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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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herausfinden,
dass er an diesem Abend gar kein so außergewöhnliches Spektakel zu Gesicht bekam.
Doch dies war seine erste Belagerung, und er wusste es nicht besser. Erbitterte
Gefechte stellten auf Caliban die Ausnahme dar, so dass sich seine Ausbildung vor
allem auf den Nahkampf konzentriert hatte, weniger auf die Taktiken bei einer
Belagerung.
    Seit der Ankunft des Löwen
hatten die Ritter von Caliban nur noch selten untereinander Krieg geführt,
zumindest nicht in einem großen Maßstab oder auf systematische Art.
Normalerweise wurden Unstimmigkeiten oder Beleidigungen im traditionellen
Rahmen ritueller Gefechte ausgetragen.
    Ein Konflikt wie dieser, bei
dem zwei Ritterorden ihre gesamte Schlagkraft in die Waagschale warfen, um in einer
einzigen Schlacht eine Entscheidung herbeizuführen, spielte sich bestenfalls
einmal in einer ganzen Generation ab.
    »Du da!«, rief jemand hinter
ihm.
    Zahariel drehte sich um und sah
einen der Belagerungsmeister wütend auf ihn zueilen. »Der Angriff soll jeden
Moment beginnen! Warum bist du nicht auf deiner Position? Nenn mir deinen
Namen, Sar!«
    »Ich bitte um Verzeihung,
Meister«, sagte Zahariel und verbeugte sich im Sattel. »Ich bin Sar Zahariel.
Ich bin eben erst von den Hängen zurückgekehrt und sollte mich zu ...«
    »Zahariel?«, unterbrach ihn der
Meister.
    »Der den Löwen von Endriago
getötet hat?«
    »Ja, Meister.«
    »So, so. Dann ist es keine
Feigheit, die dich aufgehalten hat. Wem bist du zugeteilt?«
    »Ich gehöre zu Sar Hadariels
Männern, Meister, die auf der westlichen Linie vorrücken.«
    »Die sind verlegt worden«,
antwortete der Meister und zeigte ungeduldig auf die Belagerungslinien rechts von
Zahariel. »Sie sind jetzt in Position, um die Südmauer anzugreifen. Du findest
sie irgendwo dort drüben. Lass dein Streitross auf dem Weg dorthin bei den Stallknechten
zurück, und beeil dich, Junge. Der Krieg wartet nicht auf dich.«
    »Schon verstanden.« Zahariel
saß ab. »Und vielen Dank, Meister.«
    »Wenn du mir danken willst,
dann nimm deinen Platz im Gefecht ein«, knurrte der Mann und wandte sich ab.
»Du kannst davon ausgehen, dass es kein einfaches Unterfangen werden wird. Wir
haben hier viel zu lange unser Lager aufgeschlagen, was für diese Lupus-Bastarde
bedeutet, dass sie genug Zeit zur Vorbereitung hatten, um unseren Angriff
abzuwehren.«
    Er hielt inne, räusperte sich
und spuckte auf den Boden. Dann sah er auf eine Weise zur feindlichen Festung,
die wie ein Ausdruck widerwilligen Respekts wirkte. »Wenn du glaubst, du siehst
schon jetzt viel Feuer, dann warte erst mal ab, bis wir die Mauern erstürmen.«
     
    Während Zahariel zu Fuß
zwischen den Belagerungslinien hindurch zu seiner Einheit eilte, schien der
gegenseitige Beschuss nur noch schlimmer zu werden. Die feindlichen Geschütze
besaßen nicht die nötige Reichweite, um die Geschützstellungen des Ordens zu
treffen, doch die Geschosse schlugen immer noch nahe genug ein, so dass die
vordersten Reihen von einem Trümmerregen getroffen wurden.
    Als sich Zahariel der
Frontlinie näherte, hörte er hohes, helles Pfeifen, und kleine Splitter
prallten von den Panzerplatten ab, die seinen Körper einhüllten. Die Rüstung
schützte sein Fleisch und seine Knochen, dennoch war er erleichtert, als er im
Gewirr aus Schützengräben endlich Sar Hadariels ramponiertes Kriegsbanner
entdeckte.
    Er sprang in den Graben, in
dessen Halbdunkel sich die Krieger drängten. Ihre schwarze Rüstungen
reflektierten schimmernd das Feuer am Himmel.
    »Du hast es geschafft, Bruder«,
rief Nemiel, der ihn als Erster begrüßte, als er im Schützengraben landete.
    Das Sprechgitter in Nemiels
Helm verzerrte die Worte, doch Zahariel hätte die Stimme seines Cousins unter allen
Umständen wiedererkannt. »Ich dachte schon, du hast es dir anders überlegt und
bist nach Hause geritten.«
    »Damit du den ganzen Ruhm für
dich einstreichen kannst?«, konterte Zahariel. »Ich dachte, du kennst mich gut
genug, Bruder.«
    »Ich kenne dich besser, als du
es dir vorstellen kannst«, meinte Nemiel.
    Das Gesicht seines Cousins war
unter dem Helm verborgen, doch der Tonfall verriet Zahariel, dass er lächelte.
»Und ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du wie ein Verrückter zu uns
gelaufen bist, als das Bombardement begann. Mir kannst du nichts vormachen,
Nemiel. Es geht dir nicht um den Ruhm, sondern einzig um die Pflicht.«
    Nemiel deutete mit dem Daumen
auf den vorderen Bereich des Grabens und gab Zahariel zu

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