DGB 01 - Aufstieg
Durch Zufall war Keeler dort
gewesen und hatte die Bergung des Schildträgers von dem Bauernhof
aufgezeichnet. Es war ein Coup. Ihre wunderbar komponierten Bilder waren in der
gesamten Expeditionsflotte gezeigt und von den imperialen Heerscharen genossen
und verschlungen worden. Plötzlich war Euphrati Keeler in aller Munde.
Plötzlich waren Memoratoren doch gar keine so schlechte Sache. Mit einigen
wenigen brillanten Klicks ihres Bildaufzeichners hatte Euphrati die Sache der
Memoratoren enorm vorangetrieben.
Nun hoffte Mersadie,
dasselbe leisten zu können. Sie war gerufen worden. Darüber kam sie immer noch
nicht hinweg. Sie war auf den Planeten gerufen worden. Allein diese Tatsache
hätte bereits gereicht, aber wirklich wichtig war, wer sie gerufen
hatte. Er hatte persönlich ihre Überstellung autorisiert und für die Abstellung
einer Leibgarde und eines von Sindermanns besten Iteratoren gesorgt.
Sie begriff nicht, warum.
Bei ihrer letzten Begegnung war er so brutal gewesen, dass sie ihren Rücktritt
und die Rückkehr nach Hause mit dem ersten Transporter erwogen hatte.
Er stand auf einem Kiesweg
zwischen den Baumreihen und wartete auf sie. Während sie sich ihm näherten,
nahm sie bei den Soldaten schlichte Ehrfurcht bei seinem Anblick in voller
Rüstung wahr. Leuchtend weiß mit einer Spur Schwarz an den Säumen.
Sein Helm mit dem längs
verlaufenden Pferdeschwanzbusch war abgenommen und hing am Gürtel. Er war ein
Riese, zweieinhalb Meter groß.
Sie spürte, wie die Soldaten
rings um sie zögerten.
»Warten Sie hier«, sagte
sie, und sie blieben erleichtert zurück.
Ein Soldat der imperialen
Armee konnte so zäh sein wie ein altes Paar Stiefel, aber er wollte auf keinen
Fall etwas mit einem Astartes zu tun haben. Vor allem nicht mit einem der Luna
Wolves, den Mächtigsten der Mächtigen und der tödlichsten aller Legionen.
»Sie auch«, sagte sie zum
Iterator.
»Ah, in Ordnung«, sagte
Memed und blieb stehen.
»Der Ruf war persönlich.«
»Ich verstehe«, sagte er.
Mersadie ging zu dem
Hauptmann der Luna Wolves. Er überragte sie um so viel, dass sie die Augen
gegen die untergehende Sonne abschirmen musste, als sie zu ihm hochblickte.
»Memoratorin«, sagte er mit
einer Stimme so tief wie die Wurzel einer Eiche.
»Hauptmann. Bevor wir
anfangen, möchte ich mich entschuldigen für die Beleidigung, die ich Ihnen beim
letzten Mal...«
»Wenn ich mich beleidigt
fühlen würde, hätte ich Sie dann hergerufen?«
»Vermutlich nicht.«
»Sie vermuten richtig. Beim
letzten Mal sind mir Ihre Fragen sauer aufgestoßen, aber ich gestehe, dass ich
zu hart zu Ihnen war.«
»Ich habe mit unnötiger
Kühnheit gesprochen...«
»Es war eben jene Kühnheit,
die mich an Sie denken ließ«, erwiderte Loken. »Ich kann das nicht weiter
erklären. Ich werde es nicht tun, aber Sie sollten wissen, dass mich gerade
Ihre unangebrachten Worte hierher geführt haben. Deshalb habe ich beschlossen,
Sie ebenfalls herbringen zu lassen. Wenn es das ist, was Memoratoren tun, haben
Sie sehr gute Arbeit geleistet.«
Mersadie wusste nicht recht,
was sie sagen sollte. Sie ließ ihre Hand sinken. Die letzten Sonnenstrahlen
stachen ihr in die Augen.
»Soll ich... soll ich etwas
miterleben? Etwas memorieren?«
»Nein«, erwiderte er brüsk.
»Was sich jetzt ereignet, ereignet sich privat, aber ich wollte, dass Sie
wissen, dass es sich zumindest teilweise Ihretwegen ereignet. Bei meiner
Rückkehr werde ich Ihnen, wenn ich es als angemessen empfinde, gewisse
Erinnerungen mitteilen. Falls das akzeptabel ist.«
»Ich fühle mich geehrt,
Hauptmann. Ich bin sehr gespannt.«
Loken nickte.
»Soll ich mitkommen... «, begann
Memed.
»Nein«, sagte der Luna Wolve.
»Gut«, sagte Memed rasch und
wich zurück. Er entfernte sich und betrachtete eingehend einen Baumstamm.
»Sie haben mir die richtigen
Fragen gestellt und mir so gezeigt, dass ich auch die richtigen Fragen stelle«,
sagte Loken zu Mersadie.
»Habe ich das? Haben Sie sie
beantwortet?«
»Nein«, erwiderte er.
»Warten Sie bitte hier«, sagte er und ging zu einer Hecke, die von den feinsten
Topiaristen zu einer dicken grünen Festungsmauer zurechtgestutzt worden war. Er
schritt durch einen blättrigen Torbogen und war verschwunden.
Mersadie wandte sich den
wartenden Soldaten zu.
»Kennen Sie
Weitere Kostenlose Bücher