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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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schänden sie – immer wieder, Oscar. Aber mein Sohn soll für sie eintreten und seine Kinder dazu erziehen.« Oscar schwieg. Er schwieg sogar sehr lange, griff nur nach dem Paket und entfernte den Umschlag und ließ ihn in den Mälar flattern. Erst als wir wieder bei unserem Seitentor angelangt waren, lachte er plötzlich auf. »Mama, das Liebesgezwitscher deines alten Anbeters war köstlich – wenn Papa das wüsste!«

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    An meinem Krönungstag.
(21. August 1829.)
    D ésirée, ich flehe dich an, komm nicht zu spät zu deiner eigenen Krönung!« Dieser Satz wird mich bis an mein Lebensende verfolgen. Jean-Baptiste rief ihn mir ununterbrochen zu, während ich verzweifelt alle Schubfächer durchsuchte. Marie half mir dabei. Und Marceline und Yvette. Dazwischen bewunderte ich Jean-Baptiste, der heute seinen eigenen Krönungsornat trug. Die goldenen Ketten, die um seinen Hals lagen, und die komischen Stiefel mit ihrem Hermelinbesatz hatte ich bisher nur auf Bildern gesehen. Den schweren Mantel wollte er erst später umnehmen. Wenn er die Krone aufsetzen würde –
    »Désirée, bist du noch immer nicht fertig?«
    »Jean-Baptiste, ich kann sie nicht finden, ich kann nicht!«
    »Was suchst du denn eigentlich?«
    »Meine Sünden, Jean-Baptiste. Ich habe sie alle aufgeschrieben, und jetzt ist der Zettel verschwunden!«
    »Herrgott, kannst du dich nicht an sie erinnern?«
    »Nein, es sind so viele Sünden, aber lauter kleine, weißt du! Und deshalb habe ich sie mir genau aufgeschrieben. Yvette, schau noch einmal unter meiner Wäsche nach!« Vor dem Beginn der Krönungszeremonien sollte ich nämlich mit der Sternschnuppe zur Beichte gehen. Wir beide sind die einzigen katholischen Mitglieder des protestantischen Königshauses Bernadotte im lutheranischen Schweden. Deshalb hatte die Geistlichkeit – die protestantische des Landes und der katholische Pfarrer, der sich um mein Seelenheil kümmert – beschlossen, dass ich zuerst in aller Stille in der Hauskapelle beichten soll. Diese Kapelle hat Oscar für die fromme kleine Enkelin der wenigerfrommen großen Josephine im obersten Stockwerk des Schlosses einrichten lassen. Erst nach Absolution meiner Sünden sollte ich schnell meinen Krönungsornat anlegen und in feierlicher Prozession in die Storkyrka fahren. Alles war vorbereitet. Auf meinem Bett lag das weiß-goldene Kleid ausgebreitet, dessen Brokat einst Papa in der Hand gehalten hat. Daneben der Purpurmantel der Königinnen von Schweden, den man für mich etwas kürzer machen musste. Und die kleine Krone, frisch geputzt. Ich habe mich nicht getraut, sie zu probieren.
    »Mama, es ist höchste Zeit!« Josefina war eingetreten. »Aber ich kann den Zettel mit meinen Sünden nicht finden«, stöhnte ich. »Kannst du mir vielleicht deinen borgen?« Die Sternschnuppe war entrüstet. »Aber Mama, ich habe doch keinen Zettel! Man merkt sich doch seine Sünden!«
    »Die Sünden sind auch nicht unter der Wäsche Eurer Majestät«, meldete Yvette. Wir gingen in den kleinen Salon hinüber. Hier wartete Oscar in Galauniform. »Ich habe wirklich nicht geahnt, dass die Krönung deiner Mama solche Begeisterung erwecken wird. In den kleinsten Bergdörfern wird gefeiert. Schau hinunter, Oscar, alles schwarz vor Menschen«, sagte Jean-Baptiste zu ihm. Beide hielten sich vorsichtig hinter der Gardine verborgen, um nicht gesehen zu werden. »Mama ist ungeheuer populär«, antwortete Oscar. »Du weißt gar nicht, was Mama bedeutet…« Jean-Baptiste lächelte mir zu. »Wirklich?« Und wurde sofort wieder ärgerlich. »Ihr müsst euch beeilen, du und Josefina. Hast du deine Sünden oder hast du sie nicht, Désirée?« »Ich habe sie nicht«, sagte ich und sank erschöpft auf ein Sofa. »Und Josefina will mir ihre nicht borgen! Was hast du für Sünden, Josefina?«
    »Die gestehe ich nur dem Beichtvater«, sagte die Sternschnuppe und lächelte mit geschlossenen Lippen undseitlich geneigtem Kopf. »Was hast du für Sünden, Jean-Baptiste?«, erkundigte ich mich. »Ich bin ein Sohn der protestantischen Kirche«, murmelte Jean-Baptiste scheinheilig. »Vielleicht kann dir Josefina auf dem Weg mit ein paar Sünden aushelfen, ihr müsst jetzt gehen!« Yvette reichte mir einen Schleier und die Handschuhe. »Man kann auch nicht die geringste Hilfe von seiner Familie erwarten«, konstatierte ich erbittert. »Ich weiß einen Ausweg, Mama! Du lebst seit Jahren in sündiger Gemeinschaft mit einem Mann«, erklärte Oscar. »Dieser Scherz führt zu

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