Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
durchdringt alles und entscheidet das Schicksal nicht nur der Menschen, sondern auch der Engel! Doch das weißt du bereits – denn unter allen Sterblichen bist du die eine, die es versteht. Und jetzt musst du diese Resonanz zurückwerfen!“
Shanar schloss die Augen, und ein Seufzen entrang sich ihrer Lippen; gleichzeitig strömte ein Prickeln durch ihre Finger in Jacobs Hand. Kurz darauf spürte er eine Vibration, erst nur schwach, dann immer stärker, und schließlich so mächtig, dass seine Knochen schmerzten und er seine Hand aus ihrer zurückzog. Er wandte sich von ihr ab, in den Nebel hinein, und schon löste er sich wieder von seinem physischen Leib. Verzweifelt versuchte er, wieder zu dem Summen, der Vibration, zurückzukehren, doch jetzt hörte er plötzlich zwei Lieder aus verschiedenen Richtungen. Er rannte in die eine Richtung und keuchte, als vor ihm unvermittelt Geister in die Höhe wirbelten – doch nur, um sich sofort wieder aufzulösen, als er sie berührte. Schemen wandelten durch den Nebel …
Und dann sah er vor sich ein engelsgleiches Wesen. Seine Schwingen waren weit ausgebreitet, und es vibrierte im Einklang mit dem Schwert. Nein, es war kein Engel .
Es war Shanar.
Die Zauberin hatte die Arme ausgestreckt und den Kopf in den Nacken geworfen. Energie stob von ihnen Fingerspitzen, dass es aussah wie Engelsschwingen, und das Lied, das aus jeder Zelle ihres Leibs tönte, war gleich mit der Resonanz von El’druin.
Nun sah Jacob durch den Nebel auch wieder Tyrael. Der Erzengel hatte das Schwert über sein Haupt gehoben.
„Die Himmel werden dir Dinge zeigen, die du nicht sehen willst! Doch du darfst weder zweifeln noch zögern, wenn du überleben willst!“
Ohne Vorwarnung stieß Tyrael das Schwert mit einem zischenden Hieb nach unten, auf Shanars Kehle zu.
Bevor er registrierte, was er tat, hatte Jacob schon den Geheiligten Zerstörer aus seiner Hülle gerissen und sprang vor, um den Schlag zu parieren. Funken stoben durch den glühenden Nebel, und Tyraels Gestalt kräuselte sich wie schmelzendes Glas, bevor sie in der endlosen Ebene verschwand.
Jacob und Shanar standen nun allein, umgeben nur vom Tosen des Windes. Die Magierin zitterte am ganzen Leib, während er sich in der Zeit zurückversetzt fühlte. Vor seinem geistigen Auge sah er wieder, wie seine Klinge in das heiße Fleisch seines Vaters schnitt. El’druin hatte ihn zu einem Instrument der Gerechtigkeit gemacht, und der Schmerz und die Reue über seine Taten waren von ihm gefallen. Doch während des letzten Jahres waren diese Gefühle zurückgekehrt wie eine fiebrige Krankheit, und er hatte vergessen, was die Himmelsklinge ihn gelehrt hatte.
Doch jetzt ist Schluss damit , dachte er. Die Waffe, die Borad für ihn geschmiedet hatte, hatte ihm seine Stärke und sein Selbstbewusstsein zurückgegeben, und nun war er wieder ein Werkzeug der Gerechtigkeit, genau wie sein Vater es einst gewesen war, bevor die Seuche ihn mit Wahnsinn und Bösartigkeit erfüllt hatte.
Doch da war noch etwas anderes, etwas, was an ihm nagte, ein Irrtum, den er korrigieren musste.
Einen Moment später war der Gedanke fortgewischt. Jemand beobachtete sie. Er spürte es so deutlich wie Messerklingen, die sich in seinen Hinterkopf schnitten. Jacob wirbelte herum und starrte hinaus in den wirbelnden Nebel, konnte jedoch niemanden entdecken. Erst, als Shanars Leib neben ihm wieder Konturen annahm, sah er etwas: das Portal. Sein Anblick brannte das Gefühl fort, beobachtet zu werden, so wie das Licht des Morgens den Nachtmahr verscheucht.
Gemeinsam mit der Magierin kehrte er zurück auf die andere Seite. Dabei bemerkte er kaum, dass die Wunde an seiner Schulter, dieses Fragezeichen, das in seine Haut gebrannt war, in dumpfem Rhythmus pulsierte.
sechsundzwanzig
Angriff im Sumpf
Nach der Schlacht um die Kirche des Heiligen Ordens trafen die Brüder aus Gea Kul in der Stadt ein. Sie waren zu zwölft und wurden angeführt von jenem Boten, den Lorath zum Orden geschickt hatte – eine kleinere Gruppe, als sie sich erhofft hatten. Doch wie die Neuankömmlinge berichteten, waren in letzter Zeit immer wieder Horadrim unter mysteriösen Umständen verschwunden, was ihre Reihen deutlich ausgedünnt hatte. Ein paar Ordensbrüder wollten Kreaturen gesehen haben, die sich in den Schatten bewegten und verschwanden, wenn man sie stellen wollte, doch von den Vermissten selbst fehlte weiter jede Spur. Abgesehen von der Handvoll Männer, die zurückgeblieben war, um die
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