Des Satans Schatten
schwerer als eine Dogge und mit gewaltigerem Brustkorb. Und wenn es darum ging, eine Fährte zu verfolgen, stellten sie jeden Schweißhund in den Schatten.
Ich entschied mich für Ares, weil der den ausgeprägtesten Spürsinn haben sollte.
Ich wusste auch genau, was ich als Duftspur für das Tier zu nehmen hatte; Rodgers nächtliche Aktion in der
Fetten Gans
war mir in allerbester Erinnerung. Das Tauglichste aus seiner Hinterlassenschaft war somit sein zuletzt getragenes Nachthemd, das ich mir von einer Dienerin aus seiner verwaisten Kammer holen ließ.
Dann machten mein neuer Freund und ich uns auf zur Höhle.
Zum ersten Mal hielt ich dem Tier das Nachthemd vor die Nase, als wir uns auf dem Platz befanden, an dem die Bande die Falle mit dem Haus aus Leinwand gestellt hatte. Obwohl hier Blut geflossen war und verschiedene, nicht mehr identifizierbare Kadaverreste vor sich hin moderten, nahm der Hund nach kurzem Herumschnüffeln eine Spur auf und folgte ihr in der geraden Linie vom Haus weg, von der ich wusste, dass sie schnurstracks zur Leichenhöhle führte. – Ich musste nur an die »Vorräte« in den Stollen denken, damit mein Gemüt keinen Hauch von Mitleid kannte, und wenn sie Rodger vor seiner Hinrichtung eine Woche lang Tag und Nacht gefoltert hätten.
Als wir an den Sumpf mit seinem Schilfgürtel kamen, lief Ares aufgeregt am Ufer auf und ab, um dann mit steil vorgerecktem Kopf zum anderen Ufer hinüberzuheulen. Ich trieb das Pferd vorsichtig durch das Wasser, Ares schwamm neben uns her.
Auf der anderen Seite schüttelte der Hund sich kurz und schnüffelte, nachdem ich ihm das Nachthemd erneut zu kosten gegeben hatte, das Ufer nach links und rechts auf einer ziemlichen Strecke ab, ohne jedoch die geringste Witterung aufnehmen zu können. Mit leisem Winseln umkreiste er mich und stieß mit seiner Nase dabei immer wieder gegen das Tuch. Sollten andere Hunde nicht in der Lage sein, ratlos dreinzublicken, so war Ares auch auf diesem Gebiet einmalig.
Nachdem er sich mir so eine Zeit lang präsentiert hatte, ging er mit zögerlichen Schritten zurück ins Wasser und platschte in Ufernähe darin herum, als versuche er, einen Blick unter die Oberfläche zu tun.
Es ist schon schwierig, wenn zwei Wesen nicht dieselbe Sprache sprechen. Am Ende verstand ich ihn aber doch.
Aus einem Gebüsch schnitt ich mir einen Stock von etwa sechs Fuß Länge und stocherte damit im Wasser herum. Ich wühlte Blasen und Modergeruch auf, sah einen Molch abtauchen und eine Kröte davonspringen. Ansonsten nur braungrüne Brühe mit abgestorbenen Pflanzenresten.
Aber Ares gab nicht auf, und ich wollte mir meinem neuen Gefährten gegenüber keine Blöße geben. Also stocherte ich Schritt für Schritt weiter, bis ich mich so weit von meinem Ausgangspunkt entfernt hatte, dass er hinter Wacholder- und Ginsterbüschen verschwunden war.
Als ich bereits befürchtete, unverrichteter Dinge, dafür mit wunden Händen zurückreiten zu müssen, schlug der Hund an. Er hatte eher gerochen als ich gesehen, dass an die zwanzig Schritte entfernt etwas Helles im Wasser schwamm.
Ich rannte los, bis ich auf gleicher Höhe war, und zog das Gebilde langsam mit dem Stecken heran. Mit einer grünlichen Algenschicht überzogen dümpelte dort die aufgedunsene Leiche des letzten Mitgliedes der Wolfsbande, das sich zuletzt Rodger Stapelmann nannte und dem sein Mörder die Nase, die Ohren und die Hoden abgeschnitten hatte. Was mir jedoch zuerst an ihm auffiel, war, dass seine Füße auf die gleiche Weise verbrannt waren wie die der Grete Dreven.
Und damit war auch der letzte Zweifel ausgeräumt, nach wem ich noch zu suchen hatte.
Ein Gast bei Tisch
Es war dieselbe Schenke, in der mir vor Jahren Gernot erstmals über den Weg gelaufen war, damals noch ein rotzfrecher Bursche, der in den gräflichen Forsten wilderte. Auch an ihr war der allgemeine Wohlstand des Dorfes nicht vorübergegangen. Der alte Holzboden war Steinplatten gewichen, die Wände waren frisch geweißt, und gedrechselte Humpen hatten Platz gemacht für Trinkbecher aus Zinn. Der Wirt in seiner jovialen Verschlagenheit war jedoch noch der alte, und er erkannte mich ebenfalls auf den ersten Blick. Heute schickte er keinen Schankburschen vor, heute traute er sich katzbuckelnd selber her, um mich nach meinen Wünschen zu fragen.
Ich suchte mir die entlegenste Ecke aus und wies ihn an, die nahen Tische von allen etwaigen Gästen freizuhalten. Lange brauchte ich nicht zu warten.
»Seid mir
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