Der Zorn der Götter
heute war kein Copilot dabei. Nicht bei diesem Flug, dachte Reynolds grimmig.
Er hatte einen falschen Flugplan beim Kennedy Airport eingereicht. Kein Mensch käme auf die Idee, in Denver nach ihm Ausschau zu halten. Er wollte über Nacht bei seiner Schwester bleiben und sich am nächsten Morgen in Richtung Osten begeben, um sich mit den anderen zu treffen. Sämtliche Vorbereitungen zum Ausschalten von Prima waren abgeschlossen, und …
Ein eingehender Funkspruch riss ihn aus seinen Gedanken. »Citation eins-eins-eins Lima Foxtrot, hier ist die Flugleitung des Denver International Airport. Bitte melden.«
Gary Reynolds drückte auf die Sendetaste. »Hier Citation eins-eins-eins Lima Foxtrot. Bitte um Landeerlaubnis.«
»Eins Lima Foxtrot, geben Sie Ihre Position durch.«
»Eins Lima Foxtrot. Ich bin fünfzehn Meilen nordöstlich von Denver Airport. Höhe fünfzehntausend Fuß.«
Er sah den Pike’s Peak auf der rechten Seite aufragen. Der Himmel war hellblau, die Sicht klar. Ein gutes Zeichen.
Einen Moment lang herrschte Stille. Dann meldete sich wieder der Tower. »Eins Lima Foxtrot, Sie haben Landeerlaubnis auf Landebahn zwo-sechs. Ich wiederhole, zwosechs.«
»Eins Lima Foxtrot, Roger.«
Gary Reynolds spürte, wie das Flugzeug ohne jede Vorwarnung mit einem Mal durchsackte. Verdutzt blickte er aus dem Cockpitfenster. Ein starker Wind war aufgekommen, und innerhalb von Sekunden wurde die Cessna von heftigen Turbulenzen erfasst, die die Maschine herumschleuderten. Er zog das Handrad zurück und versuchte, Höhe zu gewinnen. Es war sinnlos. Er steckte mitten in einem rasenden Wirbelsturm. Die Maschine war völlig außer Kontrolle. Er hämmerte auf die Sendetaste.
»Hier Eins Lima Foxtrot. Ich habe einen Notfall.«
»Eins Lima Foxtrot, was ist mit Ihnen los?«
Gary Reynolds schrie jetzt ins Mikrofon. »Ich wurde von Scherwinden erfasst! Schwere Turbulenzen! Ich stecke mitten in einem verdammten Hurrikan!«
»Eins Lima Foxtrot, Sie sind nur viereinhalb Minuten vom Denver Airport entfernt, und unsere Bildschirme zeigen keinerlei Turbulenzen an.«
»Was eure Bildschirme anzeigen, ist mir egal! Ich sage euch …« Seine Stimme wurde mit einem Mal schrill. »Mayday! May …«
Erschrocken sahen die Lotsen im Kontrollturm, wie der Leuchtpunkt auf ihren Radarsichtgeräten verschwand.
Manhattan
In der Morgendämmerung scharten sich ein halbes Dutzend Zivilfahnder und Polizisten in Uniform am East River unweit von Pier siebzehn um eine vollständig bekleidete Leiche, die unter der Manhattan Bridge am Ufer des Flusses lag. Die Leiche war offenbar ins Wasser geworfen worden, sodass der Kopf im Gezeitenstrom hin und her pendelte.
Der verantwortliche Kriminalpolizist, Detective Earl Greenburg von der Manhattan South Homicide Squad, hatte den Fundort vorschriftsmäßig absichern lassen. Niemand durfte sich der Leiche nähern, bis die Polizeifotografen ihre Aufnahmen gemacht hatten. Jetzt machte er sich Notizen, während seine Mitarbeiter die Umgebung nach Spuren absuchten. Über die Hände des Opfers waren durchsichtige Plastiktüten gestülpt worden.
Carl Ward, der Gerichtsmediziner, beendete seine Untersuchung, stand auf und wischte den Schmutz von seiner Hose. Er wandte sich an die beiden Kriminalpolizisten. Detective Earl Greenburg war ein erfahrener, routiniert wirkender Mann mit einem eindrucksvollen Erfolgsregister. Detective Robert Praegitzer, grauhaarig und abgebrüht, hatte eine ruhige, lockere Art an sich, als könnte ihn nichts mehr schrecken.
Ward wandte sich an Greenburg. »Ihr könnt ihn übernehmen, Earl.«
»Was haben wir?«
»Die Todesursache ist offensichtlich. Man hat ihm die Kehle durchschnitten, mitten durch die Halsschlagader. Außerdem hat er zwei kaputte Kniescheiben, und allem Anschein nach sind auch ein paar Rippen gebrochen. Den hat jemand ordentlich durch die Mangel gedreht.«
»Wann ist der Tod eingetreten?«
Ward blickte auf das Wasser, das um den Kopf des Opfers schwappte. »Schwer zu sagen. Meiner Schätzung nach wurde er irgendwann nach Mitternacht hier abgeladen. Wenn wir ihn in der Pathologie haben, kriegt ihr einen vollständigen Bericht.«
Greenburg wandte sich der Leiche zu. Graues Sakko, dunkelblaue Hose, hellblauer Schlips, eine teure Uhr am linken Handgelenk. Er kniete sich hin und nahm sich die Taschen des Opfers vor. Mit den Fingerspitzen stieß er auf einen Zettel, fasste ihn vorsichtig am Rand und zog ihn heraus.
»Das ist Italienisch.« Er sah sich um.
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