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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Mai
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Zünfte. Ebenso die Preise und Löhne. Die Zünfte wachten streng über die Einhaltung ihrer Regeln. Und sie gewannen bald auch großen Einfluss auf die Stadtpolitik. Reiche Handwerksmeister und wohlhabende Kaufleute wurden zu einer Art neuen Adelsschicht, die man »Patrizier« nannte. Für sie galt der Satz »Stadtluft macht frei« tatsächlich. Formal galt er für alle Bürger einer Stadt. Anders als die meisten Bauern waren sie persönlich frei, das heißt, sie konnten Wohnung und Beruf frei wählen, konnten heiraten, wen sie wollten, über ihren Besitz frei verfügen, ihn vermehren oder verkaufen – wenn sie welchen hatten! Denn die meisten Menschen in der Stadt hatten kaum mehr, als sie zum Leben brauchten. Die städtische Freiheit hat die Unterschiede zwischen Reich und Arm nicht beseitigt. Neben den wohlhabenden Kaufmannsfamilien und reichen Handwerksmeistern gab es viele arme Handwerksgesellen, Knechte und Mägde. Sie wohnten oft im Haus ihrer Herren und Meister und hatten zu tun, was man ihnen befahl. Sie waren tatsächlich kaum freier als hörige Bauern.
    Die prächtigen Häuser der Patrizier standen meistens in der Nähe des Marktplatzes. Etwas abseits davon wurden die Gassen enger, die Häuser einfacher und schmuckloser. Da der Platz in den Städten bald knapp wurde, baute man die Häuser höher. Im Erdgeschoss befanden sich die Arbeitsräume, im ersten Stock Wohn- und Schlafzimmer. Unter dem Dach hatten Lehrlinge und Gesinde ihre Schlafstätten, die oft nur aus einem Strohlager bestanden. Die Nahrung der einfachen Menschen in der Stadt unterschied sich kaum von der der Bauern. Die meisten waren froh, wenn sie jeden Tag satt wurden. Nur die wohlhabenden Bürger konnten sich regelmäßig Mahlzeiten mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Salaten und dazu Wein leisten.
    Eine Gruppe von Menschen lebte in den Städten isoliert: die Juden. Ihre eigene Religion, ihre Sitten und Gebräuche trennten sie von den Christen. Als Nichtchristen waren sie im Grunde rechtlos. Aber seit der Karolingerzeit standen sie unter dem besonderen Schutz des Königs – den sie allerdings bezahlen mussten. Das war für sie meistens kein Problem, denn es gab viele reiche Juden. Deren Reichtum aber weckte den Neid der Nichtjuden. Und dass sie im Gegensatz zu den Christen für ausgeliehenes Geld Zinsen nehmen durften, auch Wucherzinsen, steigerte die Abneigung vieler Christen noch.
    Die Kirche trat für eine strenge Isolierung der Juden von der christlichen Bevölkerung ein. Juden durften keine Christen heiraten, keine Grundstücke kaufen, kein Handwerk ausüben, nicht in der Verwaltung arbeiten und mussten in eigenen Vierteln, den »Gettos«, wohnen. Hier stand die Synagoge, hier predigte der Rabbiner und hier lag auch der Judenfriedhof.
    Aus dem Jahr 1215 stammt eine Verordnung, nach der sich Juden durch eine besondere Kleidung als Juden kenntlich machen mussten. Man zwang sie, einen spitzen Hut zu tragen und einen gelben Fleck auf ihre Kleider zu nähen. Und schon im Mittelalter kam es immer wieder zu Ausschreitungen gegen Juden, zu Verfolgungen und Mord.
    So frei, wie seit Jahrhunderten behauptet und erzählt wird, machte die Stadtluft also keineswegs. Und weil in den Städten viele Leute auf engem Raum zusammenlebten, waren die hygienischen Verhältnisse oft schlechter als in den Dörfern. In den Straßen und Gassen lag allerlei Unrat, das Trinkwasser war schmutzig, die Lebensmittel oft verdorben, was zu Krankheiten und Seuchen führte. Manchmal starben ein Viertel und mehr der Einwohner einer Stadt an solchen Seuchen, vor allem an der Cholera und am »schwarzen Tod«, der Pest.
    Nach zwei Kapiteln über das Alltagsleben im Mittelalter handelt das folgende wieder von der großen Politik. Die mittelalterlichen Menschen waren von dieser Politik zwar betroffen, aber anders als die Menschen heute gestalteten sie sie nicht mit. Oft nahmen sie das politische Geschehen überhaupt erst dann wahr, wenn sie, wie in Kriegszeiten, Opfer wurden.

Wer ist der Höchste im Land?
    Seit Otto I. gab es wieder einen »Römischen Kaiser«, der sich als Schutzherr und weltlicher Führer der Christenheit sah. Gleichzeitig beanspruchte der Papst in Rom die Rolle des geistlichen Führers. Während die Ottonen, wie das Geschlecht nach ihrem bedeutendsten Vertreter Otto I. genannt wurde, auf dem Thron saßen, gab es keine ernsthaften Probleme zwischen Papst und Kaiser. Auch als im Jahre 1024 das Geschlecht der Salier die Ottonen ablöste, änderte sich daran nichts.

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