Des Satans Schatten
Schwellung an der Stirn, und hielt sich mit blutiger Hand die Brust in der Nähe seines Herzens.
Weil ich von oben an ihn herantrat und er mich aus seiner Position nur hören und nicht sehen konnte, murmelte er: »Na, du Schwein, bist du gekommen, um mir den Rest zu geben?«
»Das ist gewiss nicht meine Absicht, mein Freund.« Mit diesen Worten hatte ich mich neben ihm niedergelassen, seine Hand beiseite geschoben und mich angeschickt, seine Wunden zu untersuchen. Zwar war der Blutfleck auf seinem Hemd von beträchtlicher Größe, doch hatte ihm die Angewohnheit, seine Waffen verdeckt zu halten, das Leben gerettet. Auf der bloßen Haut trug er nämlich ein ledernes Riemengebilde, das zur Aufnahme von vier kleinen Wurfmessern bestimmt war und über metallene Schnallen zur besseren Anpassung verstellt werden konnte. Eine dieser Schnallen hatte den Stoß des Gegners abgefangen und verhindert, dass die Klinge tief genug eindringen konnte. So war die Wunde nach meinem Dafürhalten bestimmt schmerzhaft, zum Glück aber keineswegs lebensbedrohlich. Doch nur einen Daumen breit daneben, und alles hätte anders ausgesehen.
Schlimmer war da die Kopfverletzung, weil sie mit solcher Wucht hervorgerufen worden sein musste, dass ihr vornehmlicher Schaden im Inneren des Schädels zu vermuten war.
Meine Annahme bewahrheitete sich, als ich versuchte, Degusti auf die Beine zu helfen. Kaum, dass er auf eigenen Füßen stand und ich seinen Arm losgelassen hatte, als er gleich wieder auf die Knie fiel und den Inhalt seines Magens vor sich in den Sand erbrach.
Mit einem Notverband und etwas Brot und Wasser aus meinem leichten Reisegepäck ging es meinem Patienten nach einer Viertelstunde so weit besser, dass er sich in der Lage sah, mir einen Überblick über die Ereignisse zu geben. Ob dabei der Schock seiner Überrumpelung, die momentane Erschütterung seines Hirns oder die Erleichterung darüber, noch auf dieser Welt zu weilen, den Ausschlag gab, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls hielt Degusti nicht mit dem wahren Motiv seines Handelns hinter dem Berg.
»Ihr habt es Euch gewiss schon gedacht, dass ich Stapelmann nicht nur mitgenommen habe, um ihn Umbra Diaboli zu überstellen. Hier musste sich Geld befinden, ein richtiger Schatz. Ihr selber habt es doch so trefflich deduziert, warum es so etwas geben musste. Und wenn der Anführer der Mörderbande sein Bruder war, dann wusste Stapelmann auch Bescheid. Natürlich, ich hätte ihn ausgeliefert, aber erst wollte ich meinen Teil von der Beute. Schließlich habe ich mehr als einmal für die intriganten Frömmler mein Leben riskiert.«
Als dies heraus war, ging es dem Geretteten zusehends besser. Seine Augen hatten den zwingenden Blick und seine Stimme ihre alte Festigkeit wiedergewonnen. Ich hatte den Eindruck, als hätte ihn sein charakterlicher Fehltritt mehr belastet als seine Blessuren. Er fragte sogar danach, ob ich nichts Besseres in meinen Satteltaschen hätte als schales, lauwarmes Wasser.
Bedauerlicherweise konnte ich damit nicht dienen, sodass sein Bericht auch ohne die zungenlösende Wirkung des Branntweins seinen Fortgang nehmen musste. Doch mit einigem Ächzen und Stöhnen ging es auch so.
»Die Geschichte ist schnell erzählt. Ich hatte Stapelmann unterwegs zum Schein das Angebot gemacht, sich gegen den Verrat des Goldverstecks loskaufen zu können. Ich hatte ferner angedeutet, ihm einen Teil für seine Flucht überlassen zu wollen. Ich glaubte, ihn so überlisten zu können, dabei war er es, der mich hereingelegt hat. Er hat mich immer wieder gefragt, ob ich auch wirklich zu meinem Wort stehen würde, und die ganze Zeit so getan, als würde er um sein Leben zittern. Und als wir bereits ganz nahe bei der Höhle waren, ließ er sich in gespielter Schwäche auf die Knie sinken, aber nur, um mir meinen eigenen Dolch aus dem Gewand zu ziehen und mir in derselben Bewegung den Knauf vor den Schädel zu hauen. Ich spürte noch den Stich, dann verlor ich das Bewusstsein. Was danach geschah, weiß ich nicht. Irgendwann kehrten für Momente meine Sinne zurück, und ich schleppte mich hinter dieses Gebüsch, wo ich feststellte, dass ich aus der Brust blutete. Er hat versucht mich abzustechen und dann als tot liegen gelassen. – Habt Ihr eine Ahnung, was weiter geschehen ist? Was ist aus meinen Leuten geworden?«
»Beide erstochen. In Giuseppe steckte noch Euer Dolch.« Ich zeigte ihm die Waffe und schob sie in die leere Scheide an seinem Gürtel.
»Der schlaue Teufel!
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