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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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    Drei Jungen lagen im Schatten eines Apfelbaumes auf dem Bauch und aßen Kirschen. Die Kerne spuckten sie gegen einen hölzernen Schuppen, wobei sie sich bemühten, die Scheibe des kleinen Fensters zu treffen. Egon Langfuß konnte es am besten.
    „Ich möchte wissen, woher du die Puste hast!“ sagte Karl der Dicke neidisch und musterte Egons klapperdürre Gestalt zweifelnd. „Da ist doch bestimmt wieder so ein fauler Trick dabei!“
    Egon feuerte seinen letzten Kern so kraftvoll gegen die Scheibe, daß er zerplatzte. Dann setzte er sich hin, versuchte mit einem Büschel Gras einen Kirschfleck aus der Hose zu reiben und sagte lässig: „Kein Trick, mein Lieber, nur Kraft! Und ein gutes Auge natürlich.“
    „Kraft? Unmöglich!“ Karl der Dicke schüttelte den Kopf. „Du bist doch man nur ‘ne Handvoll Knochen mit ‘nem bißchen Haut drumherum. Wo soll da die Kraft stecken-?“ Darauf tätschelte Egon Karl liebevoll die Backe, wie es ein freundlicher Großvater bei einem Baby macht, und sagte: „Laß man, Dickerchen, nur nicht traurig sein. Du bist zwar ‘ne miese Flasche im Sport, aber dafür brauchst du im Winter wenigstens nicht zu frieren.“
    „Wieso nicht?“ fragte Karl verblüfft.
    „Weil Fett wärmt.“
    Guddel Schmalz, der Dritte im Bunde, fing nun auch an, einen Kirschfleck auf seiner Hose mit Hilfe eines Grasbüschels farblich zu verändern.
    „So hat jeder was“, sagte er lächelnd, „der eine die Kraft, der andere die Wärme. Und was wertvoller ist, wäre erst noch zu prüfen.“
    Karl zog den Bauch ein und sagte gekränkt: „Was bei mir wie Fett aussieht, sind Muskeln, nichts anderes. Hier, faß mal an!“
    Er streckte Guddel seinen angewinkelten Arm entgegen. Der kniff prüfend in den Bizeps.
    „Hm, ja“, sagte er anerkennend, „nicht ganz ohne, deine Muskeln, aber ein bißchen Pudding ist auch dabei.“ Da grinste Egon tückisch und winkelte seinen Arm ebenfalls an. „Und nun drück hier mal“, sagte er, „da findest du aber kein bißchen Pudding.“ Guddel griff in Egons Oberarm. „Tatsächlich, da ist kein Pudding drin“, sagte er, „aber von Muskeln spürt man auch nicht viel.“
    Nun war Egon gekränkt.
    „Du verstehst ja nichts davon“, rief er. „Na ja, was soll man von einem Dichter auch schon groß verlangen! Ein paar schmalzige Verse und eine langweilige Geschichte, was Solides sucht man bei dir vergebens.“
    Da sprang Guddel plötzlich auf und schlug wie wild auf die Ameisen ein, die ihm unter die Hose gekrochen waren. „Siehst du, das haben sogar schon die Ameisen erkannt“, sagte Egon ungerührt. „Uns lassen sie in Ruhe, da wissen sie, was sie erwartet.“
    Kaum hatte er aber das gesagt, da mußte er auch schon hastig auf die Füße springen und sich das brennende Hinterteil reiben.
    „Verflixt“, schrie er, „macht denn dies elende Krabbelvolk keine Unterschiede?“
    „Doch“, sagte Karl, „mich schonen sie, weil sie mich mögen.“
    „Autsch!“ da schoß er ebenfalls in die Höhe und vollführte einen Eiertanz, um die beißenden Plagegeister abzuwehren. Während nun alle drei herumhüpften und sich auf die Schenkel schlugen, tauchte Egons kleiner Bruder um die Hausecke auf, guckte eine Weile interessiert zu und fragte dann arglos: „Darf ich mitspielen?“
    „Hau bloß ab, du Nasenbär!“ rief Egon ihm wütend entgegen. „Hier wird nicht gespielt, hier wird gekämpft!“
    „Ich kann auch kämpfen“, sagte der Kleine eifrig. „Soll ich Kalle mal gegen das Schienbein treten? Das tut ganz klasse weh!“
    „Na schön“, erlaubte Egon großzügig, „aber nur einmal. Und paß auf, daß du nicht vorbeitrittst!“
    Karl der Dicke ließ es jedoch nicht soweit kommen. Er packte den angriffslustigen Peter und setzte ihn auf einen Ast des Apfelbaumes.
    „So, du Gartenzwerg“, sagte er dabei, „nun kannst du da oben sitzen bleiben, bis die Äpfel reif sind, oder meinetwegen auch ‘runterfallen. Das tut ganz klasse weh.“
    „Pah!“ machte Peter und rutschte herab. Ratsch! da riß er sich die Hose von unten bis oben auf. Alle machten betroffene Gesichter. Peter fing an zu heulen und rannte zu seiner Mutter.
    „Ich glaube, ich muß jetzt verschwinden“, sagte Karl. „Hier könnte es in den nächsten Minuten recht unangenehm werden.“
    „Besonders für mich“, bestätigte Egon. „Wenn Peter ein Loch in der Hose hat, bin ich immer schuld und bekomme die Hiebe. Da hilft nur Flucht.“
    Die drei Jungen setzten über den Zaun und rannten

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