Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)
Warum dieses Buch?
Seit 1990 beschäftige ich mich mit Wölfen und ihrem Schutz – sowohl als Herausgeberin des Wolf Magazins, als Mitgründerin und langjährige Vorsitzende der »Gesellschaft zum Schutz der Wölfe«, als Autorin von Fachbüchern und besonders als unabhängige Freilandforscherin von wild lebenden Wölfen in den USA. Ich liebe diese Tiere; ein Buch über Wolfsangriffe zu schreiben, scheint da auf den ersten Blick widersprüchlich. Schlage ich damit nicht gerade in die Bresche der Jäger und Geschichtenerzähler? Gebe ich so nicht den Wolfsgegnern Munition gegen den gehassten Vierbeiner?
Ich habe dieses Buch geschrieben, weil es besonders in der heutigen Zeit wichtig ist, ehrlich und realistisch über den Wolf aufzuklären. Bisher gibt es nur wenige Wolfsexperten, die bereit sind, die Fakten über Wolfsangriffe auf den Tisch zu legen. Und wir, die es tun, gelten als »Nestbeschmutzer«, während die Realität weiter geleugnet und verdreht wird, aus Angst, dass sich die Stimmung gegen den Wolf richtet. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass Ehrlichkeit der beste Weg ist, Wölfe langfristig zu schützen. Ein Leugnen spielt nur in die Hände der Anti-Wolf-Fraktion, die die Berichte von Wolfsangriffen oder anderen Vorfällen nutzen werden, um zu zeigen, dass wir Wolfsschützer absichtlich die Öffentlichkeit belügen. Die Gegner nutzten die Furcht vor dem Wolf, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Ehrlichkeit und Fakten über bekannte Angriffe, ihre Gründe und wie wir sie vermeiden, sind der beste Weg, dagegen zu kontern. Menschen haben weniger Angst, wenn man ihnen Wissen statt Gerüchte in die Hand gibt.
Deutschland ist wieder Wolfsland. Die Beutegreifer leben inzwischen in vielen Bundesländern: Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt. Hinzu kommen vereinzelte Tiere auf der Wanderschaft, die in Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein aufgetaucht sind.
Gleichzeitig werden weiterhin streng geschützte Wölfe widerrechtlich erschossen. Entweder man hat sie mit »wildernden Hunden verwechselt«, man glaubte, ein verletztes Tier »erlösen« zu müssen oder letztendlich mit dem Argument, sie seien »gefährlich« für die Bevölkerung. Unbekannt ist die Zahl der Wölfe, die nach dem Motto »Schießen, Vergraben, Schweigen« verschwinden.
Da nützt es wenig, wenn wir Wolfsschützer immer wieder mit dem gleichen abgedroschenen Spruch kommen, dass noch nie ein gesunder wilder Wolf einen Menschen angegriffen habe, denn dieses Argument lässt sich anhand von Fakten leicht widerlegen. Die Wahrheit ist, dass es durchaus Wolfsangriffe gegeben hat. Wichtig ist jedoch, zu verstehen, warum dies geschehen ist. Weiß man um die Gründe und Umstände, dann erkennt man auch, dass jede Angst vor dem großen Kaniden in den Wäldern und in der Nähe unserer Dörfer unsinnig ist und dass wir sehr gut mit Wölfen leben können.
Ich arbeite seit über 20 Jahren für den Schutz des Wolfes und habe alle Phasen der Furcht und Euphorie erlebt, die 2000 mit der offiziellen Rückkehr der Wölfe nach Deutschland ausbrachen. Erfreulich ist, dass in letzter Zeit eine Ära der Akzeptanz begonnen hat. Früher war es wichtig, überhaupt den Wolf zu schützen, über sein Leben und Verhalten aufzuklären und Druck auf die Regierung auszuüben, damit diese sich für Wölfe einsetzt. Heute hat sich unsere Zielsetzung verändert. Wir versuchen nicht mehr den Wolf zu »retten«, sondern mit ihm zu leben. Wir müssen ihn nicht mehr vor dem Aussterben bewahren, sondern in unsere Landschaft, unsere Heimat integrieren. Dazu bedarf es einer Vielfalt pragmatischer Lösungen auf echte Probleme, dort, wo Wölfe in Konflikt mit Menschen geraten. Es muss nicht jeder den Wolf lieben, aber es wäre ein erster Schritt, wenn wir seine Gegenwart als Teil unserer Landschaft und unseres Lebens akzeptieren.
Darum habe ich dieses Buch geschrieben – als aktiven Beitrag zur Aufklärung und zum Wolfsschutz. »Wolfsangriffe« ist kein wissenschaftliches Fachbuch. Vielmehr versucht es, auf verständliche Weise aufzuklären über die Ungefährlichkeit des Wolfes.
Meine eigenen Erfahrungen mit wild lebenden Wölfen beschränken sich auf 20 Jahre Freilandbeobachtungen in den USA und hier insbesondere im Yellowstone-Nationalpark (einschließlich mehrerer Nahbegegnungen in bis zu drei Meter Entfernung zu Wölfen). Daher muss ich darauf hinweisen, dass das Verhalten von Wölfen in Nordamerika (speziell in
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