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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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sagte Cargill beißend. »Ich bin wohl jetzt so etwas wie ein General, hm?«
    »Das dürfte wohl nicht die richtige Bezeichnung sein.« Sie blickte ihn mit plötzlich funkelnden Augen an. »Wir haben die schreckliche Welt satt, die die Schatten für uns geschaffen haben.« Ihre Stimme klang nun hart und verbissen. »Überlegen Sie doch selbst! Sie verändern die Vergangenheit, damit die Menschen allmählich zivilisierter werden, damit sie ihre Neurosen überwinden – und den ganzen Unsinn. Es ist gegen die Natur, gegen die – Religion.«
    »Religion?« Cargill dachte an seine eigenen Überlegungen. »Glauben Sie an die Seele?«
    »Gott ist in jedem«, erwiderte sie.
    Das hörte er nicht zum erstenmal. »Das sagen die Leute alle, doch sie benehmen sich, als ob sie es nicht wirklich meinten. Aber nehmen wir einmal kurz an, daß es stimmt! «
    »Natürlich stimmt es.« Sie schien ein wenig verärgert. »Was soll das heißen, ›nehmen wir an‹?«
    »Ich meine, nehmen wir es als wissenschaftliche Tatsache an.«
    Sie schwieg. Ihre ganze Miene wirkte abwehrend. Cargill kannte diesen Ausdruck. Er war ihm schon oft begegnet, wenn die Menschen durch Glaubensfragen überfordert wurden.
    »Wissenschaftlich?« Es klang wie ein Schimpfwort.
    Cargill lachte. Er konnte nicht anders. Ihr Haus war mit »wissenschaftlichen« Geräten vollgestopft. Sie hatte ihn mit Hilfe einer Maschine gerettet, die nur dank der Wissenschaft zustande gekommen war und die selbst ihn, der aus einer wissenschaftlich-technisch orientierten Welt stammte, beeindruckte. Doch jetzt hatte er dieses Wort in einem Gedankengebiet verwendet, das tabu war. Er hörte zu lachen auf und sagte ernst: »Ich fange zu glauben an, daß ich der einzige bin, der es wirklich für möglich hält, daß es die Seele wahrhaftig gibt. Mein Bild von ihr ist vielleicht noch wundersamer als das jener, die nur aus Tradition an sie glauben und an das, wofür sie steht. Zuerst dachte ich, sie sei vielleicht ein Energiefeld in der Raumzeit, aber das würde das gewaltige Alter des physischen Universum nicht ganz in Betracht ziehen. So wie man mich herumgeschoben hat, läßt es die Zeit als einen erstaunlich unwichtigen Faktor dastehen. Es wäre einfach, aufgrund des angenommenen Alters des Universums, alle Religionen lächerlich erscheinen zu lassen. Aber das will ich gar nicht bezwecken. Ich glaube, daß all dieser Rauch sehr wohl von einem Feuer irgendwo kommt. Aber bis jetzt konnten wir nicht mehr erfassen, als ein oberflächlicher Blick auf die Wirklichkeit es gestattete. Was meinen Sie dazu?«
    »Ich lege keinen Wert darauf, mit Ihnen darüber zu diskutieren, Mr. Cargill«, sagte sie kalt. »Ihre kindischen Überlegungen sind zwar nicht gerade eine Beleidigung, denn Sie nehmen sie tatsächlich ernst, aber Sie mißachten Tausende von Jahren religiöser Überzeugung.«
    »Sie wollen damit sagen«, brummte Cargill, »zehntausend Jahre der untergründigen Bemühung, nicht zu wissen; zehntausend Jahre eines Glaubens, der gerade durch eine solche Einstellung aufgezwungen wurde – und nie ein williger Blick auf das, was tatsächlich existieren mochte. Ich jedenfalls beabsichtigte, einen Blick darauf zu werfen, und werde Sie auf dem laufenden halten.«
    Ann Reece lächelte grimmig. »Sie werden nicht viel Zeit für private Überlegungen haben. Sie werden viel zu beschäftigt sein, uns zu helfen, unsere Welt zu verändern.«
    Cargill starrte sie unter halbgeschlossenen Lidern an. Die Erinnerung, daß er für ihre Pläne benutzt werden sollte, brachte ihn in Wut. »Ihre Welt«, sagte er ätzend, »kennt sie auch Gerechtigkeit für das Individuum?«
    Ihre Lippen waren nur noch zwei Striche. »Es gibt lediglich einen Weg, die Welt zu ändern«, sagte sie. »Wir müssen uns der Schatten entledigen und die Schweber auf den Boden zurückholen, wo sie ein nützliches Leben führen können. Wenn wir das erst geschafft haben, wird es nicht lange dauern, bis wir wieder ein Industriestaat sind und all das produzieren können, was das Leben leichter und lebenswerter macht. Bis dahin besteht die Gerechtigkeit aus harter Arbeit.«
    Cargill warf einen spöttischen Blick auf den luxuriös ausgestatteten Raum. »Auch für Sie?« fragte er.
    Sie mußte ihn verstanden haben, denn sie errötete. »Ihre Vorstellung, daß Menschen mit großen Besitztümern nicht arbeiten, ist falsch.«
    Er zweifelte gar nicht daran, aber seine Einstellung war im Augenblick zu feindselig, als daß ihre Vision ihn beeindrucken

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