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DGB 13 - Nemesis

DGB 13 - Nemesis

Titel: DGB 13 - Nemesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Swallow
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Das Projektil zerfiel in Tausende von winzigen, tödlichen Splittern,
die sich so weit ausdehnten, dass sie von der Schädeldecke abprallten und die
Gehirnmasse in feine Streifen zerschnitten.
    Die Gesichtslose hatte ihr
Leben geopfert, um Speer an eine Stelle des Atriums zu locken, wo der
Scharfschütze freie Sicht auf ihn hatte. In den Sekundenbruchteilen, die
vergingen, bis die Schwärze ihn einhüllte, begann er zu verstehen. Es hatte
noch einen gegeben.
    In seiner Arroganz hatte er
einen dritten Gegner nicht in Erwägung gezogen, aber vielleicht war es auch
Sabrats letztlicher Sieg über ihn, da er ihn im entscheidenden Moment abgelenkt
hatte.
    Der Mörder war ermordet worden.
     
    Kell ließ das Gewehr sinken und
öffnete seinen Tarnumhang. Das Echo des Schusses, das kaum lauter gewesen war
als das erschrockene Keuchen einer Frau, hallte noch immer vom Gebälk im Atrium
wider. Aasvögel, die dort nisteten, erhoben sich auf schwarzen Schwingen in die
Lüfte, kreisten und krächzten sich mit ihren rauen Stimmen gegenseitig an.
    Der Vindicare legte sich das
Gewehr über die Schulter und bemerkte ein Zittern in seinen Fingern. Er schaute
auf seine in Handschuhen steckenden Hände, die ihm so fremd erschienen, als
würden sie einem anderen gehören, aber nicht ihm. Sie waren so sehr mit Blut
getränkt, so vielen Menschen hatten sie den Tod gebracht. Da war nur der kurze,
minimale Druck mit einem Finger auf das Abzugfeld seiner Waffe, so wenig
Kraftaufwand doch der vervielfachte sich zu zerstörerischen Ausmaßen.
    Er zwang sich dazu, sich von
jenem geheimen Ort in seinem Herzen fernzuhalten, von jener stygischen Quelle
des Bedauerns und des Zorns, jenen Gefühlen, von denen er an dem Tag befallen
worden war, als er den Mörder seiner Eltern tötete. Er zwang sich dazu, aber er
scheiterte, und stattdessen gab er sich dem hin, was in seinem Inneren tobte.
     
    Es war sein erster Mord im Namen
des Tempels.
    Der Mann befand sich auf einem
Flug mit einem Vogt durch die Täler von Thaxted Dosas, das Luftschiff schwebte
unterhalb der Gipfel an den Hängen entlang. Eristede Kell hatte sein Versteck
acht Tage zuvor eingerichtet.
    Es befand sich im hohen Gras — Gras
wie das, in dem er und seine Schwester als Kinder Verstecken oder Fang-den-Grue
gespielt hatten. Er wartete dort im Schein der Sonne und im Licht des Mondes,
Ersteres der Glanz seines Vaters, Letzteres das Lächeln seiner Mutter.
    Als der Aeronef um die Hügel
geflogen kam, feuerte er einen Schuss ab, der aber nicht tötete. Jedenfalls
nicht sofort. Das Kabinenfenster zersplitterte und behinderte seine Sicht. Er
hätte es wissen sollen, sagte er sich, während er das Visier neu ausrichtete.
    Wieder eine Lektion gelernt.
    Anstelle von kühler, stählerner
Entschlossenheit ließ er seiner Wut freien Lauf und feuerte das ganze Magazin
auf die Kabine ab.
    Dabei tötete er jeden, der sich
darin befand. Er richtete alle hin, die Zeuge seines Fehlurteils geworden waren
die — Zielperson und alle Unbeteiligten, ob Männer, Frauen oder Kinder.
    Damit hatte er Rache genommen.
     
    Wieder einmal befand er sich in
dieser Situation. Ein Leben, genommen, um das Leben auszugleichen, das ihm, das
seiner Familie genommen worden war. Und wieder einmal stellte er fest, dass
Rache keineswegs süß war.
    Vielmehr verspürte er
Verbitterung und eine Wut, die nicht abebben wollte.
    Mit einem zornigen Ruck griff
er nach der Kabeleinheit und ließ sich mit ihrer Hilfe aus seinem Versteck
hinab zu dem unter Wasser stehenden Erdgeschoss des Atriums. Sein Mantel wallte
im Wind hinter ihm auf, was ihn wie einen der hoch über ihm kreisenden
Raubvögel aussehen ließ. Er begab sich zum Leichnam des Speer-Dings wobei eine
Hand zum Halfter an seiner Hüfte wanderte. Der so brutal zu Tode gekommenen
Koyne warf er nur einen flüchtigen Blick zu.
    Auch wenn sie Kells Autorität
immer wieder infrage gestellt hatte, war sie am Ende doch in Erfüllung ihrer
Pflichten gestorben.
    So wie bei Iota, Tariel und den
anderen würde er sicherstellen, dass ihre Tempel davon erfuhren, welches Opfer
sie gebracht hatten. Es würde erforderlich werden, weitere Tränen in das
Gesicht der Weinenden Königin im Verlies der Gefallenen einzugravieren.
    Der monströse Mörder lag wie
gekreuzigt da, während er auf der Oberfläche des Regelwassers trieb. Rostrote
Blutschwaden umgaben seinen Körper und bildeten inmitten der matten Farben des
Schutts so etwas wie einen rotbraunen Heiligenschein.
    Kell betrachtete den

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