DGB 01 - Aufstieg
irgendwelche
Spiele?«, fragte sie.
Sie zuckten die Achseln.
Sie zog ein Kartenspiel aus
ihrer Manteltasche. »Ich kann Ihnen eins zeigen«, grinste sie und setzte sich
ins Gras, um auszuteilen.
Die Soldaten legten ihre
Gewehre nieder und setzten sich in die länger werdenden blauen Schatten zu ihr.
»Soldaten lieben Karten«,
hatte Ignace Karkasy zu ihr gesagt, bevor sie das Flaggschiff verließ. Dann
hatte er gegrinst und ihr das Spiel gegeben.
Hinter der hohen Hecke lag
ein Zierwassergarten in schattigen Trümmern. Die Höhe der Hecke und der
angrenzenden Bäume, die gerade zu stacheligen schwarzen Formen vor dem rosa
Himmel mutierten, hielten den Rest direkten Sonnenlichts ab. Die Düsternis in
dem Garten hatte eine beinahe neblige Konsistenz.
Der Garten war früher einmal
aus rechteckigen Basaltplatten zusammengesetzt worden, die wie riesige Fliesen
angeordnet waren und eine Reihe von quadratischen flachen Becken umgaben, in
denen Lilien und leuchtende Wasserpflanzen in kieseligen Senken blühten, die
von irgendeinem Brunnen oder einer Wasserquelle gespeist wurden. An den Rändern
der Teiche hatten sich zerbrechliche Geisterfarne und Weiden angesiedelt.
Beim Angriff auf die
Hochstadt war die Gegend von Granaten getroffen worden, die viele Pflanzen und
eine große Anzahl der Steinplatten zerstört hatten. Viele der Steinplatten
waren ausgehoben worden, und mehrere Becken hatten durch Hinzufügung tiefer Krater
in Ausdehnung und Tiefe stark zugenommen.
Doch die verborgene Quelle
fütterte den Garten weiter, füllte die Granatlöcher und verteilte den Überlauf
zwischen die ausgehobenen Steinplatten.
Der ganze Garten bildete
einen schimmernden, flachen See in der Düsternis, aus dem verschlungene Äste,
gebrochenes Wurzelwerk und asymmetrische Steinsplitter ragten wie
Miniaturinseln.
Einige der intakten Platten,
zwei Meter lang und einen halben Meter dick, waren nicht wahllos durch die
Explosionen, sondern vorsätzlich umgeordnet worden. Sie waren so angeordnet,
dass sie einen Gehweg in das Gartengebiet bildeten, einen steinernen Damm, der
beinahe auf einer Höhe mit der Wasseroberfläche lag.
Loken betrat den Damm und
folgte ihm. Die Luft war klamm, und er hörte das Klackern von Amphibien und das
Zischen von Abendfliegen. Wasserpflanzen, deren fragile Farben beinahe in der
sich verdichtenden Dunkelheit untergingen, trieben beiderseits des Wegs auf dem
unbewegten Wasser.
Loken empfand keine Furcht.
Er war nicht dazu gebaut, welche zu empfinden, aber er registrierte eine
Beklemmung, eine Erwartung, die ihm Herzklopfen bereitete. Ihm war klar, dass
er gerade über eine Schwelle in seinem Leben schritt, und er glaubte fest, dass
das, was hinter dieser Schwelle lag, fürsorglich sein würde. Außerdem kam es
ihm richtig vor, in seiner Laufbahn einen ordentlichen Schritt nach vorn zu
machen. Seine Welt und sein Leben hatten sich in letzter Zeit nach dem Aufstieg
des Kriegsmeisters und der konsequenten Umgestaltung des Kreuzzugs gewaltig
verändert, und es war nur richtig, dass er sich mit veränderte. Eine neue
Phase, eine neue Zeit.
Er blieb stehen und schaute
zu den Sternen empor, die am sich verdunkelnden Himmel funkelten. Eine neue
Zeit, noch dazu eine herrliche neue Zeit. Wie er stand auch die
Menschheit auf einer Schwelle, um einen Schritt vorwärts zur Größe zu machen.
Er war tief in das Gewirr
des ausgedehnten Wassergartens eingedrungen, weit über den Lichtkreis der
Lampen in der Landezone hinter der Hecke und die Lichter der Stadt hinaus. Die
Sonne war verschwunden. Blaue Schatten umgaben ihn.
Der Damm endete. Wasser
glitzerte dahinter. Voraus, nach dreißig Metern unbewegten Teiches, erhob sich
eine kleine Gruppe Weiden wie ein Atoll und zeichnete sich silhouettenartig
gegen den Himmel ab.
Er fragte sich, ob er warten
sollte. Dann sah er Licht zwischen den Bäumen flackern, eine gelbe Flamme, die
so rasch wieder erlosch, wie sie aufgeleuchtet war.
Loken trat vom Damm ins
Wasser. Es reichte ihm bis zum Schienbein. Harte schwarze Kreise breiteten sich
über die spiegelblanke Wasseroberfläche aus. Er watete der Insel entgegen in
der Hoffnung, nicht plötzlich in einem unerwarteten Unterwasserkrater zu
versinken und diesem feierlichen Augenblick etwas Komödienhaftes zu verleihen.
Er erreichte die Baumgruppe
und blieb im flachen Wasser stehen, während er in die Schwärze zwischen den
Bäumen
Weitere Kostenlose Bücher