Diadem von den Sternen
Herretwe schwärmten die Yd’r zu einer unregelmäßigen Sichellinie aus, warfen einen Dunst aus Staub empor, je weiter sie grasend über das Land zogen. Immer weiter zogen die Wagen voran, während sich Horlis unterer Rand von der flachen Horizontlinie löste.
Aleytys ging neben dem gemächlich ausschreitenden Yd’rwe-Gespann, die den Shemqyaten-Herret zogen; mit einem am Halfter befestigten Seitenzügel hielt sie die Führungstiere in der Reihe.
Direkt hinter ihr rumpelten die Wagen der Haryo-tep über das zähe Gras und dahinter wiederum folgten in lockerer und ununterbrochener Reihenfolge die Herretwe der anderen Sippen-Septs.
Schritt für Schritt fegten ihre Füße in den hoch über den Knöcheln geschnürten Mokassins dahin, brachten die Meilen hinter sie. Die ärmellose Tunika sowie die lederne Hose waren ordentlich in einem kleinen Leder-Hon verpackt, das Khateyat ihr gegeben hatte, und jetzt trug sie das Reisegewand der Medwey: lange, weite Hosen aus grob gewebtem Tuch, dunkel scharlachrot gefärbt, an den Knöcheln zusammengerafft, um den Staub draußen zu halten; eine Tunika-Bluse mit hohem, gerafftem Kragen und weiten, losen Ärmeln, die bis zu ihren Handgelenken reichten, zur Hose passend ebenfalls scharlachrot; ein weißes Kopftuch, das mit über ihrem Kopf verknoteten scharlachroten Schnüren gehalten war.
In einer Art unbekümmertem Zufriedensein schritt sie gemütlich dahin. Hinter ihr, ein derart monotones und allgegenwärtiges Geräusch, daß sie aufgehört hatte, es zu hören, kam der rollende Donner Hunderter von Yd’rwe-Hufen und das Kauen und Ratschen, mit dem die Zungen das zähe, störrische Gras ausrissen, das von den Sonnen zu blassem Gelb gebleicht worden war. Ein Schritt. Ratsch. Ein Schritt. Ratsch. Schritt für Schritt, Bissen für Bissen, bewegte sich die Herde weiter, legte neun bis zehn Stadien pro Tag zurück.
Aleytys’ Schatten dehnte sich vor ihr aus, und zog sich langsam wieder zusammen, als sich die Zwillings-Sonnen Stunde um Stunde weiter über den Himmelsbogen bewegten. Sie fühlte sich kerngesund und stark, zufrieden, fast wie eine der Yd’r-Kühe. Schwitzend, erhitzt, staubüberzogen, hochschwanger ging sie neben den Tieren her und genoß das glatte Gleiten ihrer Muskeln und die Kraft, die in ihrem Körper floß. Unter ihren Fußsohlen drückte sich das federnde Gras gegen das dünner werdende Leder ihrer Mokassins, lebendes Gras, das vom Quell des Lebens, von Fleisch und Knochen der Welt hochgedrückt wurde. Aleytys vibrierte im Gleichklang mit den fast fühlbaren Kräften, die durch ihre Füße aus dem elementaren Jaydugar herausströmten.
„Leyta.”
Sie hob ihren Kopf, schob die Ränder des ausgefransten Kopftuchs zurück. „N’frat?”
Die zottige Sesmat-Stute stieß ihren dreieckigen Kopf über Aleytys’ Schulter. Sie kraulte die Nüstern des Tieres. „Shenti”, kicherte sie. Auf dem Rücken des Sesmat saß N’frat und blickte besorgt zu ihr herunter. „Willst du nicht ein Weilchen im Herret fahren, Leyta?”
Aleytys blinzelte träge. „Nein”, sagte sie, und ihre Stimme war langsam, verträumt. „Mir geht es gut, N’fri. Überhaupt…” - sie nickte zu den Sonnen zurück -„… es dauert nur noch eine Stunde oder so, bis wir wegen der Großen Hitze anhalten müssen. Wie weit ist es noch bis zur Wasserstelle?”
N’frat spielte mit den Zügeln. „Nach der Rast solltest du reiten, Leyta. Du wirst deine Kraft noch brauchen.” Sie preßte ihre Lippen zusammen, Besorgnis zeigte sich in ihrem jungen Gesicht. „Wir werden heute nacht nicht lagern. Wir werden die ganze Nacht unterwegs sein.”
Aleytys runzelte leicht die Stirn und betrachtete ihr Gesicht, dann sagte sie: „Aber…” - sie winkte mit einer Hand zu den Yd’rwe hin
„.. . die Herde … Das wird ihr nicht gut bekommen, oder?” Für einen Augenblick riß der Führungszügel ihre Aufmerksamkeit fort.
Sie zog die abschweifenden Tiere wieder in die Reihe, dann wandte sie sich wieder N’frat zu. „Erreichen wir die Wasserstelle etwa nicht heute abend? Srima hat heute morgen so etwas angedeutet.
Jedenfalls erinnere ich mich …”
„Vergiftet.” N’frats Gesicht wurde hart. „Der Khem-sko ist vorausgeritten, um es zu überprüfen und hat eine Ghekhsewe-Sippe gefunden… Das Wasser hatte sie getötet. Er hat einen Jungen zurückgeschickt und ist zum Kedya-Wasser weitergeritten. Wir werden morgen dort ankommen und ein Ch’chyia abhalten, um den Bwobyan herauszufinden, der
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