Des Koenigs Konterbande
Logbuch schrieb.
Seufzend ließ sich Vatass auf die Heckbank sinken. »Sauwetter, verdammtes«, schimpfte er, und als Paice nicht reagierte: »Was ist schiefgegange n, Jonas?«
Paice vermied eine direkte Antwort. »Sind Sie der Kurierbrigg nicht begegnet?« Auf Vatass’ Kopfschütteln hin nickte er. »Hab’ ich mir schon gedacht.«
Damit griff er unter den Tisch und holte eine halbvolle Flasche Brandy heraus. Er füllte zwei Gläser zur Hälfte. Für diesen Augenblick hatte er sich gewappnet, seit ihm gemeldet worden war, daß
Snapdragon
um das Vorland zur Reede aufkreuzte.
Er schob Vatass ein Glas hin und musterte ihn trübe. »Wir haben Krieg, Hector.«
Vatass verschluckte sich fast an seinem Brandy. »Jesus!«
Er war so jung, dachte Paice, und hatte nur mit Glück das Kommando über den Toppsegelkutter erhalten. Aber das würde sich jetzt alles ändern. Jungen Offizieren, die sich noch kaum an ihren Leutnantsrang gewöhnt hatten, würde man jetzt Schiffe anvertrauen. Feierlich stieß er mit ihm an.
»Krieg«, wiederholte er. »Die Nachricht kam gestern am späten Abend.« Er deutete auf einen Stoß Depeschen auf dem Tisch. »Vom Admiral in Chatham. Dort springen sie alle im Karree. Dabei hätten sie, verdammt noch mal, damit rechnen müssen.« Düster blickte er sich in der Kajüte um.
»Binnen kurzem werden sie von uns Leute verlangen, ist Ihnen das klar?
Wir
kriegen dann die Neulinge, die noch nicht trocken hinter den Ohren sind, während unsere erfahrenen Männer auf die Flotte verteilt werden.«
Aber Vatass hörte nur halb zu. Paices Besorgnis, daß seine
Telemachus
durch die Anforderungen des Krieges geschwächt werden könnte, teilte er nicht. Er dachte nur daran, daß er jetzt die besten Aussichten auf Beförderung hatte.
Krieg bedeutete für ihn neue Hoffnung, ein neues Kommando, eine Brigg vielleicht oder sogar eine schnittige Korvette.
Ja, er würde ihm mit Sicherheit eine Beförderung bringen.
Paice konnte ihm die Gedanken vom Gesicht ablesen.
Vatass hatte immer noch nicht gelernt, sie zu verbergen.
»Kapitän Bolitho ist drüben in Holland«, fuhr er fort, »oder sollte es jedenfalls inzwischen sein.« Sein Blick wanderte zu Logbuch und Seekarte.
»Wakeful
ist bei ihm – das hoffe ich jedenfalls.« Er füllte ihre Gläser nach.
Vatass wußte nicht, worüber er mehr staunen sollte, über Bolithos gewagte Exkursion oder die Tatsache, daß Paice den Brandy so in sich hineingoß. Er hatte gehört, daß nach dem Tod seiner Frau die Flasche sein ständiger Begleiter gewesen war, aber dann war er wieder trocken geworden. Bis jetzt.
Er räusperte sich. »Ich verstehe immer noch nicht, Jonas «, begann er. »Was können
wir
denn dabei tun?«
Mit vor Wut und Alkohol geröteten Augen funkelte Paice ihn an. »Kapieren Sie denn nicht, Mann? Was, zum Teufel, haben Sie bisher gemacht?«
»Einen vermutlichen Schmuggler gejagt«, antwortete Vatass steif.
Paice mäßigte seinen Ton. »Der König von Frankreich wurde hingerichtet. Gestern hat man uns darüber informiert, daß der französische Nationalkonvent England und Holland den Krieg erklärt hat.« Er nickte bedächtig. »Und Kapitän Bolitho sitzt mitten drin. Er hat wahrscheinlich nicht den leisesten Schimmer von den Ereignissen.«
»Er hat Ihnen das Kommando über die Flottille übertragen «, sagte Vatass unbeeindruckt.
Paice lächelte eisig. »Und davon werde ich Gebrauch machen.« Er erhob sich, bis er mit dem Kopf fast das Skylight berührte, und öffnete es.
Als er sich wieder setzte, hatte er Schneeflocken im Haar.
»Wir laufen aus, so schnell es nur geht.« Warnend hob er die Hand. »Sparen Sie sich den Protest. Ich weiß, daß Sie gerade erst angekommen sind und Ruhe brauchen. Aber ich kann jeden Moment direkte Order vom Admiral erhalten, die ich dann nicht ignorieren dürfte. Das würde unser Auslaufen verhindern.« Wie mit zugeschnürter Kehle fuhr er fort: »Ich lasse ihn drüben nicht allein, ohne Nachrichten und ohne Unterstützung.« Den Blick auf den jungen Leutnant gerichtet, füllte er ihre Gläser nach; daß dabei Brandy auf die amtlichen Papiere spritzte, schien ihn nicht zu kümmern.
»Also, wie ist es, Hector? Stehen Sie hinter mir?«
»Angenommen, wir finden
Wakeful
nicht?«
»Verdammt noch mal, dann haben wir’s wenigstens versucht!
Und ich werde den Namen Bolitho hören können, ohne mich schämen zu müssen – dafür, daß ich ihn verraten habe, nachdem er mir durch seinen Mut meinen Stolz zurückgab.
«
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