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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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und deutete hinunter.
    Cargill blinzelte überrascht und pfiff leise durch die Zähne, als er das Haus betrachtete. Er hatte fest angenommen, daß Ann lediglich eine kleine Agentin, ein unwichtiges Rad im Getriebe war.
    Er kletterte aus dem Volor und sah sich das Haus näher an. Es gefiel ihm. Es war aus Stein gebaut, mit trutzigen Mauern, malerischen Erkern und hohen Türmen, die sich in den tiefhängenden Wolken zu verlieren schienen. Die Fenster waren schmal und spitz, und auch die mächtige Eisentür lief spitz zu. Ein breiter weißer Treppenaufgang führte zu ihr hinauf. Cargill schätzte den Wert dieses Landsitzes zu seiner Zeit auf gut eine Million Dollar.
    Fast ehrfurchtsvoll stieg er die Stufen hoch. In dieser Umgebung würde er sich zweifellos in den höchsten Kreisen bewegen.
    Ann Reece drückte auf die Glocke. Kurz darauf öffnete ein älterer Mann die Tür. »Willkommen zu Hause, Miß Ann«, begrüßte er die junge Frau.
    »Danke, Granger.« Ann bat Cargill einzutreten. Sie gingen durch einen langen hellen Korridor zu einem großen, kostbar aber bequem möblierten Raum. Direkt dem Eingang gegenüber befanden sich mehrere breite Terrassentüren. Wie gebannt ging Cargill darauf zu und war überrascht, daß sich die erste, die er probierte, ohne weiteres öffnen ließ. Er hatte eigentlich nur beabsichtigt, sich ein schnelles Bild der Umgebung zu machen. Aber was er sah, raubte ihm fast den Atem. Vor ihm, jenseits des Rasens, lag die Stadt. Vom Volor aus betrachtet, hatten die riesigen Luftkugeln ausgesehen, als hingen sie starr in der Luft. Doch jetzt erkannte er zu seinem Staunen, daß sie sich stetig bewegten wie Sterne auf ihren Bahnen, und wie Miniatursonnen warfen sie ihren strahlenden Schein über die Metropole.
    Mit schleppenden Schritten kehrte er in den Raum zurück. Jetzt spürte er, wie müde er war. Er hatte eine lange Zeit nicht mehr geschlafen. Erst der ganze Tag mit Lela im Schweber, dann die durchwachte Nacht, als sie unter Beschuß gestanden hatten, daraufhin die ganze Aufregung im Schattentherapieapartment – die Augenblicke der Angst, der Hoffnungslosigkeit, der Wut, das alles hatte an seinen Kräften gezehrt.
    Er sah, daß das Mädchen sein Gesicht beobachtete. »Ich lasse Ihnen etwas zu essen bringen, und dann gehen Sie schlafen. Ich sehe, wie müde Sie sind.«
    Cargill war zwar nicht hungrig, aber es wurde ihm nun bewußt, daß er seit vierundzwanzig Stunden auch nichts mehr gegessen hatte. Sicher brauchte sein Magen etwas. Als Ann Reece sich umdrehte, um aus dem Zimmer zu gehen, hielt er sie zurück. »Ich wollte Sie schon die ganze Zeit fragen. Was ist eigentlich mit Ihnen geschehen, als ich beim erstenmal davonrannte?«
    »Ich meldete es natürlich sofort. Eine halbe Stunde später wurde eine Zeitjustierung vorgenommen, und ich mußte das Ganze noch einmal machen.«
    »Eine – eine halbe Stunde später?« stotterte Cargill. Er war erschütterter, als er es sich anmerken ließ. Seine Vorstellung einer Zeitmanipulation war recht vage gewesen. Jetzt wurde ihm klar, daß sie offenbar für einzelne Personen gesondert vorgenommen werden konnte. Für Ann hatte es die drei Monate, die er im Schweber zugebracht hatte, überhaupt nicht gegeben! Für sie war die Zeit noch in der gleichen Nacht neu eingestellt worden. Die Leute, die den Zeitstrom regulieren konnten, hatten wahrhaftig eine ungeheure Macht in den Händen!
    Ann kam offenbar gar nicht auf den Gedanken zu fragen, wie es ihm ergangen war. Sie verschwand wortlos durch die Tür.
    Nach einer Weile brachte Granger ihm das Essen: ein dickes saftiges Steak, Kartoffeln in Folie, und als Nachspeise einen Bratapfel. Er aß mit Genuß und dachte dabei an sein erstes Mahl im Schweber und an Lela. Als er unerwartet hochsah, bemerkte er, daß Ann ihn amüsiert beobachtete. Es irritierte ihn. Sie hatte sich umgezogen und trug nun statt des kurzen Rocks ein langes, weichfallendes Kleid, dessen Blau sich kaum von der Farbe ihrer Augen unterschied. Es machte sie auch gleich viel jünger. Ihr Gesicht wirkte ein wenig spitzbübisch, aber auch abschätzend. Ihre Lippen waren voll und wohlgeformt, und ihre Haltung verriet ihr Selbstbewußtsein.
    »Sie erwähnten, ehe wir in den Volor stiegen, daß Sie mich erst ausbilden müßten«, sagte Cargill. »Was meinten Sie damit?«
    Ihr Gesicht wurde ernst, trotzdem klang ihre Stimme noch ein wenig amüsiert. »Sie sind die Schlüsselfigur. Ohne Sie gibt es keinen Krieg.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt!«

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