Dhampir - Halbblut
anderen Opfer Jungen in seinem Alter?«
»Nein. Ein älterer Mann und zwei junge Frauen.«
Kein Muster. Magiere sah auf den schlafenden Jungen hinab und wandte sich dann an Anna. »Zieh ihm das Hemd aus.«
Sie wartete, bis Anna ihrer Aufforderung nachgekommen war, untersuchte dann Arme und Brust des Jungen. Anschließend nahm sie sich die Gelenke seiner Gliedmaßen vor. Die Haut war intakt, aber so blass, dass sie im bernsteinfarbenen Schein des Kaminfeuers fast blau wirkte. Magiere hob den Kopf des Knaben und kniff andeutungsweise die Augen zusammen, als sie unter dem linken Ohr zwei feuchte Löcher entdeckte. An ihrem ernsten Gesichtsausdruck änderte sich nichts.
Ihr Blick glitt zu Zupan Petre. »Hast du das hier gesehen?«
Der große Mann runzelte die Stirn. »Natürlich. Trinkt der Vampir nicht das Blut seines Opfers durch den Hals?«
Magiere betrachtete erneut die Löcher. »Ja, abe r … «
Die Löcher waren groß – vielleicht stammten sie von einer großen Schlange. Möglicherweise gingen Blässe und flacher Atem auf die Wirkung von starkem Gift zurück.
»Ist jemand die ganze Zeit über bei ihm gewesen?«, fragte Magiere.
Petre verschränkte die Arme. »Anna oder ich. Es käme uns nicht in den Sinn, ihn allein zu lassen.«
Magiere nickte. »Sonst noch jemand?«
»Nein«, hauchte Anna. »Warum stellst du solche Fragen?«
Magiere riss sich zusammen; sie durfte diese Leute nicht zu sehr verunsichern. »Keine zwei Untote töten auf die gleiche Weise. Das Wissen um die Einzelheiten hilft mir bei der Vorbereitung.«
Die alte Frau entspannte sich und wirkte fast verlegen. Ihr Mann nickte anerkennend.
Magiere kehrte zu ihrem Rucksack zurück. Zwei Dorfbewohner, die sich neugierig über ihn gebeugt hatten, wichen rasch beiseite. Magiere legte ihren Stock auf den Boden und entnahm dem Rucksack einen großen Messingbehälter, von der Form her eine Mischung aus Schüssel und Urne. Ein Deckel aus hartem Leder verschloss ihn und wies sonderbare Zeichen auf, ebenso wie auch der Behälter selbst.
»Dies brauche ich, um den Geist des Vampirs einzufangen. Viele Untote sind geistige Geschöpfe.«
Alle beobachteten sie voller Faszination und Interesse, und als Magiere sicher sein konnte, die volle Aufmerksamkeit der Dorfbewohner zu haben, wechselte sie das Thema. Es wurde Zeit, über den Preis zu reden.
»Ich weiß, dass euer Dorf leidet, Zupan, aber meine Materialien sind teuer.«
Petre war bereit und winkte Magiere zu einem Hinterzimmer. »Letzte Woche ging meine Familie von Tür zu Tür und bat um Spenden. Wir sind nicht reich, aber alle haben geholfen, indem sie etwas gaben.«
Er öffnete die Tür, und Magiere sah Dinge auf einer Steppdecke, die man auf dem schmutzigen Boden ausgebreitet hatte: zwei dicke Scheiben geräuchertes Schweinefleisch, vier große Stücke weißer Käse, etwa zwanzig Eier, drei Wolfsfelle und zwei silberne Statuetten, vielleicht kleine Bildnisse einer Gottheit, die die Gebete dieser Leute nicht erhört hatte. Alles in allem gesehen handelte es sich um ein sehr typisches erstes Angebot.
»Tut mir leid«, sagte Magiere. »Du verstehst nicht. Lebensmittel sind willkommen, aber die Decke ist nutzlos für mich, und der Rest deckt nicht meine Kosten. Es geschieht recht oft, dass ich ohne Gewinn arbeite, aber ich kann nicht mit Verlust arbeiten. Ohne genug Münzen brauche ich wenigstens Dinge, die ich verkaufen kann, um mit dem Erlös zu bezahlen, was ich für den Kampf brauche. Die meisten meiner Materialien sind rar und daher sehr teuer.«
Petre erbleichte bestürzt. Offenbar hatte er das Angebot für großzügig gehalten. »Mehr haben wir nicht. Ich habe meine Familie betteln geschickt. Du kannst uns nicht sterben lassen. Müssen wir jetzt um unser Leben feilschen?«
MagierewaransolcheWortwechselgewöhnt,dochZupanPetreschienintelligenterzuseinalsdiemeistenanderenDorfoberhäupter,mitdenensiezutungehabthatte.IhrGesichtbrachteAnteilnahmezumAusdruck,aberauchfesteEntschlossenheit.InsolchenDörferngabesfastimmereinenkleinenSchatz,dortverborgen,woihnSteuereintreibernichtfindenkonnten:Familienerbstücke,vielleichteinkleinerEdelsteinoderetwasSilber.
»Du bist den ganzen weiten Weg gekommen und willst nichts tun?«, fragte Petre voller Kummer.
Anna legte ihrem Mann die Hand auf den Arm. »Gib ihr das Saatgeld, Petre.« Sie sprach leise, und Furcht vibrierte in ihrer Stimme.
»Nein«, erwiderte er scharf.
Anna wandte sich an die anderen, die bisher geschwiegen hatten. »Was nützt uns
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