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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Mikrofone direkt unter seiner Nase, und gab eine offizielle Erklärung ab. »Es war immer die Politik des Departments, dem Leiter der Ermittlungen völlige Freiheit zu lassen, es sei denn, es wird offensichtlich, dass schwere Irrtümer in der Beurteilung von Fakten Zweifel an der Kompetenz des Beamten wachrufen. Dieser Zeitpunkt ist noch nicht gekommen, aber ich habe ein Auge auf die Situation. Da für die Gemeinschaft so viel auf dem Spiel steht …«
    Ich entdeckte Deborah und schob mich hinter ihnen vorbei. Sie stand in ihre blaue Uniform gekleidet am gelben Absperrband. »Hübscher Anzug«, grüßte ich.
    »Mir gefällt er«, erwiderte sie. »Hast du es gesehen?«
    »Ich hab es gesehen«, sagte ich. »Außerdem war ich dabei, als Captain Matthews den Fall mit Detective LaGuerta diskutiert hat.«
    Deborah hielt den Atem an. »Was haben sie gesagt?«
    Ich tätschelte ihren Arm. »Ich glaube, ich habe einmal gehört, wie Dad eine sehr farbenfrohe Umschreibung benutzte, die ungefähr dem entsprach. Er hat ihr ›ein neues Arschloch geschnitzt‹. Kennst du den?«
    Erst sah sie erschreckt drein, dann zufrieden. »Das ist großartig. Jetzt brauche ich wirklich deine Hilfe, Dex.«
    »Im Gegensatz zu vorher, wie?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst für mich getan zu haben, aber es war nicht genug.«
    »Wie unfair, Deborah. Und so unfreundlich. Immerhin stehst du in Uniform an einem Tatort. Würdest du die Nuttenklamotten vorziehen?«
    Sie schauderte. »Darum geht es nicht. Du verschweigst mir schon die ganze Zeit etwas, und ich will wissen, was es ist.«
    Einen Moment lang wusste ich nichts zu sagen, immer ein unangenehmes Gefühl. Ich hatte nicht geahnt, wie scharfsinnig sie war. »Deborah, warum …«
    »Hör mal, du glaubst, dass ich nicht weiß, wie dieses Diplomatiezeug funktioniert, und vielleicht bin ich darin nicht so gut wie du, aber mir ist klar, dass jetzt alle eine ganze Weile damit beschäftigt sein werden, ihren eigenen Arsch zu retten. Was heißt, dass niemand irgendwelche echte Polizeiarbeit leisten wird.«
    »Was wiederum bedeutet, dass du hier eine Chance siehst, selber tätig zu werden? Bravo, Deb.«
    »Und außerdem heißt es, dass ich deine Hilfe so dringend brauche wie nie zuvor.« Sie streckte die Hand aus und drückte meine. »Bitte, Dexy?«
    Ich weiß nicht, was mich am meisten erschütterte – ihre Menschenkenntnis, ihr Händedruck oder ihre Verwendung des Spitznamens »Dexy«. So hatte sie mich seit meinem zehnten Lebensjahr nicht mehr genannt. Ob sie es nun beabsichtigte oder nicht, indem sie mich Dexy nannte, hatte sie uns beide ins Harry-Land zurückgeführt, an einen Ort, wo die Familie zählte und Verpflichtungen so real waren wie kopflose Nutten.
    »Selbstverständlich, Deborah«, sagte ich. Dexy, in der Tat. Es reichte beinah, um echte Gefühle zu entwickeln.
    »Gut«, erwiderte sie, jetzt wieder völlig geschäftsmäßig, ein wunderbar schneller Umschwung, den ich bewundern musste. »Nun, welche Einzelheit fällt diesmal ganz besonders auf?«, fragte sie mit einem Nicken in Richtung zweiter Stock.
    »Die Leichenteile«, erwiderte ich. »Weißt du, ob schon jemand danach sucht?«
    Deborah bedachte mich mit einem ihrer neuen Abgebrühter-Cop-Blicke, einem schlecht gelaunten. »Soweit ich weiß, sind mehr Beamte damit beauftragt, die Kameraleute abzuwehren als mit der eigentlichen Ermittlungsarbeit.«
    »Gut«, sagte ich. »Wenn wir die Leichenteile finden, kommen wir vielleicht ein Stückchen weiter.«
    »Okay. Wo suchen wir?«
    Eine vernünftige Frage, die mich natürlich in Verlegenheit brachte. Ich hatte keine Ahnung, wo man suchen musste. Würden die Glieder noch im eigentlichen Mordraum liegen? Das glaubte ich nicht – mir schien es zu unordentlich, und ihm wäre es unmöglich den Raum wieder zu benutzen, wenn dort dieser eklige Plunder herumlag.
    Nun gut, ich musste von der Annahme ausgehen, dass sich das übrige Fleisch anderswo befand. Aber wo? Oder, dämmerte mir langsam, sollte die korrekte Frage vielleicht lauten: Warum?
    Die Zurschaustellung der Köpfe hatte einen Grund. Aus welchem Grund sollte er die Leichenreste an einen anderen Ort bringen? Nur um sie zu verstecken? Nein – nichts, was er tat, war so simpel, und Heimlichtuerei war offensichtlich keine Tugend, die er besonders schätzte. Besonders jetzt, wo er ein wenig prahlte. Wo würde er in diesem Fall die Überreste unterbringen?
    »Nun?«, bohrte Deborah. »Was ist jetzt? Wo sollen wir nachsehen?«
    Ich

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