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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Geräusche von Wind und Wellen.
    Die Stille war ein solcher Kontrast, daß Bolitho den Atem anhielt. Doch die Fischer scherten sich keinen Deut um lautloses Vorankommen. »Nicht mal die Windmühlen sind heute zu hören, Käptn«, flüsterte Allday.
    Bolitho blickte auf und sah die reglosen Flügel einer Mühle hoch über dem Schilf an ihnen vorbeigleiten. Es war gespenstisch.
    Die Fischer wechselten ein paar schnelle Worte, dann schwang sich einer übers Dollbord und rannte durchs aufspritzende Wasser zum schemenhaft erkennbaren Land.
    Aber der Skipper blieb bei Bolitho sitzen und winkte auch Allday heran.
    Bolitho lief es kalt über den Rücken. Der Mann hatte eine Pistole unter seinem Mantel hervorgeholt und wischte sie mit dem Ärmel trocken. Ohne hinzusehen wußte er, daß auch Allday dies bemerkt hatte und sich bereithielt, den Skipper mit einem Streich seines Entermessers niederzuhauen.
    Hatte der Holländer Angst, spürte er eine Gefahr?
    Oder wartete er nur auf den rechten Moment, um sie zu verraten, wie es Delaval so oft mit anderen getan hatte?
    »Da kommt jemand, Käptn.« Alldays Stimme klang überraschend ruhig. So als hätte er auf Cornwalls Feldern einen Bauernwagen entdeckt. Aber Bolitho wußte, daß er dann am gefährlichsten war.
    Er hörte ein Platschen und gewahrte undeutlich Brenniers Adjutanten, der im Schilf ausgerutscht war; laut keuchend zog ihn sein holländischer Begleiter wieder auf die Füße.
    Der französische Offizier erkannte Bolitho und wandte sich wieder dem Bauernhaus zu. Diesmal also keine Augenbinde, dachte Bolitho. Der Mann schien halb von Sinnen vor Angst.
    Bolitho und der holländische Skipper traten durch die Tür und erstarrten. Der Raum mit den Wänden aus Feldsteinen war ein einziges Durcheinander. Schränke waren aufgerissen und ihr Inhalt über den ganzen Fußboden verstreut, sogar die glühenden Holzscheite im Kamin hatte man auseinandergezerrt.
    Die Durchsuchung war schnell, aber gründlich erfolgt.
    Bolitho sah den Holländer an und verfluchte seine Sprachunkenntnis.
    Dann wandte er sich nach dem Adjutanten um, der jetzt zum erstenmal im Licht stand, und erschrak über dessen Aussehen. Seine Kleider starrten vor Dreck, und auf seinen schmutzigen Wangen hatten sich Tränenspuren eingegraben. »Was ist passiert, Leutnant?« Bolitho knöpfte seinen Mantel auf, um besser an seine Pistole zu kommen. »So sprechen Sie doch!«
    Wie betäubt starrte der Offizier ihn an. Dann flüsterte er mit gebrochener Stimme: »Il est mort! Il est mort!«
    Bolitho packte den schlaffen Arm des Mannes. »Tot? Der Admiral?«
    Mit offenem Mund starrte der Franzose ihn an, als hätte er ihn soeben erst erkannt. Dann schüttelte er den Kopf und stieß hervor: »Non! Der König!«
    Allday rieb sich das stachelige Kinn. »Herrje, da haben sie ihn also doch umgebracht!«
    Der Holländer schob seine Pistole wieder in den Gürtel und hob hilflos die Hände. Worte waren jetzt nicht mehr nötig. Die Guillotine in Paris hatte gesprochen. Der König von Frankreich war tot.
    Bolitho brauchte Zeit zum Nachdenken, hatte aber keine.
    Er schüttelte den Adjutanten am Arm. »Wo ist Vizeadmiral Brennier? Was ist aus ihm geworden?« Die Angst in den Augen des anderen stieß ihn ab. Der Mann hatte alle Hoffnung aufgegeben, fühlte sich wahrscheinlich in diesem fremden Land ganz auf sich allein gestellt und schutzlos.
    »Flushing«, stammelte er. »Der Admiral hat sich nach Flushing begeben.« Er blickte sich in dem verwüsteten Raum um. »Sie kommen zu spät, Kapitän!«
    Bolitho ließ seinen Arm los, und der Adjutant sackte auf eine Bank.
    »Was machen wir jetzt, Käptn?« fragte Allday.
    Bolitho sah immer noch den händeringenden Mann auf der Bank an. Er ahnte, daß noch mehr kam. »Und der Schatz, M’sieur«, fragte er leise, »was ist mit ihm geschehen?«
    Der Adjutant blickte auf. »Er ist in guten Händen, Kapitän.
    Aber es war zu spät!«
    In guten Händen? Es
gab nur noch einen Menschen, der davon wußte. Und jetzt war er verschwunden, hatte den alten Admiral und den Royalistenschatz mitgenommen.
    Nach Flushing. Das lag etwa zwanzig Meilen entfernt, war für ihn aber so unerreichbar wie der Mond.
    Der Wetterfaktor fiel ihm ein. Bei den durch Schnee oder Eis blockierten Straßen würden sich Nachrichten nur langsam verbreiten. Niemand in Holland konnte mit Sicherheit sagen, wann genau der französische König hingerichtet worden war. Wieder verspürte er diesen Drang zur Eile, als liefe ein Stundenglas

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