Deutschland allein zu Haus
deutlicher.
»Ich habe zwar schwarze Haare auf dem Kopf, aber den Adler auf dem Pass«, rufe ich stolz. »Und im Herzen«, füge ich hinzu, um Pluspunkte zu sammeln.
»Und ich habe die neue Verordnung hier auf dem Tisch«, sagt er. »Seit zwei Tagen werden alle Einbürgerungen der letzten 50 Jahre auf ihre Richtigkeit geprüft. So lange stellen Sie sich da drüben an!«
Um meiner Frau noch eine Enttäuschung zu ersparen – Onkel Ömer versteht zum Glück kein Wort Deutsch –, laufe ich schnell rüber zum ›Kanakenschalter‹ und treffe dort … wie sollte es anders sein: meinen Kumpel Kurzbein-Hamdi. Na ja, ein Unglück kommt selten allein!
Der Kurzbein-Hamdi erzählt mir seit 30 Jahren unaufhörlich, dass es uns in Deutschland genauso ergehen wird wie früher den Juden! Damit nervt der Spinner mich seit Jahrzehnten! Andere Türken reden ständig über Fußball und Weiber, Kurzbein-Hamdi redet nur über Nazis. Man könnte fast meinen, er ist ein FC-Nazi-Fän. Der Mann hat eine echte Macke, eine echt nervende Macke.
»Na, Osman, glaubst du jetzt an mich?«, begrüßt er mich selbstsicher.
»Wieso sollte ich denn an dich glauben? Bist du etwa neuerdings Prophet geworden?«, tue ich ahnungslos.
»Glaubst du mir jetzt, dass es uns wie den Juden ergehen wird?«
»Du glaubst es ja selber nicht«, entgegne ich, »sonstwärst du nach dem Urlaub mit Sicherheit nicht wieder zurück nach Deutschland gekommen. Aber ich hab dich im Flugzeug gar nicht gesehen«, versuche ich das Thema zu wechseln. Natürlich keine Chance!
»Ich sitze doch immer ganz hinten, damit ich zum Klo nicht lange humpeln muss! Aber glaubst du mir jetzt endlich, du Dickkopf, dass die Geschichte sich wiederholt? So wie ich es immer und immer wieder vorausgesagt habe?«
»Wieso sollte die Geschichte sich denn wiederholen, das ist doch kein ZDF-Krimi.«
»Damals haben sie auch nicht lange gefackelt!«, sagt er. »Schon am ersten Tag haben sie zuerst der Demokratie den Hals umgedreht und danach allen anderen!«
»Kurzbein, wie bist du denn drauf? Verglichen mit dir ist ja der olle Sarrazin ein vorurteilsfreier Bilderbuchdemokrat!«
»Osman, wollen wir wetten, dass es uns in Deutschland genauso ergehen wird?«
Er blüht regelrecht auf, weil er sich anscheinend sicher ist, dass sich sein jahrelanger Pessimismus endlich bewahrheiten wird.
»Kurzbein, heute haben wir doch ein vollkommen anderes Deutschland. Wir sind in der EU, wir haben eine gut funktionierende Demokratie, dazu ein tolles Grundgesetz und und und!«
»Wollen wir wetten, habe ich gefragt, nicht kneifen!«
»Gute Idee! Mit Arbeiten konnte ich nicht reich werden, mit Wetten schaffe ich es vielleicht. Um was wollen wir denn wetten?«
»Um 50 Euro!«
»Ich fass es nicht! Ist Deutschlands Zukunft dir etwa nur50 Euro wert? Wegen 50 läppischen Euro jammerst du mir also seit 30 Jahren die Ohren voll?«
»Na, hör mal, ich lebe von einer mickrigen Behindertenrente und sauge nicht wie du, wie ein Blutegel, die arme Halle 4 aus!«
»Also gut, also gut, heul nicht, leicht verdientes Geld für mich«, lenke ich ein und rufe dann, um dieses leidige Thema zu beenden: »Eminanim, Onkel Ömer, kommt hierher, ich bin hier drüben. Schaut doch, wen ich getroffen habe, den Kurz … Hamdi.«
»Welcher Hamdi ist es denn?«, flüstert mir meine Frau ins Ohr, als sie sich zu uns in die Schlange stellt. »Doch bitte nicht dieser nervige Hamdi.«
»Doch, der! Der seit 30 Jahren denselben Quatsch erzählt. Ich habe eben um 50 Euro dagegen gewettet.«
»Ich fass es nicht! Deutschlands Zukunft ist dir also nur 50 Euro wert?«
»Na, hör mal, ich muss für mein Geld in Halle 4 hart arbeiten und sauge nicht wie du, wie ein Blutegel, die ganze Zeit einen armen, hilflosen Ehemann aus!«
10 Schöner Mist!
Sind wir etwa in Greifswald gelandet?
Völlig überrascht sehe ich in der Bremer Bahnhofshalle mehrere glatzköpfige Skinhääds mit ihren riesigen Kampfhunden rumlaufen! Dafür ist weit und breit kein einziger Polizist zu sehen, nicht mal ohne Hund.
»Schöner Mist! Sind wir etwa in Dresden gelandet?«, schüttelt meine Frau ängstlich den Kopf.
»Eminanim, du bist vielleicht eine! Nach ein paar WochenTürkei-Urlaub erkennst du dein hübsches Bremen nicht mehr«, sage ich und versuche verkrampft zu lächeln, um ihr die Angst zu nehmen.
In Greifswald oder Dresden ist die Lage vermutlich noch viel schlimmer als in Bremen, was den Skinhäädbefall pro Quadratmeter betrifft.
In was für dunklen
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