in aller Ruhe darüber!«
Bei Tagesanbruch wachte Belle auf. Etienne schlief tief und fest, eng an ihren Rücken geschmiegt, einen Arm um sie gelegt. Sie hatten sich die ganze Nacht hindurch geliebt, und Belle errötete tief, wenn sie an einige der erotischen Dinge dachte, die er mit ihr angestellt hatte. Sie hatte immer geglaubt, mehr über Männer und Sex zu wissen als andere Frauen, aber sie hatte sich geirrt. Die Liebe erhob Sex über die rein mechanischen Tricks hinaus, die sie in ihrem früheren Leben gelernt hatte, und verwandelte ihn in etwas unglaublich Schönes. Serge, der erfahrene Liebhaber, der in New Orleans angeheuert worden war, um sie in die Kunst der körperlichen Liebeeinzuführen, hatte mit seinem Können ihre Sinnlichkeit geweckt. Doch obwohl es eine erregende und befriedigende Erfahrung gewesen war, war es ohne Liebe nichtssagend und leer. Jimmy hatte ihr alles, was er besaß, an Liebe geschenkt und war vor dem Krieg ein enthusiastischer Liebhaber gewesen. Aber trotz ihrer Ermutigung, jede Scheu abzulegen, war er stets ein wenig gehemmt gewesen.
Etienne kannte derartige Hemmungen nicht. Er war heißblütig und verstand etwas von Frauen, war grob, wenn es angebracht war, und dann wieder sanft. Er hatte sie auf einem fliegenden Teppich ins Reich der Sinne und der Leidenschaft entführt, doch es waren die zärtlichen Momente, wenn er nur daran dachte, sie glücklich zu machen, die an etwas tief in ihrem Inneren rührten und sie zum Weinen brachten. Trotz all ihrer Erfahrungen hatte Belle noch nie so empfunden.
Jetzt war sie wund von der langen Liebesnacht, genau wie damals in Frankreich, aber es war ein gutes Gefühl. Vorsichtig, um Etienne nicht zu wecken, glitt sie unter seinem Arm hervor, schlüpfte in ihr Hemd und stahl sich aus dem Schlafzimmer.
Im Ofen glommen immer noch Holzscheite, und sie legte ein paar nach, bevor sie auf die Veranda hinaustrat. Am Horizont ging gerade die Sonne auf und warf goldene Strahlen durch den noch grauen Wolkenhimmel. Belles Kehle war wie zugeschnürt angesichts der Schönheit der Bucht mit dem gold gefleckten, silberblauen Wasser und dem Dunkelgrün der Bäume im Hintergrund.
Die Unberührtheit der Umgebung schien ihr zu sagen, dass das der Ort war, an den Etienne und sie gehörten. Schon bald nach ihrer Ankunft in Neuseeland hatte sie das Gefühl gehabt, dass es ein Land war, in dem Menschen mit Kraft, Entschlossenheit, Mut und Fantasie willkommen waren. Jetzt, mit Etienne an ihrer Seite, war sie davon überzeugt, dass ihr nichts unmöglich war, nicht einmal, sein Kind zur Welt zu bringen.
Als sie den Kopf wandte, sah sie, dass er hinter ihr stand, nur mit einem Handtuch bekleidet, das er um die Hüften geschlungen hatte. Sein Haar war zerzaust, und ein Bartschatten zeigte sich aufseinen Wangen. Die Narben auf Schulter und Oberschenkel würden eine ständige Erinnerung an die Gräuel des Kriegs bleiben, so wie die dünne Narbe auf seiner Wange von seiner weniger ehrenhaften Vergangenheit zeugte.
Auch Belle trug
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