Des Kaisers Gespielin
willst. Aber dies hier ist perfekt und du wirst es heute Abend tragen.“
Zögernd drehte ich mich wieder um und riskierte einen zweiten Blick. Es wirkte noch bedrohlicher als beim ersten Mal. Ich trat näher und berührte es sanft. Unter meiner Hand klirrte es unheilvoll.
Was Ravenna hier präsentierte war mehr eine Kette als ein Gewand. Reihe um Reihe aus breit geschmiedetem Gold fielen hunderte von einzelnen, immer länger werdenden Ketten wie ein dichter Vorhang hinab und vereinten sich wieder hinter der Halskrause.
Ravennas Ton war bittend: „Zieh dich aus, ich möchte dich darin sehen!“
Es blieb mir wohl nichts anderes übrig. Sie hatte ihren Teil des Planes erfüllt, jetzt war es an mir. Immer noch skeptisch schlüpfte ich aus meinen Kleidern und überlegte, wie ich dieses Ungetüm wohl tragen sollte. Zuerst aber half mir Ravenna in eine eng anliegende kurze Hose, die meine langen Beine und mein rundes Gesäß überraschend hübsch zur Geltung brachten. Es war kaum mehr als eine Unterhose, aber wenigstens war sie nicht durchsichtig, dachte ich erleichtert. Dann öffnete Ravenna den schweren Verschluss des Oberteils und legte mir die Kette um den Hals. Unwillkürlich zuckte ich unter ihrer Kälte und ihrem Gewicht zusammen.
„Du wirst sehr gerade stehen müssen, sonst kannst du dich nicht halten.“, stellte Ravenna nüchtern fest.
Ich nickte ergeben und wandte mich dann dem Spiegel zu. Meine Erscheinung blendete sogar mich selbst. Gold in meinem Gesicht, an meinem Haar und auf meiner Haut. Schwer und kalt hing die Kette um meinem Hals. Das längste Glied schaukelte zwischen Nabel und Schambein und sie bedeckte tatsächlich meinen gesamten Oberkörper. Die einzelnen Reihen lagen so dicht, dass meine Formen darunter nur zu erahnen waren. Mein Blick blieb auf der Höhe meiner Brüste hängen. Durch die Kälte des Metalls und seine stetige Reibung hatten sich meine Spitzen hoch aufgerichtet und drängten sich hart zwischen den Ketten hervor.
„Das war also dein Plan?“, fragte ich vorsichtig.
Ravenna nickte: „Sind sie nicht fantastisch? Dein Kostüm ist außergewöhnlich und schön, man kann gar nicht wegsehen. Und es wird deine schönsten Attribute immer einladend und sichtbar halten. Für den, der genau hinschaut.... und er wird schauen, vertrau mir!“
Lange schaute ich mich noch im Spiegel an und versuchte hinter der pompösen Aufmachung das Mädchen zu entdecken, das ich einst gewesen war. Es gelang mir nicht. Als ich meinen goldenen Panzer wieder ablegen wollte, unterbrach mich Ravenna.
„Eine Kleinigkeit noch...“
Und aus einem anderen Paket zog sie ein Gebilde aus bunten Federn, die auf einem Gestell festgebunden waren. Es erinnerte entfernt an Flügel.
„Wenn schon auffällig, dann aber richtig.“, meinte sie entschuldigend und streifte mir das Gestell an zwei Riemen über die Arme, bis es aussah, als würde zwischen meinen Schulterblättern ein Vogel seine Schwingen ausbreiten. Wenigstens war meine Rückseite nun nicht mehr unbedeckt, sagte ich mir trocken und versuchte mich an meinen Anblick zu gewöhnen. Und tatsächlich glich das Gewicht der Flügel die Schwere der Ketten aus und es fiel mir leichter, nicht vornüber zu kippen. Ravenna sah mich an und war sichtlich stolz auf ihr Werk.
„Wehe dem, der dir heute begegnet...“, prophezeite sie lächelnd und küsste mich so leidenschaftlich, als wäre sie auch eben erst meiner Erscheinung verfallen.
Dann nahm sie mir vorsichtig die Flügel und die Kette ab und verwahrte sie sicher, bis sie sie mir erst kurz vor meinem Auftritt wieder anlegen würde.
Fast beiläufig erwähnte sie: „Du wirst heute Abend die letzte Darbietung sein, ich habe alles arrangiert... Ich wünsche dir Glück, kleine Lila!“
Mit einem dicken Kloß im Hals nickte ich dankbar und warf mir für die Zwischenzeit eine leichte Bluse über. Still setzte ich mich auf einen Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet und in der aufkommenden Stille merkte ich, wie viele Fragen in meinem Kopf noch offen waren.
Wie bemerkte ich, dass Seine Majestät sich zurückziehen wollte? Würde er mich einfach an der Hand mitziehen – vor aller Augen - oder gab es ein geheimes Zeichen? Worüber sollten wir sprechen? Sprachen wir überhaupt? Woher wusste ich, wann er zufrieden war? Und was passierte mit mir, wenn er sich zur Ruhe legte? Lag ich bei ihm? Oder schlich ich mich hinaus, wenn er eingeschlafen war? So viele Fragen... und doch fand ich jetzt nicht den Mut sie zu stellen.
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