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DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen

DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen

Titel: DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Kyme , Lindsey Priestley
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einer Welt in Pose zu werfen, die durch die Konflikte zu Ödland geworden
war.
    Ein Ende des Kriegs wäre eine
wunderbare Sache gewesen, doch dieser Gedanke konnte Uriah keinen Trost spenden,
während er durch den Mittelgang seiner leeren Kirche schlurfte. Er trug eine
flackernde Leuchterkerze, die kleine Flamme zuckte im kalten Wind umher, der durch
die Risse im Mauerwerk und das alte Holz der großen, zum Narthex führenden
Türen wehte.
    Ja, die Mitternachtsmesse war
einmal sehr beliebt gewesen, aber inzwischen wagte es kaum noch jemand, seine
Kirche zu besuchen, da sie nicht Spott und Anfeindungen ausgesetzt werden
wollten. Es waren andere Zeiten als zu Beginn des Kriegs, als ängstliche Leute
zu ihm gekommen waren, damit er ihnen mit seinem Versprechen Trost spendete,
eine gutherzige Gottheit wache über sie alle.
    Er hielt seine knorrige Hand
schützend vor die empfindliche Flamme, während er in Richtung Altar ging. Seine
Befürchtung war, dass auch noch dieses letzte Licht erlosch, wenn er sich nicht
völlig konzentrierte. Draußen zuckten Blitze über den Himmel, die die
Bleiglasfenster der Kirche mit einem elektrischen Leuchten erfüllten. Uriah
fragte sich, ob wohl irgendeines der noch verbliebenen Mitglieder seiner Gemeinde
dem Unwetter trotzen würde, um mit ihm zu beten und zu singen.
    Die Kälte drang wie ein
ungebetener Gast in seine Knochen vor, und er fühlte etwas Einzigartiges, was
diese Nacht anging, so als stehe irgendein bedeutsames Ereignis bevor, von dem
er einfach nicht zu sagen vermochte, was es sein sollte. Am Altar angekommen,
schüttelte er diesen Eindruck kurzerhand ab und ging die fünf Stufen hinauf.
    Mitten auf dem Altar stand eine
kaputte Uhr aus angelaufener Bronze und mit einem Sprung im Uhrglas, daneben
lag ein dickes, in Leder gebundenes Buch. Darum verteilt standen sechs Kerzen.
    Behutsam hielt Uriah die Leuchterkerze
nacheinander an jeden Docht, bis die Kirche von willkommener Helligkeit erfüllt
wurde.
    Von der prachtvollen Decke
abgesehen war die Kirche recht schlicht gehalten und konnte mit nichts
Außergewöhnlichem aufwarten. Ein langer Mittelgang, gesäumt von einfachen
Holzbänken, von dem ein Querschiff abging, das zu einer mit einem Vorhang
abgeteilten Kanzel führte. Zu den oberen Kreuzgängen gelangte man über Treppen
im nördlichen und südlichen Querschiff, durch einen breiten Narthex entstand
eine Galerie, bevor ein Besucher die Kirche selbst betrat.
    Während es mit jeder weiteren
Kerze noch etwas heller wurde, lächelte Uriah finster, als das Licht das
schwarze Ziffernblatt der Bronzeuhr erfasste. Zwar hatte das Glas einen Sprung
abbe-kommen, doch die feinen Zeiger aus Gold mit Einlegearbeiten aus Perlmutt
waren unbeschädigt geblieben. Durch ein Meines Fenster nahe dem Fuß der Uhr
konnte man einen Blick auf ihr Innenleben werfen, dessen Zahnräder sich nie
drehten und dessen Kupfer-pendel nie hin und her schwang.
    Als nichtsnutziger Jugendlicher
war Uriah durch die ganze Welt gereist, und dabei hatte er auch diese Uhr
gestohlen. Eigentlich gehörte sie einem exzentrischen Handwerker, der in einem
silbernen Palast in den Bergen von Europa lebte. Tausende bizarrster Uhren
hatte er dort zusammengetragen, doch dieser Palast existierte längst nicht mehr,
war er doch einem der vielen Kriege zum Opfer gefallen, die den Kontinent
überrollt hatten, ausgetragen von riesigen Armeen, die sich nicht um die
wundersamen Dinge kümmerten, die ein Raub ihres Kriegs wurden.
    Vermutlich war die Uhr die
Letzte ihrer Art, ganz wie seine Kirche.
    Als er aus dem Palast der Zeit geflohen
war, da hatte der Handwerker ihn verflucht und ihn aus einem Fenster zugerufen,
diese Uhr zeige die Zeit bis zum Tag des Jüngsten Gerichts an und werde läuten,
sobald die letzten Tage der Menschheit angebrochen waren. Uriah hatte darüber
nur lachen können und die Uhr seinem verwunderten Vater als Geschenk
überreicht. Doch nach dem Blut und dem Feuer von Gaduaré hatte Uriah die Uhr
aus den Ruinen des Zuhauses seiner Familie geholt und zur Kirche gebracht.
    Seit jenem Tag hatte die Uhr
keinen Laut von sich gegeben, dennoch fürchtete sich Uriah immer noch davor, dass
sie läuten könnte.
    Er blies die Leuchterkerze aus
und legte sie in eine flache Schale an der Vorderseite des Altars. Seufzend
strich er mit einer Hand über den weichen Ledereinband des Buchs. So wie stets
spendete die Gegenwart des Buchs ihm Trost, und Uriah fragte sich, was wohl in
dieser Nacht die wenigen Gläubigen, die

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