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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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glatt bleiben, sonst sitzt die Krone nicht«, ermahnte Jean-Baptiste. Er zog einen Bogen Papier hervor und studierte ihn.
    »Deine Sünden, Jean-Baptiste? Eine lange Liste!«
    »Nein, Anmerkungen über die Krönungszeremonie. Soll ich dir noch einmal alles vorlesen?«
    Ich nickte. »Hör genau zu! Den Krönungszug eröffnen Pagen und Herolde in den Kostümen, die man ihnen gelegentlich meiner Krönung machen ließ. Übrigens sehr hübsche Kostüme, du wirst staunen. Die Herolde haben Fanfaren. Hinter ihnen schreiten die Mitglieder der Regierung. Dann die Abgeordneten. Schließlich eine Abordnung ausNorwegen. Du wirst ja gleichzeitig auch zur Königin von Norwegen gekrönt. Ich habe mir sogar gedacht, dass du dich noch einmal krönen lassen sollst. In Christiania nämlich. Diese überwältigende und wirklich rührende Freude, mit der ganz Schweden deine Krönung begrüßt, bringt mich auf den Gedanken –«
    »Nein«, sagte ich. »Nicht in Christiania. Unter keinen Umständen!«
    »Und warum nicht?«
    »Desideria – die Erwünschte. Hier, aber nicht in Norwegen. Vergiss nie, dass du Norwegen in diese Union gezwungen hast!«
    »Das war notwendig, Désirée.«
    »Vielleicht hält die Union noch zu Oscars Zeiten. Aber nicht viel länger. Dann ist es auch gleichgültig …«
    »Weißt du eigentlich, dass du Hochverrat aussprichst? Zehn Minuten vor deiner Krönung?«
    »In hundert Jahren werden wir beide auf einer gemütlichen Wolke im Himmel sitzen und uns weiter darüber unterhalten. Dann werden sich die Norweger wieder unabhängig erklären und, um Schweden zu ärgern, einen dänischen Prinzen zum König wählen. Wir beide auf unserer Wolke werden sehr lachen. Denn dieser Däne wird sicherlich einen Spritzer Bernadotte-Blut in seinen Adern haben. Ehen zwischen Nachbarskindern sind so häufig … Yvette, rufe Marie, sie soll mir das Krönungskleid anziehen!«
    Marceline und Marie stürzten gleichzeitig herein. Ich streifte den Frisiermantel ab. Marie stand mit dem Krönungskleid vor mir. Die Goldfäden im weißen Gewebe hatten im Laufe der Zeit einen silbernen Schimmer bekommen. Und als ich das Kleid angezogen hatte, atmete ich tief auf. Es war das schönste Kleid, das ich jemals gesehen hatte.
    »Was geschieht weiter, Jean-Baptiste? Wer marschiert hinter der norwegischen Delegation?«
    »Deine beiden Grafen mit den Reichsinsignien. Auf blauen Samtkissen.«
    »Kannst du dich noch daran erinnern, wie ich Josephines Taschentuch durch den ganzen Dom von Notre-Dame getragen habe? Und diese Aufregung, weil Napoleon zuerst keine zehn unberührten Jungfrauen finden konnte?«
    »Die Reichsinsignien hätten eigentlich von den höchsten Beamten des Staates getragen werden sollen«, sagte Jean-Baptiste. »Aber du hast ja auf deine Ritter bestanden.«
    Ja, ich habe darauf bestanden, dass die Grafen Brahe und von Rosen sie trugen. Die beiden haben das Gewicht ihrer Namen in die Waagschale geworfen, als sich die Schweden an die Seidenhändlerstochter gewöhnen mussten.
    »Hinter ihnen schreitet die von dir gewünschte Dame mit der Krone. Die Krone liegt auf einem roten Kissen.«
    »Bist du vielleicht unzufrieden mit meiner Wahl? Es steht nirgends geschrieben, dass es sich um eine unberührte Jungfrau handeln muss. Nur um eine Dame aus angesehenem Adelsgeschlecht. Ich habe deshalb vorgeschlagen, dieses Ehrenamt dem Hoffräulein Mariana von Koskull zu übertragen.« Ich zwinkerte Jean-Baptiste zu. »In Anbetracht ihrer Verdienste um die Königshäuser Vasa und Bernadotte.«
    Da beugte sich Jean-Baptiste plötzlich interessiert über die Kronjuwelen. Ich streifte die großen Ringe über. Zuletzt legte ich die großen Brillanten um den Hals, sie kratzten mich etwas und waren kalt und fremd. »Marceline, du kannst im Salon mitteilen, dass ich fertig bin!«
    Marie wollte mir den Purpurmantel umlegen, aber Jean-Baptiste nahm ihn ihr ab. Zärtlich, sehr zärtlich legteer ihn mir um die Schultern. Wir standen nebeneinander vor dem großen Spiegel. »Wie in einem Märchen – es war einmal ein großer König und eine kleine Königin«, flüsterte ich. Dann wandte ich mich schnell um. »Jean-Baptiste – das Flugblatt!« Ruhig nahm er den Rahmen von der Wand. Und stand vor mir in seinem Königsmantel und trug Schwedens Krone auf der gesalbten Stirn und hielt mir das Blatt entgegen. Tief beugte ich den Kopf und küsste die Glasplatte über dem verblassten Text der Menschenrechte. Als ich aufsah, war Jean-Baptistes Gesicht weiß vor

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