Derek Landy
an Skrupellosigkeit."
Skulduggery legte den Kopf schief. "Diese Frau ist für
den Tod von fünfzig Menschen verantwortlich, aber es gibt noch andere, die
diese Verantwortung mit ihr teilen. Sie werden alle dafür bezahlen."
"Nun, die Gerechtigkeit kann warten, nicht wahr?",
befand Kenspeckel. "Eure Gefangene hat eine schwere Kopfverletzung. Sie bleibt
so lange bei mir, bis sie außer Lebensgefahr ist. In ein paar Stunden sollte es
so weit sein. Spätestens morgen."
"Sie braucht jemanden, der sie bewacht."
"Glaubst du denn, sie stellt eine Bedrohung dar? Sie
ist so lange bewusstlos, bis ich etwas anderes sage."
"Und was ist, wenn der Killer hier nach ihr
sucht?"
"Dazu müsste er zuerst wissen, bei wem sie ist, als
Nächstes, wo ich zu finden bin, und schließlich müsste er meine
Sicherheitsvorkehrungen überwinden, und dazu brauchte er eine ganze Armee. Geht
jetzt. Ich werde mich mit euch in Verbindung setzen, wenn sie so weit bei
Kräften ist, dass sie eure Fragen beantworten kann."
Da es für Skulduggery und Walküre nichts weiter zu tun gab,
gingen sie zum Bentley zurück. Walküre schnallte sich an, als sie losfuhren.
Skulduggery benutzte wieder seine Fassade. Wenn Grässlich Schneider seine
Fassade aktivierte, bekam er jedes Mal sein eigenes Gesicht, nur ohne die
Narben. Da Skulduggery sich jedoch nicht für ein Äußeres entscheiden konnte,
hatte China es so eingerichtet, dass sein Gesicht immer anders aussah.
Dieselben Wangenknochen, dasselbe Kinn, doch der Rest war jedes Mal eine
Überraschung.
"Könntest du mich bei Gordon rauslassen?", fragte
Walküre.
Skulduggery hob eine Augenbraue - eine neu erworbene Fähigkeit.
"Du willst nicht nach Hause gehen? Nach Haggard?"
"Doch, schon. Ich war nur schon eine ganze Weile nicht
mehr bei Gordon und es ist fast Weihnachten. Als ich ein kleines Mädchen war,
haben wir ihn jedes Jahr um diese Zeit in seinem großen Haus besucht. Für mich
waren diese Besuche immer das Schönste an Weihnachten, weil endlich mal jemand
mit mir geredet hat, als sei ich ein Mensch, verstehst du? Ein erwachsener
Mensch, kein Kind. Deshalb habe ich Gordon so geliebt."
"Ah, da haben wir's", meinte Skulduggery und
nickte.
"Bitte?"
"Das gerade eben. Was du da erzählt hast. Dieser kleine
Ausschnitt aus deinem Leben. Das ärgert mich am meisten an Weihnachten. Jeder
weiß diese kleinen Geschichten zu erzählen, Geschichten darüber, was
Weihnachten für ihn bedeutet. So etwas gibt es zu keiner anderen Zeit des
Jahres. Du findest niemanden, der dir sagt, was Ostern für ihn bedeutet oder
sonst ein Feiertag. Nur zu Weihnachten fangen sie alle an zu erzählen."
"Wow", entfuhr es Walküre. "Es ist mir bisher
nicht aufgefallen, aber du bist ein richtiger Griesgram." "Bin ich
nicht." "Du bist ein Grinch."
"Ich bin weder ein Grinch noch ein Griesgram. Mir
gefällt Weihnachten so gut wie jedem anderen, solange jeder andere genauso
unsentimental damit umgeht wie ich."
"Sentimental sein ist schön." "Du hasst Sentimentalität."
"Aber nicht an Weihnachten. An Weihnachten ist es
absolut in Ordnung, sentimental zu sein. Es ist erlaubt. In Maßen, versteht
sich. Ich will nicht, dass in meiner Umgebung jemand sentimental wird, aber im Prinzip
habe ich kein Problem mit ... Oh ..."
"Was ist?"
"Hm, deine Fassade ..."
Skulduggery legte den Kopf schief und die linke Seite seines
Gesichts rutschte von seinem Schädel; es sah aus wie geschmolzenes Gummi.
"Ich glaube, da gerät gerade was aus der Fasson",
meinte Walküre.
Skulduggery spürte, wie sein Ohr an das Revers seiner Jacke
schlug. Er hielt sein Gesicht mit einer Hand fest und schob es wieder nach
oben. Als er mühsam versuchte, ein Auge in seine Höhle zurückzubugsieren,
drückte er eine dicke Falte auf seine Stirn. "Das ist einigermaßen
würdelos", murmelte er. "Bitte sag mir Bescheid, wenn wir Gefahr
laufen, mit etwas zusammenzustoßen."
"Vielleicht solltest du mich fahren lassen."
"Vor ein paar Stunden habe ich gesehen, wie du fährst.
Ich lasse dich nie mehr ans Steuer dieses Wagens." Seine Stimme klang
gedämpft, da ihm die Lippen übers Kinn rutschten. "Sehe ich jetzt besser
aus?"
"Oh, viel besser."
Er versuchte zu verhindern, dass seine Nase abrutschte.
"Soll ich dich wieder bei Gordon abholen, sobald dein Ausflug in die
Sentimentalität vorbei ist? Wir müssen noch zu dieser Versammlung, falls du es
vergessen hast."
"Wie könnte ich sie vergessen haben?", fragte sie
trocken. "Seit Tagen schon freue ich mich auf diese
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