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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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sah kaum alt genug aus, um die Schule hinter sich zu haben. Sie tranken Tee im Wintergarten, weil der Wind zugenommen hatte, und er erzählte Marina von sich, während sie versuchte, sich zu konzentrieren und interessiert auszusehen. Harvey war draußen auf der Terrasse, wo er einen wackligen Tisch reparierte, und als Marina hinsah, zog er eine Grimasse. Sie brauchte seine Bestätigung eigentlich nicht, aber es war gut zu wissen, dass er ihr zustimmte. George Quigley würde auch nicht den Sommer hier verbringen.
    Es war schwierig, ihn wieder loszuwerden. Er trank Unmengen Tee und aß vier Stücke Kuchen sowie unzählige kleine Eier-Sandwiches. Marina lauschte geduldig seinen Geschichten von der Exeter University, seiner Freundin und den recht optimistischen Zukunftsplänen von weltweiten Ausstellungen. Seine Arbeiten waren abstrakt, wie Marina sich schon gedacht hatte. Sie lachte ihre Enttäuschung fort, indem sie sich vorstellte, was ihre alten Damen dazu sagen würden.
    Marina erklärte ihm, dass er schlicht zu modern für ihre Gäste wäre, und schnitt ihm brüsk das Wort ab, als er ihr zu sagen versuchte, dass er alles malen könnte, was sie wollte. Wenn es nach ihr ginge, könnte er wie David Hockneey malen und es wäre ihr egal, weil sie ihn nicht mochte. Als er gerade gehen wollte, kam Clementine in die Empfangshalle. Sie warf einen Blick auf ihn, und ihr Gesicht erblühte zu einem Lächeln. Auch er lächelte und schien sichtlich angetan von ihr. Clementine sah ihm nach. Kaum war er draußen, wandte sie sich aufgeregt zu ihrer Stiefmutter.
    »Ist der den Sommer hier?«
    »Bedaure, nein, er ist vollkommen ungeeignet.«
    Clementines Miene verfinsterte sich wieder. »Was ist denn an dem ungeeignet? Wenn du mich fragst, ist er genau das, was du brauchst.«
    »Und deshalb frage ich dich nicht.«
    »Du bist viel zu anspruchsvoll. Und deine verstaubten alten Tanten wären verzückt, so einen gutaussehenden jungen Mann hier zu haben.«
    »Seine Arbeiten sind viel zu modern.«
    »Falls er Talent hat, kann er wahrscheinlich langweilige Landschaftsbilder malen, bis der Arzt kommt.«
    »Ich wurde nicht warm mit ihm.«
    »Ich schon.«
    »Dann geh raus und rede mit ihm. Guck mal, er steht noch bei seinem Wagen. Und er war eindeutig angetan von dir.«
    »Nein«, erwiderte Clementine scharf.
    »Kein Interesse?«
    Clementine schnalzte mit der Zunge und stakste von dannen. »Das verstehst du nicht.«
    Marina seufzte. »Ich gehe spazieren«, sagte sie zu Jennifer. »Nach diesem Tag brauche ich dringend frische Luft. Hast du Jake gesehen?«
    »Er ist noch nicht wieder zurück.«
    »Wie lange dauert denn ein normaler Zahnarzttermin? Na ja, ich bin kurz weg. Grey ist hier, falls irgendwas sein sollte.«
    Marina marschierte geradewegs zu den Klippen, die Arme vor sich verschränkt und die Schultern gegen den Wind gebeugt. Das Meer zu sehen, erfüllte sie jedes Mal mit einer tiefen Sehnsucht, besonders an klaren Tagen wie diesem, wenn die untergehende Sonne an ihrer Seele zurrte, bis sie wehtat.
    Sie eilte den ausgetretenen Pfad hinunter zum Strand, wo die letzten Sonnenstrahlen vom Schatten verschluckt wurden, und streifte ihre Schuhe ab, um barfuß über den Sand zu laufen. Die frische Salzluft füllte ihre Lunge, und ihre Brust weitete sich angesichts der Schönheit des sterbenden Tages. Sie hatte sich so lange zusammengenommen, den Kummer tief in sich vergraben, wo sie hoffte, ihn nie wiederzufinden. Aber jetzt, da sie auf Mitte fünfzig zuging, holte er sie ein, brodelte in den Rissen ihres alternden Körpers auf, und sie konnte ihn nicht mehr ignorieren.
    Die heutigen Enttäuschungen und die Sorgen um ihr Hotel überwältigten sie. Marina begann zu weinen. Warum war keiner dieser Künstler passend gewesen? Warum waren sie alle so völlig ungeeignet? Warum hatte sie das Gefühl, ihr Leben wäre plötzlich sinnlos und ohne jede Richtung? Warum öffnete sich jetzt, nach fast vierzig Jahren, auf einmal ihre Vergangenheit hinter ihr wie ein Damm, der sie mit schmerzlichen Erinnerungen überflutete? Sie sank auf die Knie, hielt sich den Bauch und wiegte sich vor und zurück, um den Schmerz in ihrem Innern zu lindern.
    So entdeckte Grey sie. Er rannte hinunter zum Strand und schloss Marina in seine Arme. Sie wehrte sich nicht, vergrub das Gesicht an seiner Brust und sperrte auf die Weise das Meer aus. Keiner von ihnen sagte etwas. Was gab es auch schon zu sagen?
    Keine noch so fürsorglichen Worte könnten sie über den unerfüllten

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