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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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Nationale-Einheits-Partei, NEP, zusammengeschlossen haben, witzelte er: »Ach, was kann ein DEPP denn schon ausrichten!«
    »Na, Osman, wo seid ihr denn jetzt?«, fragt er sofort.
    »Hans, vergiss es! Ich wollte dir nur sagen, dass der aktuelle ›Spiegel‹ ganz anderer Meinung ist als du! Ich zitiere: ›Dass sich alle Rechtsradikalen in der Nationalen-Einheits-Partei zusammengeschlossen haben, hat bei diesem bemerkenswerten Ergebnis sicherlich eine wesentliche Rolle gespielt. Auch, dass die CDU/CSU diverse NEP-Parolen übernommen hat, war für die Rechten im Endeffekt von Vorteil. Die Menschen haben lieber das Original gewählt!‹«
    »Na ja, wie sagt man so schön: Jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient«, meint Hans ziemlich nüchtern. »Dann haben die Deutschen eben nichts Besseres verdient …«
    »Kann man euch denn nicht mal einen Moment aus den Augen lassen? Deshalb hatte ich mich bisher noch nicht getraut, eine Weltreise zu machen«, weise ich ihn sehr vorwurfsvoll zurecht. Wer versteht – der versteht!
    »Wir Bremer sind die Einzigen, die bewusst gegen den Trend gewählt haben«, sagt er mit einem stolzen Unterton.
    »Die Nazis sind bei uns nicht auf dem zweiten Platz?«, rufe ich etwas versöhnlicher.
    »Doch, auf dem zweiten Platz sind sie schon, aber nicht hinter der CDU, sondern hinter der SPD. Aber was erwartest du denn, wenn nur 24 Prozent wählen gehen.«
    »Bist du denn wählen gegangen?«
    »Öhmm … nicht direkt. Es nieselte ein bisschen und ich musste auch in meinem Schrebergarten so viel erledigen …«
    »Ja, ja, kenn ich, wenn es nicht regnen würde, hättest du nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt vor den Nazis gerettet! Du Vaterlandsverräter!«
    »Ich hab meine Stimme wenigstens nicht verkauft! Du Wahlfälscher!«
    »Ich hab sie nicht verkauft! Nur meinem Sohn geliehen!«
    »Apropos Vaterlandsverräter. Osman, du ahnst nicht, was hier los ist. Plötzlich, von einem Tag auf den anderen, auten sich ganz normale Leute als glühende Faschos!«
    »Tatsächlich? Wer denn zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel der Dünnebier, unser Personalchef.«
    »Ist das etwa neu für dich? Das habe ich bei dem Kerl immer hundert Meter gegen den Wind gerochen, wenn der mal zur Abwechslung nicht allzu sehr nach diesem billigen Apfelkorn stank!«
    Plötzlich ist die Verbindung weg – mein hoher Blutdruck nicht!
    5 Stunden später, nach der Ankunft, erwischt mich Hans im Dorf bei meinem Onkel Ömer auf dem Balkon.
    Ich laufe mit dem Händy sofort in den Stall.
    »Hans, wir sind endlich in Disneyland in Paris angekommen«, tue ich aufgeregt. »Meine kleine Tochter Hatice ist wegen der vielen Tiere hier völlig aus dem Häuschen«, sage ich und halte das Händy dem gelangweilten Esel Tarzan vors Maul. Aber der sture Esel weigert sich hartnäckig, in mein Händy zu i-aaen. Es ist ihm wohl nicht schick genug. Ich kann es ihm nicht mal verdenken, wenn ich sehe, was für tolle Händys heutzutage die Leute im Dorf haben.
    Im Gegensatz zum Esel Tarzan ist die Kuh Pembe viel gesprächiger und muht dem Hans lange und ausgiebig die Ohren voll. Und mir sabbert sie genüsslich mein Telefon voll.
    Meine Händy-Kreuzfahrt quer durch Europa gefällt mir gut. Aber nur Europa finde ich auf die Dauer schon ein bisschen langweilig. Bei seinem nächsten Anruf werde ich mir was Neues, viel Spannenderes ausdenken.

9 Trotz des unaufhörlichen Störfeuers aus Deutschland, in Form von schrecklichen Nachrichten und nervigen Arbeitskollegen, vergeht mein einmonatiger Urlaub so schnell wie ein einziger Tag!
    Als wir uns verabschieden, werde ich von meiner Tante Ülkü und den restlichen Dorfbewohnern kraftvoll umarmt und unaufhörlich auf beide Wangen geküsst. Ich meinerseits tue so, als würde ich sie auch küssen, aber berühre sie nicht mal. Die meisten ansteckenden Krankheiten werden doch bei solchen Sexorgien übertragen!
    Meiner Tante Ülkü fließen reichlich Tränen über die Wangen.
    Sie verliert jedes Jahr sehr viel Flüssigkeit, wenn wir nach dem Urlaub wieder nach Deutschland fahren. Heute ist es halt ein bisschen mehr, weil wir ihren Mann mitnehmen. Wer weiß, vielleicht sind es ja auch Freudentränen, so richtig pflegeleicht ist mein Onkel nämlich auf Dauer auch nicht.
    Ich kann also mit Recht stolz verkünden, dass meine Tante mich fast so sehr liebt wie ihre brasilianischen Vormittagsserien. Bei diesen Fernsehserien weint sie sogar noch ein bisschen mehr.
    Während der fünfstündigen Fahrt mit dem

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