Des Kaisers Gespielin (German Edition)
Was hatte Ravenna gesagt? Es wird sich alles finden. Ich hoffte sehr, dass sie recht behielt.
Wie eine bleierne Schnecke kroch die Zeit dahin, bis wir uns in den Nebenraum zum Festsaal begaben und auf meinen großen Moment warteten. Ravenna hatte beschlossen, dass es besser wäre, wenn Seine Hoheit mich erst am Ende des Abends zu Gesicht bekäme. Sie selbst machte ihm aber in fast geschmacklos züchtiger Robe ihre Aufmachung, um ihn einerseits nicht zu verärgern, aber trotzdem nicht zu viele Reize zu zeigen. Immerhin wünschte sie ihn nicht unnötig auf sich aufmerksam machen und seine Lust erwecken. In der Zwischenzeit saß ich allein im Raum und ein steter Klangteppich von lautem Gelächter, Gesang und Musik vom Fest drang an mein Ohr. Jetzt als ich allein war, machte sich eine unheimliche Ruhe in mir breit. Ich blendete meinen Hintergrund aus und konzentrierte mich nur noch auf mich selbst. Ich war schön, das hatte ich gesehen. Und ich war stark, das spürte ich. Und ich hatte die vielleicht stärkste Waffe überhaupt – meine feste Entschlossenheit. Ich fühlte mich unverwundbar, was sollte mir schon geschehen? Und in diesem Moment, bevor sich vielleicht alles für mich ändern würde, war ich endlich eins mit mir selbst.
„Lila?“
Ravennas Stimme holte mich aus meinen Träumen. Ihr Gesicht wirkte unsicher und verlegen, als sie mich ansah.
„Es ist Zeit!“
Sanft legte sie mir mein schweres Kostüm an und zupfte hier und dort bis alles saß wie es sollte. Blass, aber ruhig schauten wir uns in die Augen und machten uns innerlich für den Abschied bereit. Sehr sehr zart küsste sie mich und streichelte meine blutleeren Wangen.
„Du bist so schön.“, sagte sie versonnen und ihre Stimme brach. „Ich liebe dich, mein Herz. Egal, was heute passiert... oder nicht passiert. Wir werden einen Weg finden.“
In mir brodelte ein Sturm der Gefühle, allem voran eine ungebrochene Liebe für sie, aber ich fand keine Worte dafür. Stumm nickte ich und machte mich dann auf den langen und schweren Weg vor des Kaisers Augen.
Stark und kräftig erklang Musik im Raum und ich erkannte die Ouvertüre zu meiner Darbietung. Noch einmal holte ich tief Atem und mit erhobenem Haupt und straff zurückgezogenen Schultern betrat ich den Festsaal wie eine Königin ihr Reich.
Der Raum verstummte bei meinem Eintreten, aber ich widerstand der Versuchung einen Blick zu riskieren. Meine Augen waren starr nach vorn gerichtet und blickten einzig und allein auf Seine Majestät als ich mich in Position stellte und zu singen anhob. Er hatte sich bei meinem Anblick aufgerichtet, bemerkte ich zufrieden, und seine dunklen Augen funkelten mich eindringlich über seiner langen gebogenen Nase an. Dann zuckte es in seinen Mundwinkeln. Fast meinte ich ein Lächeln darin zu erkennen.
Meine Stimme erhob sich so kraftvoll und samtig, dass die Meisterin Dalia stolz auf mich gewesen wäre und mein goldglänzender Panzer warf das Licht glitzernd in den Raum zurück. Ich fühlte mich wie eine magische Erscheinung und sah, dass auch das Objekt meiner Bemühungen so dachte. Nicht einmal wandte er seinen Blick von mir ab und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Der Jäger in ihm hielt seine Beute fest im Auge und setzte zum finalen Schlag an.
Dann ging alles sehr schnell. Mein Vortrag endete und als die Musik verstummte, brach tosender Applaus aus. Ich überlegte mich zu verbeugen, aber das hieße meinem Oberkörper seines schützenden Panzers zu berauben. Also gab ich mich damit zufrieden zurückhaltend zu winken und sah Seine Hoheit im nächsten Moment aufspringen. Mit katzenartig geschmeidigen Bewegungen näherte er sich mir und ergriff meine Hand. Doch er hob erst an zu sprechen, nachdem mich eine Sklavin an Ort und Stelle von meinem Federkleid befreit hatte und damit außer Hörweite war.
„Ihr ward eine Erleuchtung an diesem Abend, meine Dame Lila!“
Ich lächelte ehrerbietig und schwieg. Sein Daumen strich leicht über meine Handfläche, während er auf eine Antwort wartete, die er nie erhalten sollte.
Mich intensiv musternd trat er einen Schritt näher und hauchte in mein Ohr: „Ich habe Euch noch nie so... umwerfend gesehen.“
Wieder lächelte ich geheimnisvoll, während ich unschuldig zu ihm aufschaute: „Dann habt Ihr nie genau hingeschaut... Eure Majestät.“
Seine Blicke wanderten über meinen Körper und blieben irgendwo an meinem Kettenhemd hängen. Kein Hauch von Zurückhaltung oder Höflichkeit war auf seinem
Weitere Kostenlose Bücher