Des Todes Dunkler Bruder
sagte sie zu dem Mann, der aus dem Toyota stieg. Er war um die fünfzig, ein vierschrötiger Typ in quietschgrünen Hosen und blauem Nylonjackett. Er warf einen Blick auf Deborah in ihrer Uniform und wurde sofort nervös.
»Was?«, nuschelte er. »Ich hab nichts gemacht.«
»Arbeiten Sie hier, Sir?«
»Klar. Warum glauben Sie, bin ich um acht Uhr morgens hier?«
»Nennen Sie uns bitte Ihren Namen, Sir.«
Er kramte nach seiner Brieftasche. »Steban Rodriguez. Ich kann mich ausweisen.«
Deborah winkte ab. »Das ist nicht nötig«, sagte sie. »Was machen Sie um diese Uhrzeit hier, Sir?«
Er zuckte die Achseln und steckte die Brieftasche wieder ein. »Normalerweise muss ich noch viel früher kommen, aber die Mannschaft ist unterwegs – Vancouver, Ottawa und LA. Deshalb komme ich ein bisschen später.«
»Ist jetzt sonst noch jemand hier, Steban?«
»Nein, nur ich. Die schlafen lange.«
»Und nachts. Ist hier eine Wache?«
Er machte eine weit ausholende Armbewegung. »Die Sicherheitsleute drehen nachts ihre Runden, aber nicht sehr oft. Meistens bin ich als Erster hier.«
»Der Erste, der hineingeht, meinen Sie?«
»Ja, genau.«
Ich stieg aus dem Wagen und stützte mich aufs Dach.
»Fahren Sie die Zamboni vor dem Morgentraining?«, fragte ich ihn. Deb warf mir einen verärgerten Blick zu.
Steban glotzte mich an, mein schickes Hawaii-Hemd und die Gabardinehose. »Was für eine Art Cop sind Sie denn?«
»Ich bin einer von den Schwachköpfen«, sagte ich. »Ich arbeite im Labor.«
»Oooh, klar«, meinte er und nickte mit dem Kopf, als würde das irgendeinen Sinn ergeben.
»Fahren Sie die Zamboni, Steban?«, wiederholte ich.
»Ja, klar. Bei den Spielen darf ich sie nicht fahren, wissen Sie. Wegen der Anzugfritzen. Die lassen das lieber Kids machen. Oder ’ne Berühmtheit. Rumfahren und winken, so’n Scheiß eben. Aber ich muss die Fläche für das Morgentraining vorbereiten, wissen Sie. Wenn die Mannschaft in der Stadt ist. Ich fahre jeden Morgen die Zamboni, ganz früh. Aber jetzt sind sie unterwegs, deshalb komme ich später.«
»Wir würden gerne einen Blick ins Stadion werfen«, sagte Deborah, sichtlich ungeduldig, weil ich sprach, ohne an der Reihe zu sein. Steban wandte sich wieder ihr zu, ein cleveres Glitzern erleuchtete sein halbes Auge.
»Klar«, meinte er. »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
Deborah errötete. Das bildete zwar einen wunderbaren Kontrast zum Blau ihrer Uniform, war aber wohl eher nicht das probate Mittel, um ihre Autorität zu untermauern. Und weil ich sie gut kannte, wusste ich, dass ihr Erröten sie wütend machen würde. Da wir keinen Durchsuchungsbefehl besaßen und genau genommen hier gar nichts zu suchen hatten, was auch nur im Entferntesten von der Polizei gedeckt wurde, war wütend zu werden in meinen Augen nicht die allerbeste Taktik.
»Steban«, sagte ich, bevor Deborah etwas Bedauerliches tun konnte.
»Hä?«
»Wie lange arbeiten Sie schon hier?«
Er zuckte die Achseln. »Seit hier geöffnet wurde. Ich habe schon zwei Jahre vorher im alten Stadion gearbeitet.«
»Also waren Sie letzte Woche hier, als die Leiche auf dem Eis entdeckt wurde?«
Steban sah weg. Unter der Sonnenbräune nahm sein Gesicht eine grünliche Färbung an. Er schluckte schwer. »So etwas will ich nie wieder sehen, Mann«, sagte er. »Niemals.«
Ich nickte voller echt synthetischem Mitgefühl. »Ich kann Ihnen wirklich keinen Vorwurf daraus machen«, meinte ich. »Wir sind deswegen hier, Steban.«
Er runzelte die Stirn. »Wie meinen Sie das?«
Ich schaute kurz zu Deb um mich zu überzeugen, dass sie nicht gerade eine Waffe zog oder ähnlichen Blödsinn trieb. Sie funkelte mich voll schmallippiger Missbilligung an und klopfte mit dem Fuß, aber sie hielt den Mund.
»Steban«, sagte ich, wobei ich ein wenig näher an den Mann heranrückte und meiner Stimme einen möglichst vertraulichen und männlichen Klang gab. »Wir glauben, Sie könnten das Gleiche noch einmal erleben, wenn Sie jetzt die Tore aufschließen.«
»Scheiße!«, explodierte er. »Damit will ich nichts zu tun haben.«
»Natürlich nicht.«
» Me cago en diez auf diesen Scheiß«, sagte er.
»Ganz genau«, stimmte ich ihm zu. »Also, warum lassen Sie uns nicht als Erste nachschauen? Nur um sicherzugehen.«
Er sah mich einen Moment an, dann Deborah, die immer noch wütend funkelte – ein sehr attraktiver Blick, im hübschen Gegensatz zu ihrer Uniform.
»Ich könnte Schwierigkeiten bekommen«, sagte er. »Meine
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