Deutschland. Ein Wintermärchen
Ende des Jahres: Bekanntschaft mit Karl Marx, die bis zur Ausweisung von Marx aus Paris im Januar 1845 andauert.
1844
Juli bis 16. Oktober: Zweiter und letzter Deutschlandbesuch, diesmal in Begleitung von Mathilde. September: Die zweite Gedichtsammlung
Neue Gedichte
erscheint zusammen mit
Deutschland. Ein Wintermärchen.
23. Dezember: Tod Salomon Heines und nachfolgender, langwieriger Erbschaftsstreit um Heines Jahresrente.
1847
Januar:
Atta Troll. Ein Sommernachtstraum
erscheint in Buchform.
1848
Februar: Zeitweilig Aufenthalt im Krankenhaus wegen fortschreitender Lähmungserscheinungen. 23. Februar: Heine wird Zeuge von Straßenkämpfen während der Pariser Februar-Revolution. Durch die Revolution endet die Pension, die Heine von Seiten der französischen Regierung wohl seit den 1830er Jahren gewährt wurde. Mitte Mai: Zusammenbruch im Louvre. September: Heine ist bettlägerig und wird durch seine Krankheit in die »Matratzengruft« gezwungen.
1851
Juli: Campe besucht Heine und verabredet mit ihm einen neuen Lyrikband
(Romanzero).
September: Der dritte Lyrikband
Romanzero
erscheint.
1854
Oktober: Heines
Vermischte Schriften
erscheinen in drei Bänden (darin:
Geständnisse, Gedichte 1853 und 1854
und
Lutezia,
eine Sammlung von Berichten für die
Allgemeine Zeitung
von Anfang der 1840er Jahre).
1855
Ab Juni bekommt Heine Besuch von Elise Krinitz, die er die »Mouche« (Fliege, nach einem Siegelring, den sie trug) nannte. Sie veröffentlichte später unter dem Pseudonym Camille Seiden u.a. ein Buch über die letzten Monate von Heines Leben.
1856
17. Februar: Heine stirbt. 20. Februar: Beerdigung auf dem Friedhof Montmartre, an der etwa 100 Menschen teilnehmen.
Aus Kindlers Literatur Lexikon:
Heinrich Heine, ›Deutschland. Ein Wintermärchen‹
»Versifizirte Reisebilder« nennt Heine selbst die 1844 erschienene Schilderung der Reise seines Ich-Erzählers durch das unter dem Eis von politischer und geistiger Unterdrückung erstarrte Deutschland. Die geschilderte Route entspricht in etwa jenem Reiseweg, den Heine selbst für seine Rückfahrt von Hamburg nach Paris im Winter 1843 wählte, nachdem er zum ersten Mal nach zwölf Jahren wieder Deutschland besucht hatte. Nur ordnet der Text die Stationen in umgekehrter Reihenfolge an, also nicht als Reise von Hamburg nach Aachen, wie Heine sie tatsächlich gemacht hat, sondern von Aachen nach Hamburg. Der Text war 1844 zuerst Teil der
Neuen Gedichte
. Im selben Jahr kam ein Separatdruck heraus, und Karl Marx druckte den Text im Pariser
Vorwärts!
ab.
Den 27 Capita ist ein Vorwort vorangestellt, das dem deutschen Leser zu erklären versucht, wie Patriotismus und Kosmopolitismus aus derselben Quelle gespeist werden und – wohlverstanden – zusammenfallen. Damit ist zugleich vorweg klargestellt, worum es in diesem Text geht: um eine Kritik des deutschen Obrigkeitsstaates sowohl hinsichtlich seiner ideologischen und historischen Wurzeln als auch seines Erscheinungsbildes. Dabei nimmt Caput 1 die Hochgestimmtheit des Vorworts noch mit hinüber in die Verserzählung und entwirft die Utopie einer befreiten Menschheit, die sich aus der Bevormundung durch die alten Mächte gelöst hat. »Zuckererbsen für jedermann« lautet die Verheißung und zugleich der Maßstab von Heines Kritik an den deutschen Zuständen. Das Ergebnis dieser Kritik ist vernichtend: Angeleitet von Hamburgs Stadtgöttin Hammonia sieht der Ich-Erzähler am Ende in Caput 26 im Nachtstuhl Karls des Großen eine in jeder Hinsicht abscheuliche Zukunft auf Deutschland zukommen. Diese Schlussvision dementiert nun aber keineswegs die Paradieseshoffnung des Eingangs, sondern zieht lediglich die Linie des historischen Ist-Zustandes weiter.
Zwischen beiden Visionen spannt er den Faden der Reise, der sich an drei Punkten verdickt: Dem Aufenthalt in Köln (Cap. 4–7), dem Besuch bei Barbarossa im Kyffhäuser (14–17) und dem Aufenthalt in Hamburg (20–26) widmet Heine jeweils mehrere Capita. Im Köln-Abschnitt geht es um radikale Religionskritik, darum, wie die Konsequenz der deutschen idealistischen Philosophie zu ziehen ist. Der Besucher im Kyffhäuser enttarnt den verheißenen Befreier als abgelebtes Gespenst alten Standesdenkens und dementiert damit zugleich die vom Preußen-König Friedrich Wilhelm IV . so sehr betonte mittelalterliche Legitimation politischer Herrschaft. Schließlich erfolgt die düstere Vision von Deutschlands Zukunft nicht umsonst im
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