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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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bekommen.«
    »Tatsächlich?«
    Zahariel nickte. »Aye. Er
packte mich brutal an den Schultern und wies mich an, so etwas nie wieder zu sagen.
Er erklärte, es sei ein Teil ihrer Mission, solchem mystischen Unsinn ein Ende
zu setzen. Also Götter, Dämonen und so weiter.«
    »Die glauben nicht daran?«
    »Nein, sie glauben nicht daran.
Und es gefällt ihnen nicht, wenn andere daran glauben.«
    »Das hört sich engstirnig an.«
    »Eigentlich schon. Nur was ist,
wenn sie damit Recht haben?«
    Nemiel wandte sich von der
Brustwehr ab. »Vielleicht haben sie Recht, vielleicht auch nicht. In jedem Fall
finde ich, dass man dem Unbekannten immer unvoreingenommen begegnen sollte.«
    »Seit wann bist du so zurückhaltend?«,
wunderte sich Zahariel.
    »Du bist normalerweise
derjenige, der erst handelt und viel später nachdenkt.«
    »Ich weiß«, gab Nemiel lachend
zurück.
    »Vermutlich werde ich auf meine
alten Tage noch weise.«
    »Du bist fünfzehn, so wie ich.«
    »Dann habe ich in letzter Zeit
wohl etwas aufmerksamer zugehört.«
    Zahariel kniff die Augen
zusammen. »Wem?«
    »Den Leuten im Orden. Älteren
Leuten.«
    »Und was erzählen diese älteren
Leute?«
    »Das solltest du dir lieber von
ihnen persönlich erzählen lassen«, sagte Nemiel mit so todernster Miene, wie
Zahariel sie von seinem Cousin gar nicht kannte.
    »Was soll das heißen?«
    »Heute Abend findet eine
Versammlung statt, an der du teil-nehmen solltest.«
    »Wo?«
    »Ich warte beim letzten
Glockenschlag am Klostertor des Rund-saals auf dich. Dann werde ich es dir
zeigen.«
    »Das klingt nach
Heimlichtuerei«, überlegte Zahariel.
    »Und es klingt nach Ärger.«
    »Versprich mir, dass du
kommst.«
    Er ließ sich Zeit mit seiner
Antwort, doch der Ausdruck in den Augen seines Cousins besiegelte die Entscheidung.
    »Also gut, ich werde da sein.«
    »Hervorragend«, sagte Nemiel
sichtlich erleichtert.
    »Du wirst es nicht bereuen.«
     
    Das Echo des letzten
Glockenschlags war noch nicht ganz verhallt, da stand Zahariel vor dem
Klostertor. Die Lampendochte waren gelöscht worden, und von den Seneschallen,
die für gewöhnlich hier unterwegs waren, konnte er keine Spur entdecken.
    Auch wenn er selbst nicht
wusste, warum, hatte er auf dem Weg hierher darauf geachtet, dass niemand ihn
zu sehen bekam. Zwar waren die Begriffe nicht gefallen, dennoch hatte er das Gefühl,
dass er Verschwiegenheit und Vorsicht walten lassen sollte.
    Er konnte nicht leugnen, dass
die Vorstellung einer heimlichen Versammlung ihm ein Kribbeln bescherte und ihn
an eine Rebellion erinnerte, was seinem jugendlichen Geist außerordentlich
gefiel. Das Klostertor war geschlossen, und Zahariel sah verstohlen nach links
und rechts. Erst dann ging er weiter durch den Korridor und presste sich flach
gegen das warme Holz der Tür.
    Er umfasste den Griff, und es
verwunderte ihn nicht, dass die Tür unverschlossen war. Mit dem Rücken drückte
er dagegen, und sie öffnete sich knarrend. Er zuckte zusammen. Sobald der Spalt
breit genug war, schob er sich hindurch und drückte die Tür hinter sich zu.
Dann drehte er sich zu dem Saal um, in den er gelangt war.
    Ein paar Kerzen auf Ständern
rings um die Säule in der Mitte erhellten ihn nur schwach. In den hohen
Bleiglasfenstern spiegelte sich der flackernde Kerzenschein, und die Augen der
gemalten Helden schienen vorwurfsvoll auf ihn herabzusehen.
    Wortlos bat er sie um Vergebung
für diese Übertretung und ging weiter, wobei er überall nach Nemiel Ausschau
hielt. Schatten tauchten den Saal größtenteils in Dunkelheit, die von den
zuckenden Flammen der Kerzen nicht durchdrungen werden konnte.
    »Nemiel?«, wisperte er und
blieb erstarrt stehen, als seine Stimme wegen der exzellenten Akustik bis in
die hintersten Reihen des Saals getragen wurde.
    Noch einmal rief er nach seinem
Cousin, doch aus der Finsternis kam keine Antwort. Zahariel schüttelte den Kopf
— wieso war er so dumm gewesen, sich auf dieses Treffen einzulassen? Welches
Spiel Nemiel auch spielen mochte, er würde es ohne ihn tun müssen.
    Er wandte sich von den
Steinbänken ab und wollte eben wieder aufbrechen, da entdeckte er Nemiel in der
Saalmitte.
    »Da bist du ja«, begrüßte er
Zahariel lächelnd.
    Er hatte seine Kapuze
hochgeschlagen, so dass sein Gesicht in einem Kranz aus tanzenden Schatten
verborgen war. Lediglich an Körperhaltung und Stimme hatte Zahariel seinen
Cousin erkannt.
    Er hielt eine abgedeckte Laterne
in der Hand, die die unterste Ebene des Saals in warmes

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